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Dynamos vergeblicher Kampf in Heidenheim

Die Dresdner geraten früh in Rückstand, gleichen kurz nach der Pause aus. Doch am Ende verlieren sie mit 1:2. Wie es dazu kam - die erste Analyse mit Reaktionen.

Von Sven Geisler & Jens Maßlich
 7 Min.
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Christoph Daferner hadert nach einer der wenigen Möglichkeiten für Dynamo. Der Torjäger konnte sich diesmal nicht so wie erhofft in Szene setzen.
Christoph Daferner hadert nach einer der wenigen Möglichkeiten für Dynamo. Der Torjäger konnte sich diesmal nicht so wie erhofft in Szene setzen. © dpa/Stefan Puchner

Heidenheim. Es ist das, was man eine Abwehrschlacht nennt. Die Dresdner werfen sich in jeden Ball, blocken die Schüsse. Aber der Druck ist enorm. In der ersten Minute der Nachspielzeit halten sie dem nicht mehr stand, kassieren das 1:2 in Heidenheim. Für Dynamo ist es die zweite Niederlage in der zweiten Liga in Folge, unglücklich zweifellos, andererseits nicht unverdient.

Die erste Analyse mit den fünf wichtigsten Fragen und Antworten:

Warum hat es nicht zum Punktgewinn gereicht?

Nach dem frühen Rückstand müssen sich die Dresdner schütteln, kommen besser in die Zweikämpfe, aber bis zur Pause nicht wirklich ins Spiel. Das Wichtigste bis dahin: Sie halten dagegen und das Ergebnis offen. Mit dem Seiten- und vor allem durch die beiden Spielerwechsel stürmt dann Dynamo in Richtung der gut 700 eigenen Fans unter den 6.342 Zuschauern.

So lief Dynamos Spiel in Heidenheim - hier ausführlich im Liveticker zum Nachlesen.

Schmidt gestikuliert beim Konter: Rausrücken! Und Chris Löwe rückt mit nach, der Linksverteidiger kommt zum Schuss mit seinem schwächeren rechten Fuß. Innenpfosten, drin. "Wir haben diese Woche solche Situationen trainiert, auch mit dem schwachen Bein abzuschließen", erzählt er, um schließlich festzustellen: "Am Ende bringt mir das heute relativ wenig."

Es ist jetzt ein offener Schlagabtausch, langweiliges Ballgeschiebe ist nicht das Ding dieser beiden Mannschaften. Sie setzen auf Attacke. Das sieht phasenweise wild aus, macht es aber auch besonders spannend, weil jederzeit in jede Richtung etwas passieren kann. Den 25-Meter-Freistoß von Tobias Mohr pariert Kevin Broll im Dresdner Tor (60.) genauso wie den Kopfball von Tim Kleindienst (68.), der von Robert Leipertz geht knapp vorbei (74.).

Wie sich die Bilder gleichen, nur streckt sich beim zwischenzeitlichen Ausgleich der Heidenheimer Torwart umsonst. Der Rechtsschuss von Linksbeiner Chris Löwe passt genau.
Wie sich die Bilder gleichen, nur streckt sich beim zwischenzeitlichen Ausgleich der Heidenheimer Torwart umsonst. Der Rechtsschuss von Linksbeiner Chris Löwe passt genau. © dpa

Heidenheim hat ein Chancen-Plus. Es ist ein Kampfspiel, der eingewechselte Antonis Aidonis, am Mittwoch noch im Future-Team eingesetzt, zieht sich eine Platzwunde zu, spielt mit blauem Turban weiter. Verteidigen ist jetzt erste Dynamo-Pflicht. Broll steht richtig, pariert gegen Oliver Hüsing (80.). Der Druck ist enorm, eine Ecke nach der anderen, keine Gelegenheit für Entlastung. "Es war einfach die Wucht von Heidenheim", erklärte Schmidt danach. "Wir haben zu viele Flanken zugelassen, dann fällt auch mal einem der Ball vor die Füße - und Leipertz hat einen guten Schuss."

So fällt das 2:1 für die Gastgeber in der dritten Minute der Nachspielzeit. Für Dynamo unglücklich, für Heidenheim trotzdem nicht unverdient.

Was sagen Spieler und Verantwortliche zur Niederlage?

"Das war ein ordentliche, intensives Spiel beiden Mannschaften", meint Dynamos Chefcoach Alexander Schmidt. "Heidenheim war in der Anfangsphase sofort da, ist früh in Führung gegangen. Das war natürlich ein Nackenschlag für uns, dass wir so schnell aus Konzept gebracht wurden." Nach dem Ausgleich habe er jedoch das Gefühl gehabt, dass es sich drehen könnte. "Die Mannschaft hat alles versucht, alles rausgeblasen. Aber natürlich müssen wir uns in verschiedenen Situationen cleverer anstellen."

Damit meint er auch die Szene, die zum 0:1 führte. "Wir gehen durch einen individuellen Fehler von mir in Rückstand", räumt Sebastian Mai ein. Der Kapitän spielt den entscheidenden Fehlpass. "Ich habe zu spät gehört, dass ich Zeit habe." Danach sei die Mannschaft gut in die Partie gekommen, habe sich ab der 75. Minute aber "ein bisschen hinten einigeln lassen". Und so rutscht tatsächlich noch dieser eine Ball durch.

