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Politik in Sachsen - die Morgenlage

Kretschmer reagiert auf Mordpläne +++ Sachsens Polizei vor Überlastung +++ 2,5-Milliarden-Loch im Haushalt +++ Kreis Meißen kurz vor 3.000er-Inzidenz

Von Maximilian Helm
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In einer Telegram-Gruppe wurde ein Anschlag auf Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer geplant.
In einer Telegram-Gruppe wurde ein Anschlag auf Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer geplant. © dpa-Zentralbild

Guten Morgen,

wie weit sind wir in Sachsen noch davon entfernt, dass einem Politiker wirklich etwas passiert? Das habe ich mich gefragt, nachdem am Freitagabend ein „Fackel-Mob“ vor dem Privathaus von Sozialministerin Petra Köpping aufmarschiert ist. Und diese Frage bohrt umso stärker in mir, nachdem die widerwärtigen Mordpläne gegen Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer bekanntgeworden sind. Wohlgemerkt: durch den Investigativ-Journalisten Arndt Ginzel und sein Team, nicht etwa durch die sächsische Polizei oder den Verfassungsschutz.

Dabei hatte ausgerechnet Kretschmer selbst noch vor gerade einmal einer Woche in der Talkshow von Maybritt Illner auf die wachsende Gefahr der Mobilisierung und Organisation von Kriminellen durch Telegram-Gruppen hingewiesen. Die Gruppe, die Kretschmer so unverhohlen mit dem Tod bedrohte und untereinander damit prahlte, dass man sich schon Waffen besorgt habe, war sogar als offene Gruppe einsehbar, wenn man sich – wie Ginzel es tat – dort angemeldet hatte. Was stimmt in Sachsen nicht, dass man nicht merkt, was sich hier tut? Was sich längst „wohlgeordnet“ da zusammengebraut hat – sowohl im Untergrund als auch auf Sachsens Straßen. Vielleicht bringen diese beiden Vorfälle jetzt endlich etwas in Gang.

Von diesem Tag in Erinnerung bleiben wird mir auch ein Regierungschef, der sich trotz allem nicht einschüchtern lassen will. „Es geht gar nicht um mich“, sagt dazu. „Sondern um die Frage, wer Verantwortung in der Demokratie übernimmt - an den verschiedensten Stellen, ob nun im Gemeinderat, als Bürgermeister, Journalist oder Abgeordneter im Landtag. Diese Menschen müssen geschützt werden. Sie dürfen keine Angst um ihr Leben haben." Starke Worte. Gerichtet sind sie an uns alle.

Herzlichst,

Ihre Annette Binninger
Leiterin Politikredaktion Sächsische.de

Die wichtigsten News am Morgen

+++ Kretschmer reagiert auf Mordpläne +++

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) will sich von Drohungen gegen seine Person nicht einschüchtern lassen. Der Regierungschef kündigte an, mit allen juristischen Mitteln gegen "solch eine Entgrenzung vorzugehen." Im Messenger-Dienst Telegram waren nach einem Bericht des ZDF-Magazins "Frontal" Äußerungen zu Mordplänen gegen Kretschmer aufgetaucht. "Es ist mir nicht egal", sagte Kretschmer am Mittwoch. "Natürlich ich bin in Sorge. Aber ich entwickle daraus eher Kraft und Energie. Wenn das der Zustand ist, wie wir miteinander umgehen, dann wäre dieses Land verloren. Und das ist es nicht."

Gemeinsam mit der Zentralstelle Extremismus Sachsen der Generalstaatsanwaltschaft Dresden prüft das Landeskriminalamt nun, welche Tatvorwürfe in Frage kommen. "Äußerungen einzelner Mitglieder zum angeblichen Besitz von scharfen Waffen und Armbrüsten fließen in die Bewertung ein", teilte das LKA nun mit. Sachsens Vize-Ministerpräsident Martin Dulig (SPD) hat die Drohungen ebenfalls entschieden verurteilt. Die Radikalisierung sei kein sächsisches Phänomen, auch wenn Sachsen damit eine besondere Herausforderung habe. Dulig habe sich bereits am Mittwochvormittag mit der künftigen Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) in Verbindung gesetzt.

