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Görlitzer Wirte sauer über laxes Reservierungsverhalten ihrer Gäste

Ob im Steakhaus oder im Gourmet-Restaurant: Restaurant-Inhaber klagen, dass Gäste Tische buchen, dann aber nicht oder mit weniger Leuten kommen.

Von Marc Hörcher
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Dirk und Anja Kretschmer betreiben das Steakhouse "Amadeus" im Görlitzer Stadtteil Rauschwalde. Sie ärgern sich regelmäßig über Gäste, die ihre Tischreservierungen nicht wahrnehmen.
Dirk und Anja Kretschmer betreiben das Steakhouse "Amadeus" im Görlitzer Stadtteil Rauschwalde. Sie ärgern sich regelmäßig über Gäste, die ihre Tischreservierungen nicht wahrnehmen. © Paul Glaser/glaserfotografie.de

Für Dirk Kretschmer, Betreiber des Steakhouse Amadeus in Rauschwalde, ist es nun tatsächlich so gekommen wie befürchtet. Der Mehrwertsteuersatz auf Speisen in der Gastronomie wurde wieder angehoben auf die vormals üblichen 19 Prozent. Der verminderte Steuersatz von sieben Prozent, welcher bis 31. Dezember galt, ist Geschichte. Diese Erleichterung wurde vor vier Jahren von der damaligen Bundesregierung als Corona-Hilfe beschlossen, dann von der Ampel verlängert anlässlich von Krieg, Inflation und Energiekrise. Jetzt ist sie passé.

Kretschmer führte bereits in früheren Gesprächen mit der SZ die wirtschaftlich schwierige Situation in der Gastronomie-Branche an. Auch der Branchenverband Dehoga Sachsen meint: Corona mag vorbei sein, aber eine dauerhaft reduzierte Mehrwertsteuer auf Speisen in der Gastronomie sei notwendig, um die Existenz der Gastwirte langfristig zu sichern. Die Dehoga stellte diese Forderung bereits Jahre vor der Covid-Krise, sagt Axel Klein, Hauptgeschäftsführer des Branchenverbands, und verweist darauf, dass eine solche Erleichterung in 23 anderen EU-Staaten bereits seit Jahren üblich sei.

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Kretschmer ärgert sich noch wegen einer anderen Sache. Regelmäßig erlebe er, dass seine Gäste einen Tisch für eine Gruppe reservieren - und dann kommen am Ende nur fünf von zehn angekündigten Personen. Organisation, Tische zusammenrücken, die Kalkulation für den Abend - in Teilen war das dann umsonst, klagt der Steakhouse-Chef. Ähnlich wie Kretschmer ging es Bernd Schade, Inhaber des Gourmet-Restaurants „Lucie Schulte“ am Untermarkt, am ersten Weihnachtsfeiertag. „Da hatten wir 70 Reservierungen, 17 davon sind nicht gekommen“, sagt er. Für ihn und sein Team etwa ein Tausender an Umsatz. An solch einem Tag müsse man ohnehin im Vorhinein viele Reservierungen absagen. Gefühlt könne man an Weihnachten „die Bude vier- oder fünfmal voll“ haben - und dann das.

Eine mutmaßlich ältere Dame habe sogar am Telefon spontan einen Tisch reserviert, wollte eine Stunde später vorbeikommen - und erschien einfach nicht. Enttäuscht und wütend sei er. Schade vermisst die Empathie mancher Gäste dafür. Bei weitem nicht bei allen, schiebt er noch hinterher. Am zweiten Weihnachtsfeiertag und an Silvester habe es mit den Reservierungen zu hundert Prozent geklappt.

Jörg Daubner steht in der Brauerei der Obermühle. Der gelernte Koch ist ein bekanntes Görlitzer Gesicht und seit einigen Monaten zudem Chef des hiesigen Tourismusvereins.
Jörg Daubner steht in der Brauerei der Obermühle. Der gelernte Koch ist ein bekanntes Görlitzer Gesicht und seit einigen Monaten zudem Chef des hiesigen Tourismusvereins. © SZ-Archiv

Der Reservierungs-Knatsch für die Gastwirte ist kein Einzelfall. Auch Jörg Daubner kennt das Problem. Gäste, die gar nicht oder nicht in der angekündigten Anzahl erscheinen, erlebt er zum einen immer mal wieder in seinem Restaurant „Obermühle“ am Neißeufer. Zum anderen sei das Problem auch an ihn als Vorsitzenden des Görlitzer Tourismusvereins herangetragen worden von den Mitgliedern. Auf der nächsten Vorstands-Sitzung werde er das Problem besprechen. Lösungsmodelle gebe es, aus Berlin und anderen Großstädten etwa. Denkbar wäre, dass Gäste mit ihrer Kreditkarte buchen und eine Art Reservierungsgebühr zahlen. Dafür müssten sich aber mehrere Restaurants zusammentun, damit es sich rechne.

Laut SZ-Informationen gibt es in manchen Urlaubsorten, etwa an der Nordsee, mittlerweile Restaurants, die aus den oben genannten Gründen gar keine Reservierungen mehr anbieten. Bernd Schade sagt: Eine solche Lösung sei auch sein erster Impuls gewesen - aber das sei ein „Blitzgedanke, den man dann schnell wieder verwirft“. Schließlich möchten beide Seiten, Gast und Gastwirt, auch eine gewisse Planungssicherheit für ihren Abend. Eine nicht repräsentative Straßenumfrage der Redaktion unter Görlitzer Restaurantgängern am Mittwoch ergibt noch: Verständnis für den Ärger der Gastwirte über das allzu laxe Reservierungsverhalten hat jeder Befragte - und alle erzählen, dass sie immer rechtzeitig absagen, weil sich das schließlich so gehöre.