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"Komplexausbau ohne Umsetzungsperspektive": Was Dresden am Bahnhofsvorplatz Niedersedlitz vorhat

Seit Jahrzehnten soll der Bahnhofvorplatz in Niedersedlitz saniert werden. Mehr als Vorplanungen gab es nie. Jetzt will Dresden handeln.

Von Dirk Hein
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Der Bahnhofsvorplatz in Niedersedlitz. Seit über zehn Jahren kommen die Umbaupläne nicht voran.
Der Bahnhofsvorplatz in Niedersedlitz. Seit über zehn Jahren kommen die Umbaupläne nicht voran. © Sven Ellger

Dresden. Der Haltepunkt "Bahnhof Niedersedlitz" ist der zentrale Knotenpunkt für den öffentlichen Nahverkehr im Dresdner Osten. Drei Buslinien werden mit der Straßenbahnlinie 6 und der S-Bahn in Richtung Pirna, Meißen und zum Flughafen verknüpft.

Doch der Bahnhofsvorplatz ist in einem schlechten Zustand. Asphalt-Flicken und Kopfsteinpflaster dominieren. Es fehlt an Unterstellmöglichkeiten und einem barrierefreien Ausbau. Jetzt will die Stadt handeln, doch anders als gedacht.

Warum ist in Niedersedlitz bisher nichts passiert?

Zuletzt 2013 hatte der Stadtrat beschlossen, die Planungen für eine Sanierung und Umgestaltung der Bahnhofsvorfläche in Niedersedlitz endlich zu beginnen. Bei der Sanierung sollten Fahrbahnen und Gehwege erneuert und Kurz- und Behindertenparkplätze eingeordnet werden. Zudem waren Abstellmöglichkeiten für Fahrräder, neue Sitzbänke und Baumpflanzungen geplant. Das alles sollte im Zusammenhang mit der Erneuerung der Gleisschleife geschehen.

Doch das ist zum einen teuer, mehrere Millionen Euro würden gebraucht. Zum anderen wird ein viele Jahre andauerndes Planfeststellungsverfahren benötigt, um die komplexen baulichen Veränderungen überhaupt angehen zu können. Dazu hat sich die Stadt nie auf den Weg gemacht. 2020 teilte die Verwaltung mit, dass "in Abwägung der notwendigen Prioritätensetzung" nicht einmal die notwendigen Vorplanungen fortgesetzt werden könnten.

Kopfsteinpflaster, Schlaglöcher, fehlende Unterstellmöglichkeiten: So sieht es momentan am Bahnhof Niedersedlitz aus.
Kopfsteinpflaster, Schlaglöcher, fehlende Unterstellmöglichkeiten: So sieht es momentan am Bahnhof Niedersedlitz aus. © Sven Ellger

Doch der Druck aus Politik und Öffentlichkeit war groß. Um die Planungen am Bahnhofsvorplatz Niedersedlitz wiederaufzunehmen, hatte der Stadtrat für das Haushaltsjahr 2022 dann 50.000 Euro zur Verfügung gestellt.

Dennoch änderte sich nichts am grundsätzlichen Problem - nichts ging voran. Das komplette Planungsgebiet müsse neu vermessen werden, Ende 2022 hatte die Verwaltung noch immer nicht einmal die "Vorbereitungen für die Wiederaufnahme der Vorplanung" abgeschlossen.

Welchen Plan verfolgt die Stadt jetzt?

"Wir wollen einen pragmatischen Weg gehen, um für die Fahrgäste am S-Bahn Haltepunkt Niedersedlitz barrierefreie und komfortable Umsteigemöglichkeiten zu schaffen. Eine Sanierung im Bestand ist in absehbarer Zeit umsetzbar, ohne dass wir ein langwieriges Genehmigungsverfahren brauchen", sagt Baubürgermeister Stephan Kühn (Grüne).

Das heißt konkret: Statt nun doch ein Planungsverfahren für den Komplettumbau zu starten, was sicher bis weit nach 2030 andauern würde, will die Stadt mit kleineren Maßnahmen den Bahnhofvorplatz so herrichten, dass er barrierefrei nutzbar wird, optisch besser aussieht und funktional nutzbar ist. Die eigentlichen Planungen für eine große Sanierung samt Austausch der Gleise sei damit nur aufgeschoben.

Die Stadt will daher nun die Bushaltestelle am Bahnhofsvorplatz verlegen und barrierefrei ausbauen. Bisher liegt die Haltestelle auf abfallender Straße in der Kurve, was vor allem im Winter bei Eis und Schnee zu Problemen führt.

Die Straßenbahnsteige sollen teilweise barrierefrei gebaut werden und Unterstellmöglichkeiten erhalten. Die Fahrbahnoberfläche soll erneuert und der Platz begrünt werden. Für Räder werden 100 Stellplätze entstehen, Bänke werden aufgestellt und ein Mobi-Punkt ist geplant.

Dresden ist zudem in Gesprächen mit Grundstückseigentümern, damit in direkter Nähe ein Park and Ride-Parkplatz entstehen kann. Eine Fußgängerampel soll die Haltestellen an der Bahnhofstraße besser anbinden.

Wann könnte gebaut werden?

Aktuell laufen noch Abstimmungen mit den DVB. Im Sommer 2024 will die Stadt die Vorplanungen inklusive Gestaltungsplan abgeschlossen haben. Momentan geht Bürgermeister Kühn von Baukosten von mindestens einer Million Euro aus.

Weil dennoch weitere Planungen notwendig sind und auch die Finanzierung noch nicht sicher ist, sieht der Plan der Stadt zumindest vor, dass innerhalb der nächsten fünf Jahre gebaut werden kann.

Zusammen mit der Gleisschleife am Ullersdorfer Platz, um deren Sanierung es ebenfalls seit Jahren Diskussionen gibt und für die gerade erst die Sanierung beschlossen werden konnte, ist der Bahnvorplatz in Niedersedlitz der letzte große Umsteigepunkt in der Stadt, der noch saniert werden muss. Der Ullersdorfer Platz soll ab 2031 saniert werden. In Niedersedlitz könnten die Bagger schon vorher rollen.

Welche Reaktionen gibt es auf den Plan der Stadt?

"Ich freue mich, dass es jetzt eine Planung gibt, die den Wechsel von Bus, Straßenbahn oder Fahrrad zur S-Bahn verbessert und auch ein Park +R-Angebot für die mitdenkt, die den Bahnhof mit dem Auto erreichen. Begrünung, Fahrgastunterstände und Sitzgruppen werden die Aufenthaltsqualität sehr verbessern", sagt Andrea Mühle (Grüne). Sie wolle sich dafür einsetzen, "dass für die dringliche Maßnahme die notwendigen Gelder im nächsten Haushalt bereitgestellt werden."

"Ich hatte nie ganz die Hoffnung und das Vertrauen in die Verwaltung verloren, dass vor Ort etwas vorankommt. Das bestätigt sich jetzt. Es gibt mir Mut weiter Politik zu machen. Es ist wichtig, dass es endlich losgeht", sagt Jens Genschmar (Freie Wähler/Freie Bürger).

"Da hätte die Stadt eher drauf kommen können", kritisiert SPD-Stadträtin Kristin Sturm das lange Abwarten der Verwaltung. Wichtig sei jedoch, "dass es nun in absehbarer Zeit losgehen kann, nichts an den Platz ist barrierefrei. Ich hoffe, dass es keine weiteren Verzögerungen gibt."