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Ein Jahr OB Frank Höhme: Was lief gut, was ginge besser? Das sagen die Fraktionen

Ein Jahr ist Frank Höhme nun Radebergs Oberbürgermeister - und in einem knappen Jahr ist Kommunalwahl. Wie bewerten die fünf Fraktionen im Stadtrat OB Höhmes Arbeit? Das sagen CDU, Wir für Radeberg, AfD, Grüne/SPD und die Freien Wähler.

Von Verena Belzer
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Vor einem Jahr wurde Frank Höhme feierlich ins Amt eingeführt - hier beim Amtseid mit Detlev Dauphin, Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler.
Vor einem Jahr wurde Frank Höhme feierlich ins Amt eingeführt - hier beim Amtseid mit Detlev Dauphin, Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler. © Sven Ellger

Radeberg. Er selbst hat bereits Bilanz gezogen: OB Frank Höhme nannte anlässlich seines Gesprächs zum einjährigen Jubiläum unter anderem die Hüttermühle und den Parkplatz an der Pulsnitzer Straße als wichtige Meilensteine seiner bisherigen Amtszeit. Die Zusammenarbeit mit dem Stadtrat verlaufe "auf Augenhöhe", angesichts so mancher Wortwechsel bei Sitzungen sei er zwar nicht nachtragend, vergesse aber auch nichts. Doch wie bewerten die fünf Fraktionen seine Arbeit? Sächsische.de hat nachgefragt.

Welches Projekt war in diesem Jahr das wichtigste?

CDU: Die Haushaltsaufstellung sei das wichtigste Projekt, meint Fraktionsvorsitzender Frank-Peter Wieth. "Ebenso die Sondierung der Möglichkeiten der für die Stadt lebenswichtigen Weiterentwicklung im Hinblick auf die Ansiedlung neuer Gewerbebetriebe und die Sicherung der Entwicklungsmöglichkeiten bestehender Betriebe."

Die Stadt müsse im Hinblick auf die zurückgehenden Landesmittelzuweisungen mehr eigene Einnahmen generieren. "Ebenso wichtig und zukunftsweisend war die Etablierung der Interkommunalen Zusammenarbeit mit unseren Nachbargemeinden."

Wir für Radeberg: "Ich finde es gut und absolut prioritär, dass wir nun beim Thema Schule als Stadt richtig Gas geben, sei es über wichtige und intensive Beratungsgespräche mit dem Fördermittelgeber oder aber mit den Verkehrshelfern und Schülerlotsen an Straßenverkehrsschwerpunkten", sagt Fraktionsvorsitzender Ronny König.

Auch die kommunale Arbeitsgemeinschaft "Aktionsraum Rödertal" sei daher ein wichtiger Schritt. Außerdem sei er sehr gespannt auf das Ergebnis des Fördermittelantrages zur Hüttermühle.

AfD: "Die Grundschule Süd, wobei im Interesse dieses Hauptprojektes andere Maßnahmen gestrichen wurden und an anderer Stelle gespart werden muss", sagt Fraktionsvorsitzender Jürgen Kindermann.

Grüne/SPD: "Es ist bitter, aber unser größtes Problem sind die Finanzen", sagt Fraktionsvorsitzender Ulrich Hensel. "Deshalb war die Aufstellung des Haushaltes besonders wichtig und schwierig." Hoffnung mache der offizielle Beginn der Zusammenarbeit zwischen den vier Kommunen im Rödertal.

"Eine sehr traurige Entscheidung war die Entfernung der weiblichen Anredeformen aus der Geschäftsordnung und der Hauptsatzung. Jetzt werden Radebergerinnen lediglich 'mitgenannt'". Dabei würden mehr Frauen gebraucht, die sich in den Ortschaften und im Stadtrat engagieren wollen und können.

Freie Wähler: "Die Verabschiedung des Haushalts 2023/2024", sagt Fraktionsvorsitzender Detlev Dauphin. Ebenso wichtig sei die Entscheidung für die Grundschule Süd und gegen den Schulcampus in Liegau-Augustusbad gewesen.

