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Ohne Arbeit weniger Geld: Neue Forderung zum Umgang mit Asylbewerbern in Dresden

Die Freien Wähler fordern mehr Jobs für Asylbewerber in Dresden, aber auch härtere Sanktionen, falls Arbeit abgelehnt wird. Wie viele Jobs es bereits gibt, wie viel dafür gezahlt wird und wie die Stadt auf die Forderung reagiert.

Von Dirk Hein
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Asylbewerber, auch in Containerdörfern wie hier am Sachsenplatz, sollen mehr Arbeitsangebote bekommen.
Asylbewerber, auch in Containerdörfern wie hier am Sachsenplatz, sollen mehr Arbeitsangebote bekommen. © René Meinig

Dresden. Etwa 4.560 Menschen in Dresden erhalten Geld nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Das geht aus Zahlen der Kommunalen Statistikstelle hervor. Unter bestimmten Voraussetzungen können diese Menschen jedoch arbeiten gehen und selbst Geld verdienen. Werden Arbeitsgelegenheiten abgelehnt, dürfen sogar Sanktionen ausgesprochen werden. Dann werden Leistungen gekürzt. Die Freien Wähler/Freien Bürger im Stadtrat fordern nun, Dresden solle einerseits mehr Arbeitsgelegenheiten schaffen, aber auch strenger Strafen aussprechen, falls Jobs abgelehnt werden.

Was fordern die Freien Wähler in Bezug auf Asylbewerber?

Ein Stadtratsantrag der Freien Wähler/Freien Bürger fordert, dass "unverzüglich" in allen Aufnahmeeinrichtungen Arbeitsgelegenheiten für alle Asylbewerber zur Verfügung gestellt werden. Die Job-Angebote sollen vor allem der "Aufrechterhaltung und Betreibung der Einrichtung" dienen. "Die Umsetzung dieser Forderung würde auch zu einer Senkung der exorbitant hohen Unterbringungskosten in der Landeshauptstadt führen", sagt Freie-Wähler-Fraktionschef Jens Genschmar.

Weiterhin soll generell allen auch anderswo untergebrachten arbeitsfähigen Asylbewerbern, die nicht erwerbstätig und nicht im schulfähigen Alter sind, eine Arbeitsgelegenheit angeboten werden. Bei Nichtannahme der Arbeit sollen nur noch die Mindestleistungen laut Asylbewerberleistungsgesetz gezahlt werden.

Wie begründen die Freien Wähler diese Forderung?

"Damit Asylbewerber der Pflicht zur Arbeit nachkommen können, müssen gleichzeitig auch die entsprechenden Arbeitsgelegenheiten verfügbar sein", begründet Genschmar seinen Antrag.

Ähnliche Diskussionen gibt es auch in anderen Städten und Landkreisen. Anfang März kündigte der Thüringer Saale-Orla-Kreis an, Geflüchtete zu Arbeit verpflichten zu wollen. Wenige Tage vorher hatte der Landkreis Bautzen ein Pilotprojekt zu verpflichtenden gemeinnützigen Tätigkeiten für Geflüchtete angekündigt. Der Landkreis Görlitz will Arbeitsgelegenheiten als Teil eines neuen Integrationskonzeptes bis zum Sommer auf den Weg bringen.

Wie viele Arbeitsgelegenheiten bietet Dresden Asylbewerbern?

Laut Sozialbürgermeisterin Kristin Kaufmann (Linke) hat Dresden innerhalb Sachsens bereits jetzt die meisten Arbeitsgelegenheiten bereitgestellt. Aktuell gibt es in Dresden 142 Plätze. Zum Vergleich: Leipzig hat 77 und Chemnitz 40 vergleichbare Arbeitsgelegenheiten. Vor diesem Hintergrund prüft die Verwaltung momentan, ob der gestellte Antrag überhaupt rechtlich zulässig ist.

