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So denken die Sachsen über Fracking als Alternative zu Gas-Importen

Die Fracking-Methode wird zuletzt immer wieder als Alternative zu Gas-Importen eingebracht. Umfragen zufolge ist die Meinung der Sachsen dazu deutlich: dagegen.

Von Fabian Deicke
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Eine Frackinganlage bei Manchester in England: Sollte auch in Deutschland nach dieser Methode Gas gefördert werden? Die Mehrheit ist gegenwärtig dagegen.
Eine Frackinganlage bei Manchester in England: Sollte auch in Deutschland nach dieser Methode Gas gefördert werden? Die Mehrheit ist gegenwärtig dagegen. © Jon Super/AP/dpa

Dresden. Bei der Suche nach Lösungen, den sprunghaften Anstieg des Gaspreises zu bremsen, erfährt die in Deutschland umstrittene wie verbotene Fracking-Methode in sogenannten unkonventionellen Lagerstätten vermehrt Zuspruch. Während Gegner vor nicht konkret abschätzbaren Gefahren für die Umwelt warnen, sehen Befürworter die Fördertechnik als saubere Alternative zu Gas-Importen an. Fracking, so die Lesart, könne helfen, die Abhängigkeit von russischem Gas zu reduzieren und damit langfristig die Preise wieder zu stabilisieren.

Doch würden die Menschen in Deutschland und insbesondere in Sachsen das überhaupt wollen? Sächsische.de und die Meinungsforscher von Civey haben dazu in den vergangenen Tagen zwei repräsentative Umfragen durchgeführt. Im Ergebnis sprechen sich die Bürger zurzeit mehrheitlich gegen Fracking aus.

Die Auswertung der beiden Umfragen im Detail und wie es um die Fracking-Diskussion in Deutschland steht.

Mehrheit der Deutschen lehnt Fracking gegenwärtig ab

An einer bundesweiten Umfrage, die ursprünglich Zeit-Online gestartet hatte, haben in den vergangenen Tagen 5.020 Menschen teilgenommen. Gefragt wurde: Würden Sie es eher befürworten oder ablehnen, wenn in Deutschland Fracking als Methode zur Erdgasförderung eingesetzt werden würde?

Ergebnis: Mehr als die Hälfte der Deutschen (56 Prozent) würde gegenwärtig ein Einsteigen in die Fracking-Förderung ablehnen. Knapp ein Drittel (32 Prozent) wäre allerdings auch dafür, 12 Prozent sind unentschieden.

Sächsische.de liegen für diese Umfrage auch die Ergebnisse isoliert nach Teilnehmern aus Sachsen vor. Während bei Energiethemen im Freistaat die Meinung bisweilen von der auf Bundesebene abweicht, so sind sich die Sachsen beim Thema Fracking mit dem Rest der Republik einig. Auch in Sachsen wird Fracking mehrheitlich abgelehnt: Ebenfalls 56 Prozent sind gegenwärtig dagegen, 30 Prozent dafür, die übrigen 14 Prozent sind unentschieden.

Menschen würden Fracking in der eigenen Region ablehnen

Ein ähnliches Ergebnis liefert auch die zweite Civey-Umfrage von Sächsische.de, für die in dieser Woche bundesweit 5.016 Menschen gefragt wurden, wie sie es beurteilen würden, wenn in ihrer Region Fracking betrieben werden würde. Die Frage ist zwar eher hypothetisch, weil nicht jede Region in Deutschland für Fracking geeignet ist, dennoch ist die Auswertung hilfreich zum Ermitteln des bundesweiten Stimmungsbildes in dieser Sache.

So zeigt sich auch hier, dass die Mehrheiten im Bundesdurchschnitt als auch bei Betrachtung nach sächsischen Umfrageteilnehmern eher ablehnende Haltungen einnehmen. In Sachsen wären 58 Prozent gegen die Förderung von Frackinggas in der eigenen Region, 23 Prozent dafür. Auf Bundesebene sind 60 Prozent dagegen und 24 Prozent dafür.

Interessant bei dieser Umfrage ist die bundesweite Auswertung sortiert nach politischen Lagern. So fällt auf, dass Menschen, die Grüne, Linke oder SPD wählen, eher gegen das Fracking in der eigenen Region wären. Wähler von CDU/CSU sind gespalten, die Lager der Befürworter und Gegner gleichauf. Mehrheitlich für Fracking - auch in der eigenen Region - wären Wähler von FDP und AfD.

Die Zustimmungswerte im Detail zeigt die folgende Grafik. Anzumerken ist hier, dass der statistische Fehler von Civey mit 7,5 Prozent ausgewiesen wird, die Werte also eine gewisse Unschärfe haben.