CDU-Fraktionsvorsitzender Frank-Peter Wieth fordert ein besseres Prozessmanagement.
CDU-Fraktionsvorsitzender Frank-Peter Wieth fordert ein besseres Prozessmanagement. © Sven Ellger
Ronny König, Fraktionsvorsitzender von Wir für Radeberg,  nimmt im Stadtrat eine Aufbruchstimmung wahr.
Ronny König, Fraktionsvorsitzender von Wir für Radeberg, nimmt im Stadtrat eine Aufbruchstimmung wahr. © René Meinig
Jürgen Kindermann (Zweiter von links) führt die AfD-Fraktion an. Er nennt die Grundschule Süd als wichtigste Entscheidung des Jahres.
Jürgen Kindermann (Zweiter von links) führt die AfD-Fraktion an. Er nennt die Grundschule Süd als wichtigste Entscheidung des Jahres. © Steffen Unger
Ulrich Hensel ist der Chef der Grüne/SPD-Fraktion, er kritisiert unter anderem die Entscheidung, dass in der Hauptsatzung nicht mehr gegendert wird.
Ulrich Hensel ist der Chef der Grüne/SPD-Fraktion, er kritisiert unter anderem die Entscheidung, dass in der Hauptsatzung nicht mehr gegendert wird. © René Meinig
Freie-Wähler-Chef Detlev Dauphin fordert die zügige Überarbeitung des Flächennutzungsplans.
Freie-Wähler-Chef Detlev Dauphin fordert die zügige Überarbeitung des Flächennutzungsplans. © René Meinig

Wo gibt es Verbesserungspotenzial?

CDU: "Naturgemäß ist die neue Aufgabe für den OB eine große Herausforderung", sagt Wieth. Viele unterschiedliche Problemstellungen seien in kurzer Zeit auf den Tisch gekommen. "Er hat diese aber mit viel Energie und Lösungswillen angefasst und nicht unter den Teppich gekehrt."

Künftig solle jedoch dem Prozessmanagement mehr Raum gegeben werden. Das erhöhe beispielsweise die Effektivität der Sitzungen des Stadtrates.

Wir für Radeberg: "Ein echtes Scheitern oder erste grobe Schnitzer konnte OB Höhme bisher gut umschiffen", sagt König. "Einige gute und notwendige Schritte sind gemacht, deren Ergebnisse noch ausstehen."

AfD: "Der OB möchte den Fehler vermeiden, jeden Redebeitrag eines Stadtrates zu kommentieren und 'einzuordnen'", sagt Kindermann. "Es soll auch jeder zu Wort kommen. Das war vorher nicht immer so. Dabei wird aus unserer Sicht etwas übers Ziel hinausgeschossen."

Grüne/SPD: "Es gab einige Themen, wie zum Beispiel die Entscheidung über den Schulcampus in Liegau-Augustusbad, da wurden die Ortschaftsräte schlecht informiert und nicht frühzeitig genug mit einbezogen", kritisiert Hensel. Auch die Arbeitsgemeinschaften seien nur schleppend angelaufen und die Kommunikation über die Ergebnisse der AGs könne verbessert werden.

Initiativen engagierter Radeberger wie das "Forum Stadtentwicklung Radeberg" hätten eine große Resonanz gehabt, "wurden aber von der Verwaltung nicht aufgegriffen oder unterstützt. Da gibt es noch Luft nach oben, um wirklich dem 'Gemeinsam'- Motto aus dem Wahlkampf Leben einzuhauchen".

Freie Wähler: "Der seit Jahren überfällige Flächennutzungsplan ist noch nicht auf den Weg gebracht", kritisiert Dauphin. "Viele Bürger mit Bauvoranfragen werden vertröstet, da der Plan noch nicht überarbeitet vorliegt." Ohne rechtskräftigen Flächennutzungsplan sei die weitere Entwicklung von Radeberg und den Ortsteilen lahmgelegt.

