SZ + Sport
Merken

Strelow: Über den Weltcup zu Olympia nach Peking?

Die ersten Auftritte von Justus Strelow auf der großen Biathlon-Bühne machen Hoffnung, zeigen aber auch ein großen Dilemma im deutschen Nationalteam.

Von Daniel Klein
 2 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Im Verfolgungsrennen von Östersund verbesserte sich Justus Strelow vom 37. auf den 30. Platz.
Im Verfolgungsrennen von Östersund verbesserte sich Justus Strelow vom 37. auf den 30. Platz. © Foto: Eibner-Pressefoto

Als Sturla Holm Laegreid am Sonntag beim Finale der Biathleten in Östersund nur ganz knapp den Gewinn der großen Kristallkugel verpasste, stand Justus Strelow einige Meter entfernt und schaute zu. Beide sind 24 und noch nicht lange im Weltcup dabei. Der Norweger wurde als Rookie auf Anhieb Zweiter in der Gesamtwertung, der Schmiedeberger dagegen gab erst bei der letzten Station seinen Einstand und kam im Sprint und Verfolgungsrennen auf den Plätzen 37 und 30 ein. Für ihn persönlich ist das ein großer Erfolg.

Der Vergleich mit dem Supertalent und der Entdeckung der Saison erscheint unfair, zeigt aber sehr anschaulich das Dilemma, in dem die deutschen Skijäger stecken. Akut geworden ist das schon länger andauernde Nachwuchsproblem durch den Rücktritt von Arnd Peiffer. Ein Jahr vor den Olympischen Winterspielen fällt damit der mit Abstand Beste und Konstanteste im Nationalteam weg, fünf der sechs Podestplätze in diesem Winter gingen auf sein Konto, der 34-Jährige holte als Einziger eine WM-Medaille. „Das letzte bisschen Halt, die letzte Bastion fällt da weg. Das wird schon schwierig“, prophezeite Peiffers Kumpel Erik Lesser, der zusammen mit Benedikt Doll wohl noch bis Olympia, vielleicht sogar bis zur Heim-WM in Oberhof ein Jahr später weitermachen wird. „Die Eisen aus dem Feuer holen die Alten, und die Jüngeren lassen ein bisschen Federn. Und bei den Alten hat Arnd rausgestochen“, brachte Lesser die Lage auf den Punkt.

Um die – gemessen an den TV-Zuschauerzahlen – populärste Wintersportart wieder in die Erfolgsspur zu führen, hat der Skiverband ein Strategiepapier verabschiedet. „Es wird einen Umbruch geben“, kündigte Sportdirektor Bernd Eisenbichler an. „Wir müssen eine eigene deutsche Handschrift entwickeln und versuchen, unsere Philosophie in die Stützpunkte zu tragen und dort zu leben, um die Athleten in eine Richtung zu entwickeln.“ Es gehe auch darum, sich bei den wenigen vorhandenen Talenten „keine Fehler“ zu erlauben und diese „gut und sauber“ zu entwickeln.

Beim Debüt zweimal in die Punkte gelaufen

Eine dieser Talente ist Justus Strelow, der sich mit guten Leistungen in der zweiten Liga der Biathleten, dem IBU-Cup, für eine Nominierung beim Saisonfinale empfohlen hatte. Im Sprint am Freitag verfehlte er nur beim ersten Schuss die Scheibe, qualifizierte sich so für das Verfolgungsrennen. „Da wäre mehr drin gewesen, die beiden Fehler beim letzten Anschlag ärgern mich“, erklärte der Erzgebirger, der sich trotzdem um sieben Plätze auf Rang 30 verbesserte. „Zweimal in die Punkte gelaufen – damit kann ich zufrieden sein, der Bundestrainer war es auch.“

Seine große Stärke ist das Schießen, das zeigte er auch bei seinem Debüt auf der großen Bühne. Nervosität war ihm nicht anzumerken. „Vor dem Start war ich schon ein bisschen aufgeregter“, gestand er, „aber da die Zuschauer fehlen, ist es zwischen Start und Ziel auch nicht anders als beim IBU-Cup oder dem Deutschlandpokal“, verglich er. Der größte Unterschied sei das deutlich größere „Team drumherum. Es wird einem deutlich mehr abgenommen.“

Nicht nur deshalb würde er gerne im Weltcup bleiben, am besten in der nächsten Saison von Beginn an. „Das ist mein Ziel, die beiden Einsätze haben einen ordentlichen Motivationsschub für die Vorbereitung im Sommer gegeben“, erklärte er. Vergeben werden die Startplätze bei internen Rennen im Herbst. Um sich für die Olympischen Spiele 2022 in Peking zu qualifizieren, müsste er im Weltcup dann einmal unter die besten Acht laufen oder zweimal unter die Top 15. Das wird nicht einfach, unrealistisch ist es aber auch nicht.

Vor fünf Jahren war der in Dippoldiswalde geborene Strelow von Altenberg an den Bundesstützpunkt nach Oberhof gewechselt, feilt dort bei Bundestrainer Marc Kirchner vor allem an seinen Laufzeiten, die noch bessere Ergebnisse bisher oft verhinderten. Das war auch in Östersund so. „Da fehlt schon noch was, aber die Rückstände waren auch nicht viel größer als im IBU-Cup“, fand er.

Die öffentliche Aufmerksamkeit dagegen ist schon eine andere, das sah Strelow spätestens am Abend beim Blick auf sein Handy. „Es dauerte ein bisschen, bis ich alle Nachrichten bearbeitet hatte“, sagte er. Sein Sprung ins Weltcup-Team könnte auch helfen, weitere Sponsoren zu finden, zwei langjährige Partner hat er bereits. Unterstützt wird er dabei von einem Manager. Sein Umfeld ist also schon sehr professionell – da muss er selbst einen Vergleich mit Laegreid nicht scheuen.