Döbeln
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CoronaCast: Ein Krematorium am Limit

Gerold Münster ist Chef des Krematoriums in Döbeln. In unserem Podcast spricht er über eine seit November anhaltende Ausnahmesituation.

Von Fabian Deicke
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Gerold Münster, Geschäftsführer des Döbelner Krematoriums, ist zu Gast Im CoronaCast.
Gerold Münster, Geschäftsführer des Döbelner Krematoriums, ist zu Gast Im CoronaCast. © [M] Thomas Kretschel/Sächsische.de

Döbeln. Die Zahl neuer Infektionen mit dem Coronavirus gehen deutschlandweit zurück, auch in Sachsen. "Für unseren Bereich kann ich einen Rückgang der Fälle jedoch noch nicht beobachten. Ich hoffe aber, dass die Entwicklung sich bald bemerkbar macht", sagt Gerold Münster. Der Geschäftsführer des Krematoriums in Döbeln spricht im CoronaCast, dem Podcast von Sächsische.de zur Pandemie, über die momentan äußerst angespannte Situation in seiner Branche.

Der 47-Jährige blickt auf nun inzwischen mehr als zwei Monate anhaltend hohen Arbeitsdruck für sich und seine Mitarbeiter zurück. Im Oktober vergangenen Jahres hätte man eine stetig wachsende Zahl an Sterbefällen bemerkt. Sukzessive seien dann täglich immer mehr Särge im Krematorium angekommen. "Rund um Weihnachten war dann der Höhepunkt erreicht."

Um die momentane Lage zu beschreiben, zieht Münster Vergleichszahlen heran. "Im Dezember 2020 hatten wir in Döbeln rund 50 Prozent mehr Einäscherungen als durchschnittlich in diesem Monat in den vergangenen fünf Jahren." Die Anlage sei deshalb fast durchgehend in Betrieb, die Mitarbeiter jeden Tag da, auch an Feiertagen und Wochenenden. "Und trotzdem ist es an manchen Tagen so, dass wir abends mehr Särge auf dem Gelände haben als noch am Morgen."

Trauerhalle wird zu Lager für Särge umgewandelt

Von den Betreibern anderer sächsischer Krematorien weiß Münster, dass die Lage dort vergleichbar ist. "Eine Entspannung ist bei allen noch nicht zu spüren." Für Münster haben die Sterbezahlen, die im Zusammenhang mit der Corona-Lage derzeit noch anhaltend hoch sind, logistische Herausforderungen zur Folge. Etwa doppelt so viele Särge wie eigentlich in der Anlage angenommen werden können, lagern derzeit auf dem Gelände.

"Jenseits unserer regulären Kapazitäten müssen wir auf ungekühlte Räume ausweichen. Deshalb dient jetzt unsere Trauerhalle als Lager." Das sei aber nur aufgrund der momentan niedrigen Außentemperaturen möglich. Außerdem parkt auf dem Gelände ein Sattelauflieger mit großem Kühlaggregat. "Den hatten wir im Dezember vorsorglich angeschafft, inzwischen ist er im Dauerbetrieb." Anders als die Trauerhalle könne der große Lkw-Anhänger auch noch bei höheren Außentemperaturen genutzt werden.

Für Münster ist klar: "Die Mitarbeiter haben meinen größten Respekt. Seit Wochen stellt sich jeder ohne zu murren dieser momentanen Aufgabe." Die Arbeit in einem Krematorium ist nämlich nicht nur psychisch, sondern auch körperlich anstrengend. Zudem würde mit einem Rückgang der Sterbezahlen auch das allgemeine Interesse wieder nachlassen. "Denn wir wollen nicht so sehr in die Öffentlichkeit. Uns genügt eigentlich die stille Anerkennung für unsere Arbeit."

Außerdem erläutert Gerold Münster in dem Podcast-Gespräch, ob sich Einäscherungen von Corona-Toten von gewöhnlichen unterscheiden, welche zusätzlichen Schutzmaßnahmen seine Mitarbeiter treffen müssen, und er gibt Einblicke in die Arbeitsweisen und Abläufe seiner Branche.

Das Podcast-Gespräch wurde über einen Videoanruf aufgezeichnet. Alle am Gespräch beteiligten Personen saßen ausreichend weit voneinander getrennt an verschiedenen Orten.

Hier sind ergänzende Links zu Themen, auf die in der Folge Bezug genommen wird:

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