Viele Ideen des Wahlkampfes seien noch umzusetzen. "Die rechtzeitige Information und Diskussion von Problemen im Stadtrat könnte weiter verbessert werden."

Wie bewerten Sie die Arbeit zwischen Stadtrat und Stadtverwaltung?

CDU: "Die Zusammenarbeit ist deutlich enger geworden", sagt Frank-Peter Wieth. "Die neue Aufgabe als Oberbürgermeister hat ihn vor ungeahnte Herausforderungen gestellt." Von daher nutze er und die Stadtverwaltung das jeweilige Wissen und Können sowie die Netzwerke der Stadtratsmitglieder intensiv und teile damit auch die Verantwortung zum Wohl der Stadt.

Wir für Radeberg: "Ich erlebe unsere Zusammenarbeit angenehm entspannt, offen und konstruktiv", sagt Ronny König. Gut gefalle ihm vor allem, wie Stadtverwaltung und Stadtrat auf Augenhöhe im gegenseitigen Austausch seien.

AfD: "Wir erkennen die Bemühung, Informationen für unsere fundierte Entscheidung rechtzeitig und besonders ausführlich zukommen zu lassen", sagt Jürgen Kindermann. "Wir haben nicht mehr das Gefühl, dass über unsere Köpfe entschieden werden soll."

Grüne/SPD: "Die Zusammenarbeit ist viel intensiver und offener geworden", sagt Ulrich Hensel. "Wir wollen das Beste für Radeberg erreichen und da wollten wir Frank Höhme und die Verwaltung von Anfang an besonders unterstützen." Ausgesprochen positiv sei die sehr gut vorbereitete Arbeit am Haushalt und zum Thema Gewerbesteuer und Grundsteuer gewesen. "Auch die neue Chefin im Ordnungsamt, Frau Thümer, bringt viel frischen Wind und Offenheit in die Arbeit ein."

Freie Wähler: "Die Zusammenarbeit ist lebhafter und diskussionsreicher", sagt Detlev Dauphin. "OB Höhme bemüht sich, die Amtsleiter in die Klärung und Informationen von Themen mit einzubeziehen."

Wurden die von OB Höhme beschriebenen "Gräben des Wahlkampfs" geschlossen?

CDU: "Wir haben von Anfang an eng und konstruktiv mit dem OB zusammengearbeitet", sagt Wieth. Für die CDU gehe es immer um das Wohl der Radeberger Bürger. "In meiner Funktion als Fraktionsvorsitzender und als Ortsvorsteher arbeite ich eng und vertrauensvoll mit dem OB zusammen."

Wir für Radeberg: "Im Allgemeinen kann man das so feststellen", meint König. OB Höhme lege nach wie vor Wert darauf, dass sich die Geschicke der Stadt nur gemeinsam zum Guten lenken lassen, "was er im entscheidenden Moment gern auch ausspricht". Vorgelebt werde es durch ihn allemal.

AfD: "Das muss im Wesentlichen Herr Höhme gefragt werden", meint Kindermann. Wenn der AfD gegenüber unsachlich und ideologisch argumentiert worden sei, "so konnte man das nach einer entsprechenden Antwort in der Regel abhaken".

Grüne/SPD: "Welche Gräben?", fragt Hensel. Natürlich habe es vor einem Jahr und auch heute unterschiedliche Auffassungen darüber gegeben, was gut für Radeberg sei. Das sollte in der Demokratie auch so sein. "Wir bei der Fraktion Grüne/SPD versuchen immer, die Interessen unserer Wählerinnen und Wähler in die Entscheidungen einzubringen." Auf der persönlichen Ebene herrschten Achtung und gegenseitiger Respekt.

Freie Wähler: "Meiner Meinung nach hat es beim Wahlkampf und danach keine Gräben gegeben", sagt Dauphin. Bis heute erfolge die kommunalpolitische Arbeit der Stadträte im Interesse und zum Wohl der Radeberger Bürger.

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