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Dresdner Haushaltsplanungen: "Keiner kann eine Garantie geben, dass es reicht"

Erstmals will Dresden über zwei Milliarden Euro pro Jahr ausgeben. Doch einige Risiken sind nicht eingepreist. Wer dennoch jubelt - und wer mehr zahlen muss.

Von Dirk Hein
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Die Energiekosten in Dresden steigen. Mindestens 25 Millionen Euro gibt Dresden dafür in den kommenden beiden Jahren mehr aus.
Die Energiekosten in Dresden steigen. Mindestens 25 Millionen Euro gibt Dresden dafür in den kommenden beiden Jahren mehr aus. © Archiv/Rene Meinig

Dresden. Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) und Finanzbürgermeister Peter Lames (SPD) haben die Schwerpunkte des geplanten Doppelhaushaltes für 2023 und 2024 vorgestellt. Jedes Jahr will Dresden etwa 2,05 Milliarden Euro ausgeben. 92,8 Millionen Euro Verlust werden mit Gewinnen der Vorjahre verrechnet. Viel Geld wird für Bildung, Energiesicherheit und die DVB ausgegeben. Einen Teil davon sollen Autofahrer refinanzieren. Die wichtigsten Fragen und Antworten zu den Haushaltsplanungen.

Mit welchen Einnahmen kann Dresden planen?

Der Haushalt für das Jahr 2023 umfasst Ausgaben in Höhe von 2,053 Milliarden Euro, für das Jahr 2024 sind es sogar 2,094 Milliarden Euro. Auf der Einnahmenseite plant Dresden insbesondere mit 369 Millionen Euro (391 Millionen Euro in 2024) aus der Gewerbesteuer, über 500 Millionen Euro jährlich an Zuweisungen zum Beispiel durch das Land und über 220 Millionen Euro jährlich aus der Einkommensteuer. 2019 musste Dresden noch mit 298 Millionen Euro an Gewerbesteuereinnahmen auskommen.

Finanzbürgermeister Lames: "Die Stadt hat in den vergangenen Jahren solide und gut gewirtschaftet. Wir gehen jetzt an die Grenze des Möglichen. Aber das ist vertretbar auf Basis guter vergangener Jahre."

Wie sollen 5.000 WID-Wohnungen finanziert werden?

Ein wesentlicher Baustein im Haushalt sind mehr Gelder für die kommunale Wohnungsbaugenossenschaft WID. Mit neun Millionen Euro werden die aktuellen Projekte abgesichert und mit rund 40 Millionen Euro sollen Wohnungen angekauft werden. Mit dem Geld werden die Eigenmittel für den planten Kauf von 3.000 Vonovia-Wohnungen bereit gesellt.

OB Hilbert: "Das Ziel sind 5.000 kommunale Wohnungen innerhalb von fünf Jahren in der Verwaltung der WID, damit wir als Stadt wieder Akteur auf dem Wohnungsmarkt werden können."

Dresden stellt weiterhin bis 2027 19 Millionen Euro für den Ankauf potenzieller Bauflächen bereit. 33 Millionen fließen in die soziale Stadtentwicklung, für vier Millionen Euro werden Spielplätze gebaut.

Was wird sonst noch finanziert?

Mittelfristig gibt Dresden weitere 450 Millionen Euro für Bau und Sanierung von Schulen aus. In das Leo-Gymnasium fließen knapp 50 Millionen Euro, in die 101. Oberschule an der Cockerwiese weitere 40 Millionen. Für die Digitalisierung der Schulen werden 18 Millionen Euro ausgegeben. Für ein neues Schüleraustauschprogramm stehen jährlich 100.000 Euro bereit.

Die Margon-Arena wird für 34 Millionen Euro ausgebaut und erweitert. 66 Millionen Euro an Eigenmitteln ermöglichen Gesamtinvestitionen in das Städtische Klinikum in Höhe von 206 Millionen Euro. Weitere 105 Millionen Euro werden für die Digitalisierung der Verwaltung gebraucht.

Was muss Dresden mehr für Energie zahlen?

In den kommenden beiden Jahren wird Dresden mindestens 25 Millionen Euro zusätzlich für Energie ausgeben müssen. Allein das Amt für Schule erhält pro Jahr über fünf Millionen Euro extra, um die gestiegenen Bewirtschaftungskosten abzufedern.

Die Stadt profitiert dabei von teils langfristig geschlossenen Verträgen. Finanzbürgermeister Peter Lames: "Wir haben uns hingesetzt und sind unsere Verträge mit der Sachsen-Energie durchgegangen. Die vertraglich fixierten Steigerungen haben wir in den Haushalt eingestellt." OB Hilbert: "Keiner kann eine Garantieerklärung abgeben, dass dies ausreicht."

So ist Dresden direkt von der wirtschaftlichen Entwicklung der Sachsen-Energie abhängig. Kauft der städtische Energieversorger zu teuer ein, ist jedoch an alte Verträge gebunden, sinkt dort der Gewinn und im schlechtesten Fall die Garantie-Zahlungen an die Stadt.

Wo liegen die größten Risiken?

Laut Rathaus ist die Entwicklung der Konjunktur in den kommenden Monaten "mit erheblichen Risiken behaftet." Diese konnten in der Steuerschätzung bisher noch nicht komplett erfasst werden. Demnach sind weder Auswirkungen eines russischen Öl- oder Gasembargos auf die deutsche Wirtschaft eingepreist noch anhaltende globale Lieferkettenprobleme bei Rohstoffen und Zulieferprodukten für die lokale Wirtschaft.

In den Planungen geht Dresden zudem von keinen weiteren Belastungen durch "Corona-Effekte" ab dem kommenden Herbst mehr aus. Lames: "Es funktioniert, wenn wir so gut durch die aktuelle Krise kommen, wie wir durch die letzten Krisen gekommen sind."

Berücksichtigt sind hingegen der steigende Mindestlohn sowie deutlich höhere Gehälter durch steigende Tarife.

Wer zahlt die Rechnung?

Kontrovers diskutiert wird der zukünftige Umgang mit den stark steigenden Verlusten bei den DVB. Bisher wurden die jährlich etwa 40 Millionen Euro Verlust der Verkehrsbetriebe komplett durch die Gewinne zum Beispiel der Sachsen-Energie abgefedert. Zukünftig werden die DVB jedoch Verluste von wahrscheinlich über 100 Millionen Euro jährlich verursachen.

Daher werden ab 2023 zehn Millionen Euro jährlich über den Gesamthaushalt finanziert. Der Zuschuss der Sachsen-Energie steigt um 15 Millionen Euro. Weitere bis zu zehn Millionen Euro bleiben womöglich an den Autofahrern hängen. Denkbar sind weitere steigende Parkgebühren, neue Parkzonen und erheblich teurere Bewohnerparkausweise. Die DVB sollen zudem effizienter werden, Tickets könnten teurer werden.

All das stößt jedoch auf vehementen Widerstand im Rat. OB Hilbert: "Uns stehen heiße Diskussionen bevor. Am Ende entscheiden die Stadträte." Aber auch Bund und Länder seien gefordert: "Es ist leicht in Sonntagsreden von der Verkehrswende zu sprechen. Es ist ins Neun-Euro-Ticket investiert worden, aber nicht in eine nachhaltige ÖPNV-Unterstützung." Das müsse sich dringend ändern.