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Corona: Kann Immunitäts-Studie Dresden helfen?

Eine Untersuchung soll zeigen, wie viele Dresdner Antikörper haben. Vergleiche zu Bautzen, Rostock und Tübingen werden gezogen. Was dahinter steckt.

Von Andreas Weller
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Politiker fordern eine Studie zur Immunität in Dresden.
Politiker fordern eine Studie zur Immunität in Dresden. © dpa/Nicolas Armer

Dresden. Sie soll den tatsächlichen Stand der Verbreitung von Corona-Infektionen und die Immunität in der Dresdner Bevölkerung feststellen. Im Stadtrat gibt es einen Antrag, eine entsprechende Studie durchzuführen.

Dabei wird auf die als "Corona-Vorzeigestädte" bezeichneten Städte Tübingen und Rostock verwiesen. Geht das für Dresden in ähnlicher Form?

Die Forderung kommt von den Freien Wählern. Sie wollen, dass Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) mit den Dresdner Kliniken eine lokale Prävalenzstudie erstellen lässt.

"Seit nunmehr einem Jahr wird das öffentliche und private Leben in Dresden schwerwiegend durch die Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung eigeschränkt", heißt es als Begründung. Die Freien Wähler stellen die Aussagekraft von Inzidenzwerten und der Zahl der belegten Betten mit Corona-Patienten infrage, die als Grundlage für Schließungen dienen.

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Andere Städte und Landkreise hätten bereits Untersuchungen zum "tatsächlichen Stand der Verbreitung von Infektionen" mit dem Virus. Die Freien Wähler führen bundesweit angelegte Studien an, wie die des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung und des Robert-Koch-Instituts.

"Für eine sachgerechte Beurteilung der Infektionslage und vor allem für die Einschätzung, ob eine Überlastung der Kapazitäten der Dresdner Kliniken droht, sind diese Zahlen von besonderer Bedeutung", so Freie Wähler Fraktionschef Jens Genschmar. "Wir fordern von OB Hilbert Mut, Kreativität und Engagement, um aus dem Lockdown herauszukommen. Andere Städte, wie Rostock, Bautzen oder Tübingen machen es vor. Sie handeln statt nur zu motzen."

Doch so einfach ist es offenbar nicht. Sozialbürgermeisterin Kristin Kaufmann (Linke) stellt klar, dass das Gesundheitsamt der Stadt so eine Studie gar nicht durchführen oder in Auftrag geben darf. "Prävalenzstudien in der angeregten Größenordnung sind primär dem Robert-Koch-Institut oder anderen forschenden Einrichtungen vorbehalten. Dem städtischen Gesundheitsamt fehlt hierfür die rechtliche Grundlage."

Zudem sei der Stadtrat weder für "alle Dresdner Kliniken", wie es im Antrag heißt, zuständig, noch für "Maßnahmen zur Eindämmung der Infektionslage und deren wissenschaftliche Untersetzung". Auch bei einer drohenden Überlastung des städtischen Klinikums, sei die Klinikleitung zuständig, dem abzuhelfen, und nicht der Stadtrat.

Kaufmann stellt auch umgehend klar, dass die erforderlichen personellen und finanziellen Kapazitäten für so eine Studie im Klinikum gar nicht vorhanden wären, sollte der Stadtrat dieser Studie zustimmen. "Dem Antrag mangelt es hierfür an einem Deckungsvorschlag", sagt Kaufmann.

Auch OB-Stellvertreter und Ordnungsbürgermeister Detlef Sittel (CDU) sagt, der Stadtrat sei dafür gar nicht zuständig. "Der Antrag betrifft den Vollzug des Infektionsschutzgesetzes. Hierbei handelt es sich um eine Weisungsaufgabe, die ausschließlich in die Zuständigkeit des Oberbürgermeisters fällt."

Es gehe den Freien Wählern nicht um "politische Maßnahmen zur Abmilderung der pandemiebedingten Auswirkungen auf Wirtschaft, Kultur und Einwohnerschaft". Vielmehr sei das Ziel, "die Grundlagen für die bisherigen Einschränkungen des öffentlichen und privaten Lebens wissenschaftlich zu überprüfen". Dafür sei der Stadtrat nun mal nicht zuständig.

Das Wichtigste zum Coronavirus in Dresden:

Es gebe auch keinen Grund, Dresden mit anderen Städten in Sachen Corona-Bekämpfung zu vergleichen, sagt Rathaussprecher Kai Schulz. "Andere Städte mit Modell-Projekten, die hier angeführt werden, haben eine ähnliche Entwicklung wie Dresden." In Tübingen lag die Zahl zuletzt bei etwa 135 Corona-Fällen pro 100.000 Einwohner in den vergangenen sieben Tagen (Inzidenz). In Rostock bei knapp 135 und Bautzen sogar bei gut 230.

Auch sei das Ziel dieser Studie unklar. Wenn die Stadt weiß, wie viele Dresdner immun sind, ändere dies nichts an den Corona-Vorgaben, da diese von Bund und Land festgelegt werden. "Wir haben in Dresden viel getan, was es woanders nicht gibt." Damit verweist Schulz beispielsweise auf die vielen Testzentren und die Impftaxis. Weil die Forderungen nicht in die Zuständigkeit des Stadtrates fallen, lasse OB Hilbert den Antrag erst gar nicht zu.

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