Wie denkt Sachsens Landesregierung darüber?

Das Thema Fracking war auch Thema während eines Streitgesprächs zwischen Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) und dessen Vize Martin Dulig (SPD) am Mittwoch. Beide sprachen sich zumindest nicht gegen Fracking aus.

Kretschmer sagte, Deutschland brauche jetzt Zeit für den Umbau der Energiewirtschaft. "Dafür müssen wir alles, aber auch wirklich alles an Kapazitäten, die wir für die Grundlast haben, in die Waagschale werfen", sagte er. Dazu gehöre neben Atomkraft, Kohle und erneuerbaren Energien auch Fracking.

Dulig mahnte an, dass man zwar aufpassen müsse, dass in der Diskussion um Gaspreise nicht alles ökonomischen Zielen untergeordnet werde, aber: Er sehe den sozialen Frieden im Land in Gefahr. In Bezug auf Fracking sagte er explizit: "Ich finde es furchtbar, wenn wir Frackinggas nutzen müssten. Aber wenn ich entscheiden muss, importiere ich 'dreckiges' Frackinggas aus den USA oder nutze ich einheimische Ressourcen? Beim Fracking sollte man das prüfen.

Die Position der Grünen, die bei diesem Streitgespräch nicht angehört werden konnte, ist auch in Sachsen gegen Fracking.

Kurz erklärt: Was passiert beim Fracking

Beim Fracking wird Gas oder Öl mithilfe von Druck und Chemikalien aus Gesteinsschichten herausgeholt. Die Methode ist nicht neu. In Deutschland wird das sogenannte konventionelle Fracking auch bereits seit den 1960er-Jahren betrieben. Dabei wird aus Sandsteinschichten sehr tief unter der Erdoberfläche Gas gewonnen. Die Erträge sind eher gering.

Warum unkonventionelles Fracking in Deutschland verboten ist

Worum es geht, wenn dieser Tage für Fracking geworben wird, ist die als "unkonventionell" beschriebene Methode. Dabei wird durch horizontale Querbohrungen in Schiefer-, Mergel-, Tongestein oder Kohleflözschichten Schiefergas gewonnen. Die Methode ist in Deutschland seit 2017 gesetzlich verboten. Ziel des Gesetzes ist es, Umwelt und Gesundheit vor den Risiken des Einsatzes dieser Technologie zu schützen.

Umweltschützer sehen durch den Einsatz von Chemikalien Gefahren für Mensch und Umwelt, zudem werden infolge der horizontalen Bohrungen unterirdische Gesteinseinbrüche befürchtet, die zu Erdbeben führen könnten.

Wissenschaftler mahnen jedoch auch an, dass sich die Technik weiterentwickelt habe. Der Geologe Christoph Hilgers vom Karlsruher Institut für Technologie sagte kürzlich der Frankfurter Allgemeinen: "Wenn man Fracking richtig macht, ist das Risiko gering." Es sei eine etablierte Technologie.

Welche Fördermengen könnte Fracking bringen?

Der Chef des Bundesverbandes Erdgas, Erdöl und Geoenergie, Ludwig Möhring, sagte in einem Gespräch mit dem Deutschlandfunk, innerhalb von drei bis fünf Jahren seien bis zu zehn Milliarden Kubikmeter gefördertes Fracking-Gas in Deutschland pro Jahr denkbar. Das entspräche etwas mehr als einem Zehntel des aktuellen deutschen Jahresverbrauchs.

Möhring zufolge könnten die Mengen auch weiter gesteigert werden. Bevor sich die gasfördernde Industrie jedoch mit diesem Thema befassen könne, sei eine gesellschaftliche Diskussion darüber nötig, so der Branchenvertreter.

Informationen zu Umfragen mit Civey

Sächsische.de führt regelmäßig in Zusammenarbeit mit dem Meinungsforschungsunternehmen Civey repräsentative Umfragen durch. Die Befragungen finden ausschließlich online statt. Wie die Umfragen mit Civey genau funktionieren, wird in diesem FAQ-Artikel erklärt.

In diesem Artikel wurden zwei Umfragen ausgewertet, die Sächsische.de in Zusammenarbeit mit dem Meinungsforschungsunternehmen Civey in dieser Woche durchgeführt hat.

  • Für die Umfrage zur Meinung der Menschen, ob sie Fracking als Fördermethode befürworten oder ablehnen, besteht die bundesweite Stichprobe aus 5.020 Teilnehmern.
  • Für die Umfrage, wie man Fracking in der eigenen Region beurteilen würde, besteht die bundesweite Stichprobe aus 5.016 Teilnehmern.

Die sächsischen Stichproben wurden jeweils entsprechend der Wahlbevölkerung im Land gezogen.