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Dresdner wollen Unterkünfte für Geflüchtete in Gorbitz verhindern

Dresden plant, zwei Flächen für Geflüchtete herzurichten. Dagegen machen Anwohner nun mobil. Wie die Stadtverwaltung auf den Protest reagiert.

Von Andreas Weller
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Die ehemalige Dresdner "Cityherberge" an der Lingnerallee ist  seit Anfang September eine Unterkunft für Geflüchtete.
Die ehemalige Dresdner "Cityherberge" an der Lingnerallee ist seit Anfang September eine Unterkunft für Geflüchtete. © Sven Ellger

Dresden. Dresden bereitet den Aufbau weiterer Flüchtlingsunterkünfte vor. So sollen, wie vom Stadtrat beschlossen, am Altgorbitzer Ring Container aufgestellt werden. An der Uthmannstraße werden die ehemalige Diakonenbildungsanstalt und spätere Kapelle Gorbitz zur Unterkunft, die angrenzende ehemalige Obergorbitzer Schule ebenfalls. So will die Stadt verhindern, dass wieder Schulsporthallen zur Unterbringung genutzt werden müssen. Mit einer Petition und einem Widerspruch gegen die Baugenehmigung haben sich Gegner nun jedoch entschlossen, gegen die Pläne in Gorbitz zu kämpfen.

Hotel-Chefin bangt um Existenz

Mit einem Schreiben, das zum Teil drastische und fragwürdige Formulierungen enthält, wendet sich Dagmar Schumann vom "Spa Ressort Landlust" in Gorbitz an die Stadt und widerspricht der Baugenehmigung für den Containerstandort am Altgorbitzer Ring. Sie sei nicht beteiligt und damit in ihren Rechten verletzt worden, schreibt sie. "Diese Baugenehmigung verstößt gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften und das Gebot der Rücksichtnahme." Der Baumbestand und die Grünfläche seien besonders schützenswert. Deswegen und wegen der Verbindung zum Dorfkern habe sie darauf vertraut, "dass hier unsere geplante Wellnesserholung künftig nicht durch eine unverträgliche Nutzung in der unmittelbaren Umgebung beeinträchtigt wird", heißt es in dem Schreiben an die Stadt.

Durch die Unterkunft "werden hier die sozialen Spannungen so massiv verstärkt, dass unsere zahlreichen Mitarbeiterinnen dann nicht mehr in den Nachtstunden für uns arbeiten wollen." Aufgrund des Fachkräftemangels müsse sie dann befürchten, dass das Hotel nicht weiter betrieben werden könne. Damit werde ihre Existenz zerstört, schreibt die Hotel-Chefin.

Stadt hat Betroffene vorab informiert

Die Stadt verweist darauf, dass sie in der gesamten Stadt nach geeigneten Flächen für Unterkünfte suchen muss. Der Widerspruch von Frau Schumann liegt dem Bauaufsichtsamt vor, bestätigt ein Sprecher auf Anfrage. "Dieser wird nunmehr auf Abhilfe geprüft. Nach einer ersten summarischen Prüfung ist festzuhalten, dass eine Verletzung im Baugenehmigungsverfahren zu prüfender nachbarschützender Vorschriften wie beispielsweise das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot nicht ersichtlich ist. Die erteilte Baugenehmigung wird deshalb für rechtmäßig erachtet."

Die auf fünf Jahre befristete Baugenehmigung für die Errichtung mobiler Raumeinheiten zur Unterbringung von Asylbewerbern am Standort Altgorbitzer Ring/Kesselsdorfer Straße ist am 4. September erteilt worden. Sie sei auch an die Eigentümer der direkt angrenzenden Grundstücke zugestellt und im Amtsblatt veröffentlicht worden, so die Stadt weiter.

Bürgerinitiative ist "beunruhigt"

Die Bürgerinitiative Gorbitz, in der sich Anwohner, Kleingärtner und Gewerbetreibende organisiert haben, hat eine Petition gestartet, um die Gebäude an der Uthmannstraße in Altgorbitz aus den Plänen der Stadt als Unterkünfte für Geflüchtete zu streichen. Sie verweisen auf eine bereits vorhandene Überlastung des Stadtteils insgesamt hin, insbesondere der angrenzenden Plattenbau-Gebiete und die besondere Situation des Dorfkerns, den sie gefährdet sehen.

"Wir sind zunehmend beunruhigt von einer Kommunalpolitik, die das Wohl der einheimischen Bürger der Stadt nicht an die erste Stelle aller Entscheidungen setzt", heißt es in der Petition. "Wir fordern Sie zur Rückkehr zu einer Kommunalpolitik auf, die die für uns unerträglichen Zustände infolge der derzeitigen Asylpolitik vermindert oder beseitigt."

Stadt hat noch keine Baugenehmigung

Zu den Container-Standorten für Geflüchtete gab es vorab lange Debatten und eine große Bürgerbeteiligung in allen betroffenen Stadtteilen. Alle Standorte wurden einer umfangreichen Prüfung unterzogen. Die Stadt hat aber auch immer wieder betont, dass diese Standorte nicht reichen würden und weitere gesucht beziehungsweise geprüft werden müssten. Zuletzt wurde daher die ehemalige "Cityherberge" als Unterkunft eröffnet.

Weitere mögliche Standorte werden zum Teil noch nicht öffentlich kommuniziert, weil noch nicht alles geklärt ist. Allerdings stand in mehreren Unterlagen der Verwaltung, dass die Gebäude an der Uthmannstraße ebenfalls als Unterkünfte vorgesehen sind. "Dazu können wir sagen, dass die genannte Petition bislang noch nicht bei der Stadtverwaltung eingegangen ist", so der Sprecher. "Eine Baugenehmigung gibt es für den Standort ebenfalls noch nicht."

Antrag: Unterbringung "derzeit nicht möglich"

Die aktuelle Situation versuchen sich die Stadträte der Freien Wähler zunutze zu machen und wollen vom Stadtrat einen Antrag beschließen lassen, der besagt, "allen zuständigen Asylbehörden mitzuteilen, dass eine menschenwürdige Unterbringung und gelingende Integration von weiteren Asylbewerbern in der Landeshauptstadt derzeit nicht möglich ist", wie es in dem Antragstext heißt.

"Der Stadtrat und der Oberbürgermeister müssen endlich das laut und deutlich sagen, was sowieso jeder weiß: So geht es nicht weiter", sagt Fraktionschef Jens Genschmar. "Wir brauchen einen Stopp der unkontrollierten Zuwanderung, sonst drohen uns Verhältnisse wie in Frankreich und anderen europäischen Ländern."

Allerdings ist die Unterbringung von Geflüchteten keine freiwillige Leistung der Stadt, sondern eine Pflichtaufgabe, die vom Bund übertragen wird. Die Freien Wähler wurden für ihre Haltung bereits in einer Stadtratsdebatte zur Unterbringung heftig kritisiert.