Lesetipp: So gefährlich ist Telegram.

+++ Sachsens Polizei vor Überlastung +++

Hoher Krankenstand, bedrohte Politiker, illegale Proteste: Sachsens Polizei ist derzeit extrem gefordert. Nun sollen 400 Studierende der Polizeihochschule in Rothenburg in den Revieren eingesetzt werden, um bei der momentanen "herausfordernden Lage" zu helfen, wie es in einem Schreiben der Hochschule heißt. Der geplante Weihnachtsurlaub werde deshalb widerrufen, das „erforderliche Engagement der Studierenden“ nicht nur von der Hochschule vorausgesetzt. Das Problem: Nur 160 von 400 Studierenden verfügen über Erfahrungen im Polizeialltag, der Rest soll erfahrenere Teams unterstützen.

Auch an der Behörde geht die Pandemie nicht spurlos vorbei. Die Impfquote liegt bei gerade einmal 65 Prozent, etwa 18 Prozent gelten als genesen. Von gut 12.000 Polizisten im Freistaat sind am Mittwoch 780 in Quarantäne gewesen, 521 hätten sich mit dem Coronavirus infiziert, so Landespolizeipräsident Kretzschmar.

+++ Kreis Meißen nähert sich 3.000er-Inzidenz +++

Die Infektionslage im Landkreis Meißen ist weiter besorgniserregend. Mit einer Inzidenz von 2.897 am Mittwoch ist der Landkreis bundesweit deutlicher Spitzenreiter. Am Dienstag wurden noch 2.380,9 Neuinfektionen in sieben Tagen pro 100.000 Einwohner gezählt. 215 Einwohner des Kreises liegen im Krankenhaus - davon 29 geimpft und 186 ungeimpft. Die meisten aktiven Infektionen meldet das Gesundheitsamt für Riesa (1.119). Dahinter folgen Radebeul (1.098), Meißen (970) und Großenhain (804). Mehr zur Corona-Lage im Kreis Meißen.

In ganz Sachsen wurden am Mittwoch 9.317 Neuinfektionen in 24 Stunden gemeldet. Eine Woche zuvor waren es 9.593 gewesen. Zudem wurden 75 Todesfälle registriert. Insgesamt wurden in Sachsen seit Beginn der Pandemie 566.187 Infektionen registriert. Die Sieben-Tage-Inzidenz lag nach einer Meldepanne am Dienstag wieder höher bei 1.125.

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+++ Sachsen fehlen 2,5 Milliarden im Haushalt +++

Sachsen will die Tilgung seiner Schulden aus der Corona-Krise zeitlich strecken. Das teilte Finanzminister Hartmut Vorjohann (CDU) am Mittwoch nach einer Regierungs-Klausur zum neuen Doppelhaushalt 2023/2024 mit. Vorjohann nannte einen Zeitraum von zwölf Jahren. Nach den Worten von Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) gibt es aber noch sehr unterschiedliche Vorstellungen über die Tilgungsfristen. Das müsse im Parlament diskutiert werden.

Laut Vorjohann fehlen Sachsen nach aktuellen Planungen für 2023 zudem rund 1,6 Milliarden Euro und für 2024 rund 1,7 Milliarden Euro. Die Landesreserven seien fast aufgebraucht, das Defizit betrage fast zweieinhalb Milliarden Euro - es gebe also kaum Spielraum für Investitionen. Das wollen SPD und Grüne nicht akzeptieren. Sie behaupten, das Finanzministerium hätte noch nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft. Vor allem die Grünen bestehen vehement auf einer "grünen statt schwarzen Null" - also mehr Investitionen beim Klimaschutz.