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Digades meldet Kurzarbeit an und stoppt Sponsoring

Der Elektronik-Spezialist Digades aus Zittau muss sich strategisch neu ausrichten - und zunächst sparen. Das trifft Mitarbeiter und Vereine. Allen voran O-See-Sports.

Von Thomas Christmann
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Sascha und Tim Berger von Digades blicken trotz der aktuellen wirtschaftlichen Situation optimistisch in die Zukunft.
Sascha und Tim Berger von Digades blicken trotz der aktuellen wirtschaftlichen Situation optimistisch in die Zukunft. © Matthias Weber/Digades/SZ-Collage

Die Entscheidung ist Tim und Sascha Berger schwergefallen. Doch die beiden Chefs von Digades mit Sitz in Zittau und weiteren Standorten in Dresden und Nordhausen haben aufgrund der wirtschaftlichen Situation beschlossen, das Unternehmen vorerst aus sämtlichen Sponsoring-Aktivitäten zurückzuziehen.

Das trifft vor allem die O-See Challenge als internationale Triathlon-Veranstaltung, die der Elektronik-Spezialist seit 2011 als ein Hauptunterstützer begleitet hat. "Die Partnerschaft ist nicht nur eine Sponsoring-Beziehung, viele Freundschaften sind über die Jahre entstanden", beschreibt Tim Berger das Verhältnis zum dahinter stehenden O-See-Sports. "Die Leidenschaft und das Engagement haben uns stets beeindruckt", sagt er über die Veranstaltungen und Projekte des Vereins. Und: "Wir sind stolz darauf, ein Teil dieser Geschichte zu sein."

Darüber hinaus haben auch der Volleyballverein Zittau 09, FV Rot-Weiß 93 Olbersdorf, OHC Bernstadt, ESC Jonsdorf sowie die SG Fortschritt Eibau, Rehkitzrettung "Am Großen Stein" aus Seifhennersdorf und Ortsfeuerwehr Altbernsdorf Digades als regelmäßigen Unterstützer verloren. Mit allen Betroffenen liefen bereits Gespräche, in denen sie die Gründe für das Aus erfahren haben.

Ebenso mit den 150 Mitarbeitern des Unternehmens, die anderweitig von Einbußen betroffen sind: Sie gehen ab März in Kurzarbeit, ihre Arbeitszeit verringert sich dann um 20 Prozent. Für die Chefs steht dabei im Vordergrund, niemanden entlassen zu müssen. Im Frühjahr 2020 waren die Beschäftigten schon einmal davon betroffen, damals aber coronabedingt. Das Unternehmen bedankte sich später mit Prämien-Zahlungen.

Nun aber begründen Tim und Sascha Berger die Einschnitte mit einer Entwicklung, die mit dem früheren Hauptgeschäft des Unternehmens sowie der geringeren Nachfrage im Automobil-Sektor zusammenhängen. So wuchs Digades einst zum Weltmarktführer im Bereich von Funkfernbedienungen für Standheizungen heran. Dieser machte einmal über 90 Prozent der Produktion aus, mittlerweile aber nur noch die Hälfte. Wesentliche Ursache für den Rückgang ist die Förderung der Elektro-Mobilität und der Trend hin zur Fernbedienung per Smartphone-App.

Trotzdem sind die Chefs optimistisch, das wegbrechende Geschäft anderweitig kompensieren zu können. Neue Entwicklungs- und Fertigungsprojekte für große Zuliefererfirmen bestärken sie in der Annahme. Ebenso wie der Motorrad-Bereich, bei dem Digades unter der Eigenmarke Tilsberk schon ein Head-up-Display und Notruf-System auf den Markt gebracht hat. Ob schlüssellose Zugangssysteme, Steuergeräte oder Bedienelemente: Hinzu kommt eine steigende Nachfrage nach Elektronik und Systemlösungen. Doch von der Idee bis zur Fertigung vergehen mitunter Jahre. Da die Entwicklungszyklen in den Bereichen sehr lang seien, könne der Rückgang von Funkfernbedienungen für Standheizungen vorerst nur zum Teil kompensiert werden, erklärt Tim Berger. Aktuell produziert das Unternehmen rund 1,2 Millionen Elektronik-Baugruppen pro Jahr, der Umsatz lag zuletzt bei über 20 Millionen Euro.

Für Klaus Schwager von O-See-Sports ist der Rückzug von Digades ein herber Verlust, auch wenn der Vorsitzende die Entscheidung nachvollziehen kann. "Wir alle wissen, dass die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen momentan alles andere als ideal sind", sagt er mit Blick auf den internationalen Wettbewerb und Fachkräftemangel. "Ganz klar, dass vor diesem Szenario zuerst das Unternehmen auf Kurs gehalten werden muss", so Klaus Schwager. Als Hauptsponsor hat Digades zehn Prozent des Gesamtbudgets der O-See-Challenge beziehungsweise eine fünfstellige Summe beigesteuert. Bei der darin involvierten ITU-Crosstriathlon-Weltmeisterschaft 2014 und den Xterra-Europameisterschaften 2011, 2016, 2018 und 2022 trat das Unternehmen sogar als Premium-Sponsor auf - übernahm damit einen erheblichen Anteil an der Finanzierung. "Wer weiß, ob wir uns ohne die Zusagen des Unternehmens überhaupt getraut hätten, derartige Wagnisse einzugehen", sagt der Vorsitzende. Es sei in den zwölf Jahren eine Zusammenarbeit gewesen, die er sich nicht besser hätte wünschen können.

Nun steht Klaus Schwager mit seinem Team vor der Aufgabe, einen neuen Hauptsponsor zu finden - wie schon vor zwei Jahren, als die Glaubitz-Marke ecu.de nach dem Rückzug von Werder Bedachungen einstieg. In Gefahr ist die diesjährige O-See-Challenge nicht. Mehrere Sponsoren hätten schon die Bereitschaft signalisiert, mehr Geld zu geben, berichtet der Vorsitzende. Einer wäre sogar bereit, die Finanzlücke allein zu schließen - wenn sich keine andere Lösung findet. An der wird aber gearbeitet, zumal ab 2025 das Problem erneut ansteht. "Wir versuchen, auch am Rahmenprogramm zu sparen", sagt Klaus Schwager. Die sportliche Bedeutung der Veranstaltung, deren internationale Bekanntheit der Verein über Jahre aufgebaut hat, will er hingegen nicht senken.

Mit Tim und Sascha Berger ist sich der Vorsitzende schon einig, dass auch einer Wiederaufnahme der Zusammenarbeit nichts im Wege steht - wenn die Bedingungen stimmen. Der O-See-Challenge bleibt Digades zumindest sportlich weiter erhalten. So ist das Unternehmen wieder mit dem Digades-Racing-Team am Start.