"Die Stadtverwaltung hat die Anzahl der Arbeitsgelegenheiten in den letzten Jahren immer wieder entsprechend dem Bedarf und der finanziellen Möglichkeiten angepasst. Das wird auch in Zukunft so sein", sagt Kaufmann. Die Arbeitsgelegenheiten sollen dabei den "individuellen Integrationspfad wirksam unterstützen", beispielsweise durch die Erkundung von Berufsfeldern, die Erprobung der beruflichen Fähigkeiten sowie die Festigung und Erweiterung von Sprachkompetenzen.

Wie viel Geld bekommen Asylbewerber für diese Jobs?

Das Mindestlohngesetz gilt für solche Arbeitsgelegenheiten übrigens nicht. Eine Arbeitsgelegenheit ist kein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis. Für die geleistete Arbeit wird eine Aufwandsentschädigung von 80 Cent je Stunde gezahlt. "Das Geld ist ein Anreiz für die Teilnehmenden, es wird nicht auf die Asylbewerberleistung angerechnet. Wir haben gute Erfahrungen damit gemacht und wir werden das Eingliederungsinstrument weiter nutzen", so Kaufmann weiter.

Bereits jetzt könne der Nichtantritt von Arbeitsgelegenheiten sanktioniert werden. Bei unbegründeter Ablehnung einer solchen Tätigkeit würden nur noch Leistungen zur Deckung des Bedarfs an Ernährung und Unterkunft einschließlich Heizung sowie Körper- und Gesundheitspflege übernommen. Dafür würden bei Unterbringung mit Vollverpflegung monatlich 91 Euro an einen Alleinstehenden gezahlt, bei Unterbringung ohne Vollverpflegung 242 Euro.

Wie geht es mit dem Antrag weiter?

Ihren aktuellen Antrag haben die Freien Wähler/Freien Bürger als Eilantrag eingereicht. Er wird damit in der Ratssitzung im April oder im Mai behandelt. Die Fraktion verbindet den Antrag mit einer Aktuellen Stunde des Stadtrates zum Thema "Integration fördern und fordern". Über das Thema wird damit im Rat besonders ausführlich diskutiert.

Bei der dann folgenden Abstimmung ist eine Mehrheit für den Antrag eher unwahrscheinlich. Zumindest teilweise Zustimmung könnte aus den Reihen von AfD und CDU kommen, denkbar sind jeweils Änderungsanträge zum Thema. Die FDP tut sich damit schwerer. "Wichtig ist, schnellstmöglich eine Integration auch durch Arbeit zu schaffen, mit welchen Maßnahmen man das am besten macht, müssen wir prüfen", sagt Stadtrat Christoph Blödner.

Wie viele Asylbewerber gibt es in Dresden?

Insgesamt werden rückläufige Asyl-Zahlen registriert. Zwischen Dienstag- und Mittwochmorgen kamen 38 Asylbewerber und 13 Ukraine-Flüchtlinge neu in Sachsen an. Die Kapazität der Erstaufnahmeeinrichtung Dresden ist nicht ausgeschöpft. Von 1.820 Plätzen sind 624 belegt - weniger als die Hälfte

2024 erwartet Dresden allerdings abermals 2.200 Menschen aus den klassischen Asyl-Herkunftsländern und 300 Schutzsuchende aus der Ukraine. Diese Zahlen sind vergleichbar mit denen des Vorjahrs. "Im Moment gehen wir davon aus, dass wir alle Personen unterbringen können", so Sozialbürgermeisterin Kristin Kaufmann im Interview mit Sächsische.de

Weil Dresden höhere Unterbringungsstandards als gesetzlich vorgeschrieben erreichen will, zudem Geld für mehr Sozialarbeit ausgibt und Wohnraum in der Landeshauptstadt teurer geworden ist, kostet die Unterbringung der Geflüchteten viel Geld. 81,5 Millionen Euro mehr als geplant muss die Stadt dafür ausgeben. Ein Teil der Kosten wird nachträglich erstattet. Die Verwaltung rechnet dennoch für dieses Jahr mit mehr als 43 Millionen Euro zusätzlich, die sie selbst übernehmen muss.