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Viele Fragezeichen um die deutschen Biathleten

Vier Wochen vor den Olympischen Winterspielen zeigt sich: In Peking haben die Biathleten kaum Medaillenchancen. Das liegt auch an Denise Herrmann.

Von Daniel Klein
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Enttäuschung und Frust: Denise Herrmann landete nach acht Schießfehlern im Verfolgungsrennen nur auf Platz 41. Von der Olympia-Form ist sie noch weit entfernt.
Enttäuschung und Frust: Denise Herrmann landete nach acht Schießfehlern im Verfolgungsrennen nur auf Platz 41. Von der Olympia-Form ist sie noch weit entfernt. © dpa(Hendrik Schmidt

Oberhof. Sechs Rennen, sechs Möglichkeiten – aber aufs Podium schaffte es in Oberhof kein deutscher Biathlet. Der erste der beiden Heim-Weltcups ist vorbei, nun geht es weiter nach Ruhpolding. Der Saisonhöhepunkt, die Olympischen Winterspiele in Peking, beginnt bereits in vier Wochen. Zeit für eine Bestandsaufnahme: Wer wird in China eigentlich dabei sein? Und wie stehen die Chancen der Sachsen? Die Antworten auf die wichtigsten Fragen:

Sind die deutschen Biathleten bereits in Olympia-Form?

Nein. Auch in Oberhof gab es zwar einige gute Ergebnisse wie die Top-10-Platzierungen von Johannes Kühn, Roman Rees und Erik Lesser, doch insgesamt laufen die deutschen Skijäger der Weltspitze weiterhin hinter. Für Chef-Bundestrainer Mark Kirchner ist dies keine Überraschung. „Wir haben einen Generationenwechsel eingeleitet, und dieser Prozess ist noch nicht abgeschlossen“, erklärte er mit Blick auf die Rücktritte von Arnd Peiffer und Simon Schempp. „Das Potenzial ist vorhanden, aber es fehlt an Kontinuität. Deshalb gibt es diese ständigen Aufs und Abs. Daran wird sich in dieser Saison nicht mehr viel ändern“, prognostiziert er. Was vor allem fehlt, sind Siegläufer. Bei den Norwegern und Franzosen gibt es gleich mehrere, nicht nur Marte Olsbu Roiseland und Emilien Jacquelin. „Wir haben zurzeit keinen kompletten Athleten in unseren Reihen, der konstant in beiden Teildisziplinen gute Leistungen bringt“, so Kirchner.

Die Aussichten, dass sich daran bald etwas ändert, sind gering. Bei den Männern ist Johannes Kühn im Gesamtweltcup derzeit der beste Deutsche. In dieser Saison feierte er seinen ersten Weltcupsieg – mit 30 Jahren. Vanessa Voigt ist bei den Frauen hinter Denise Herrmann die Nummer zwei und so etwas wie die Entdeckung der Saison. Allerdings ist die Thüringerin auch schon 24. In diesem Alter hatte Magdalena Neuner ihren Rücktritt angekündigt.

Wer wird für die Spiele in Peking nominiert?

Die Frist endet erst nach dem Weltcup in Ruhpolding. Die geforderte Norm erfüllt haben bisher bei den Männern Erik Lesser, Johannes Kühn, Roman Rees, Philipp Nawrath und Benedikt Doll sowie bei den Frauen Denise Herrmann, Franziska Preuß, Vanessa Hinz und Vanessa Voigt. Wahrscheinlich fliegen jeweils fünf nach Peking, selbst wenn bei den Frauen niemand mehr die Qualifikationskriterien unterbieten sollte. Eine Ersatz-Athletin für die Staffel wird der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) auf jeden Fall genehmigen.

Wie stehen die Chancen der sächsischen Athleten?

Denise Herrmann hat die gesamte Saisonplanung auf den Höhepunkt ausgerichtet, die Weltcups vor den Spielen sind für die 33-Jährige Teil der Vorbereitung. Allerdings zeigt die Formkurve bei ihr nach unten. In Oberhof belegte sie die Plätze 26 im Sprint und 41 in der Verfolgung. Was noch schwerer wiegt: Bei den Laufzeiten, die sie einst dominierte, hinkt sie hinterher – auch den eigenen Erwartungen. 28 und 35 Sekunden war sie in Oberhof langsamer als die jeweils Schnellste. „Ich hatte gehofft, dass ich da schon ein bisschen näher dran bin. Für solche Platzierungen bin ich nicht hierher gefahren. Ich weiß, dass ich es besser kann und hoffe, dass der Flow Richtung Peking langsam kommt“, sagte die ehemalige Skilangläuferin. „Aber die Grundkonstellation passt weiterhin.“

Justus Strelow, Sachsens bester Biathlet, hatte vor der Saison erklärt, dass ein Olympiastart ein Traum wäre. Der bleibt es wohl. Zwar hatte der 25-Jährige beim ersten Weltcup-Rennen der Saison in Östersund mit Platz 13 die halbe Norm erfüllt, ein weiteres Ergebnis unter den Top 15 fehlt allerdings – weil er nach der ersten Station in den IBU-Cup zurückgestuft wurde. Dabei bleibt es auch, für den Weltcup in Ruhpolding wurde er nicht nominiert.

Kommen die Strecken in Peking den Deutschen entgegen?

Das lässt sich schwer sagen, weil sie für alle Sportler unbekannt sind. Der Olympia-Test fiel im vorigen Winter wegen Corona aus. Kürzlich war Sportdirektor Markus Eisenbichler mit einigen Skitechnikern dort, um die Anlagen und und vor allem die Schneebeschaffenheit zu testen. „Sie haben Aufnahmen von den Strecken gemacht, die wir jetzt auf 3D-Brillen überspielen“, erklärte Kirchner. „So können sich die Athleten die Profile schon mal anschauen.“ Laut Eisenbichler waren „nur wenige Nationen drüben. Ich hoffe, dadurch haben wir einen Vorteil.“ Mit gutem Material lassen sich aber nicht alle Defizite ausgleichen.