"Das ist natürlich bitter", meint Torschütze Löwe, aber: "Wir haben alles, was wir hatten, auf dem Platz gelassen. Das stimmt uns zuversichtlich, denn heute war es unglücklich und wir hätten einen Punkt verdient gehabt. Wenn wir weiter so arbeiten, werden wir wieder Spiele gewinnen."

Auch der Sportgeschäftsführer will nach der zweiten Niederlage in Folge keine Grundsatzdebatte. "Am Ende ist der Druck sehr groß geworden. Dann ist es klar, dass auch ein Tor fallen kann", sagt Ralf Becker. "Wenn du nur zusehen und Daumen drücken kannst, ist das schon hart. Die Jungs haben alles rausgehauen." Grundsätzlich ändere sich auch nach der zweiten Niederlage in Folge nichts. "Wir wissen, dass jedes Spiel eng wird und wir eine harte Saison vor uns haben", erklärt Becker - und kündigt an: "Wir werden uns schütteln, analysieren und dann geht es nächste Woche weiter." Dynamo spielt erneut auswärts bei Darmstadt 98.

Warum ist Dynamo so früh in Rückstand geraten?

Bereits in der fünften Minute geschieht das, was die Dresdner unbedingt vermeiden wollten. "Wir sollten nicht in Rückstand geraten, weil sie erst drei Gegentore bekommen haben", meinte Schmidt vorher - und forderte, solche Fehler wie gegen Paderborn zu vermeiden. "Das darf uns nicht passieren auf dem Niveau." Doch dann spielt Sebastian Mai einen Querpass viel zu kurz, Mohr fängt den Ball ab und verwandelt zur Führung für Heidenheim, der Angstgegner hat zugeschlagen.

Schon in der Anfangsphase gerät Dynamo in Rückstand - nach einem Fehlpass von Kapitän Sebastian Mai. Den Schuss von Tobias Mohr kann er danach nicht mehr abblocken, Torwart Kevin Broll ist machtlos.
Schon in der Anfangsphase gerät Dynamo in Rückstand - nach einem Fehlpass von Kapitän Sebastian Mai. Den Schuss von Tobias Mohr kann er danach nicht mehr abblocken, Torwart Kevin Broll ist machtlos. © dpa

Die ist zu diesem frühen Zeitpunkt bereits verdient, denn zuvor hatten die Dresdner Glück und ihren Torwart. Denis Thomalla trifft die Latte, den Nachschuss von Maurice Malone lenkt Broll zur Ecke. Dynamo scheint vom Blitzstart der Gastgeber überrascht zu sein und sucht die Ordnung. Trainer Alexander Schmidt reagiert, ändert das taktische System in der Defensive von Dreier- auf Viererkette.

Offensiv kommen die Schwarz-Gelben nicht wirklich durch, für den ersten wirklich gefährlichen Abschluss sorgt Julius Kade in der 18. Minute mit seinem Schuss, der knapp vorbei geht. Morris Schröter zwingt FCH-Keeper Kevin Müller mit einem Kopfball zur ersten Parade (31.).

Beinahe hätten sie auch noch die zweite Warnung des Trainers unfreiwillig ignoriert. Für Heidenheims Kleindienst, von dem er viel halte, "läuft noch nicht so gut", sagte der Chefcoach. "Wir wollen nicht der Aufbaugegner sein." Dafür hatte der Stürmer bei seinem Hechtkopfball nach einer halben Stunde jedoch zu viel Platz - knapp vorbei.

Wie hat der Trainer auf das 0:1 zur Pause reagiert?

Mit zwei neuen Offensivkräften: Panagiotis Vlachodimos für Morris Schröter und Philipp Hosiner für Heinz Mörschel. Es gehört zu Schmidts Prinzipien, nicht abzuwarten, ob etwas passiert, sondern zu reagieren, wenn es nicht läuft. Und es dauert nur fünf Minuten bis zur ersten Chance durch einen Joker, der Schuss von Vlachodimos geht knapp vorbei.

Wie hatte der Trainer die Mannschaft aufgestellt?

Schmidt ist sowieso der Wechsel-König. Bereits sechs Mal war in dieser Saison ein eingewechselter Spieler an einem Tor beteiligt, Vlachodimos dabei gleich dreimal: mit dem Treffer zum 2:1 in Rostock und der Vorbereitung zum 2:0 von Christoph Daferner gegen Ingolstadt. Zudem leitete der Deutsch-Grieche auch das Siegtor im DFB-Pokal gegen Paderborn ein.

"Pana ist ein Typ, der kommt rein und braucht keine Anlaufzeit, bei dem weiß man, der hat die Qualität", erklärte der Trainer bereits vor dem Spiel in Heidenheim - und deutete damit an, dass er sich Vlachodimos als Trumpf in der Hinterhand behalten möchte. Und so blieb er diesmal wieder auf der Bank, Dynamo begann mit der Elf, die beim 0:3 gegen Paderborn in der zweiten Halbzeit ordentlich funktioniert hatte, also mit Kapitän Mai in der Innenverteidigung.

Für den 27-Jährigen die Premiere in der zweiten Liga. "Das erste Spiel war etwas Besonderes, aber daran denkst du nicht, sondern bist fokussiert auf die Dinge, die du dir vorgenommen hast und was das Trainerteam fordert", meinte er.

Mai rückte ins Zentrum einer Abwehr-Dreierkette mit Michael Sollbauer rechts und Chris Löwe links. Bevor sich die Formation gefunden hatte, stand es 0:1 - nach dem Fehler von Mai. Nach gut einer Viertelstunde änderte Schmidt das System.