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Solarfabrikant Meyer Burger investiert erst mal in USA statt in Ostdeutschland

Locken die USA die Produktion von Solartechnik aus Ostdeutschland in die USA? Meyer Burger mit Fabriken in Freiberg und Bitterfeld investiert jedenfalls erst mal in Übersee.

Von Georg Moeritz
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Gunter Erfurt will solche Solarzellen künftig auch in den USA produzieren. Der Ausbau von Meyer Burger in Bitterfeld muss dafür warten.
Gunter Erfurt will solche Solarzellen künftig auch in den USA produzieren. Der Ausbau von Meyer Burger in Bitterfeld muss dafür warten. © Archivfoto: Arvid Müller

Freiberg. Wo lohnt sich die Produktion von Fotovoltaik-Technik mehr: in den USA oder in Deutschland? Der Konzern Meyer Burger mit Sitz in der Schweiz und Fabriken in Sachsen und Sachsen-Anhalt hat am Montag jedenfalls angekündigt, die schon angekündigte Erweiterung seiner Fabrik in Bitterfeld-Thalheim in Sachsen-Anhalt zu verschieben. Die Produktionsmaschinen würden in die USA umgeleitet. Vorstandschef Gunter Erfurt nannte mehrere Gründe für die Entscheidung.

Erfurt sagte, in einer neuen Fabrik für Solarzellen in Colorado Springs im US-Bundesstaat Colorado werde die Meyer Burger Technology AG mehr als 350 Arbeitsplätze schaffen. Später sei dann auch ein Ausbau in Bitterfeld geplant, im Rahmen der "erfolgreichen Bewerbung für den EU-Innovationsfonds". Vor wenigen Tagen hat die Europäische Union dem Konzern 200 Millionen Euro Fördergeld zugesagt. Meyer Burger hatte das Geld beantragt, um damit neue Produktionsanlagen in Deutschland und "voraussichtlich in Spanien" aufzubauen.

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Doch nun bevorzugt Meyer Burger erst einmal die USA. Erfurt sagte, dort habe der Konzern die Möglichkeit, vom Produktionsbeginn im Jahr 2024 bis Ende 2032 Steuergutschriften im Wert von bis zu 1,4 Milliarden Dollar zu erhalten. Außerdem erhalte Meyer Burger "ein Finanzpaket" von 90 Millionen Dollar von der Stadt Colorado Springs und dem US-Bundesstaat Colorado.

Wie früher Solarworld: Klage über Konkurrenz aus China

Die neue Fabrik in Colorado soll Solarzellen herstellen. Die blauen Rechtecke aus Silizium werden dann in einer anderen Fabrik des Konzerns in Goodyear im US-Staat Arizona zu Solarmodulen verbunden. Für Goodyear hatte Erfurt im Jahr 2021 angekündigt, dort 2022 die Produktion mit 250 Beschäftigten zu beginnen und bei voller Auslastung der Anlagen auf 500 Arbeitsplätze zu wachsen. Meyer-Burger hat dort einen Neubau gemietet.

Ähnlich arbeitet Meyer Burger in Deutschland: Der Konzern produziert Solarzellen in Bitterfeld-Thalheim, sie werden dann in der Fabrik in Freiberg in Sachsen auf Glasscheiben zu Modulen verbunden, gerahmt und mit Kabeln versehen. Das Fabrikgebäude in Freiberg hat Meyer Burger vom insolventen Unternehmen Solarworld aus derselben Branche übernommen. Für den Produktionsstart in Colorado sicherte sich der Konzern nun eine ehemalige Halbleiterfabrik.

Ebenso wie früher Solarworld-Chef Frank Asbeck beklagt Gunter Erfurt nun Preisdruck durch "das chinesische Überangebot" auf dem Solarmarkt. China dominiert die Produktion von Solartechnik, auch der Dresdner Hersteller Solarwatt lässt einen Teil seiner Fotovoltaik-Module dort fertigen. Meyer Burger teilte mit, die Preise für Siliziumscheiben (Wafer) seien erheblich gesunken. Das drücke den Gewinn des Konzerns. Im ersten Halbjahr habe Meyer Burger nach vorläufiger Berechnung 42 Millionen Schweizer Franken Verlust (Ebitda) gemacht. Eine neue Gewinnprognose für dieses Jahr wollte der Vorstand nicht veröffentlichen.

Vorstandsmitglied verlässt Konzern Meyer Burger

Der Konzern teilte zugleich mit, dass Finanzchef Moritz Borgmann den Konzern Meyer Burger aus persönlichen Gründen verlasse. Vorstandschef Erfurt übernehme von ihm die Verantwortung für die kommerziellen Aktivitäten in Europa, Operating-Vorstand Daniel Menzel für die USA. Verwaltungsratspräsident Franz Richter äußerte Bedauern über Borgmanns Ausscheiden und bescheinigte ihm unermüdliches Engagement.

Meyer Burger beschäftigt insgesamt 1.200 Menschen, vor allem in Deutschland. Dazu gehört auch der Anlagenbau in Hohenstein-Ernstthal, der vom früheren Unternehmen Roth & Rau übernommen wurde. Mit den Anlagen werden die eigenen Solarfabriken ausgestattet. Im ersten Halbjahr produzierte Meyer Burger Solartechnik im Volumen von 300 Megawatt - damit ist die Stromproduktion gemeint, die mit diesen Fotovoltaik-Anlagen in einem Jahr bei guter Witterung möglich ist. Derzeit wird die jährliche Kapazität der Produktion in Freiberg auf 1,4 Gigawatt ausgebaut, heißt es auf der Internetseite von Meyer Burger. 2026 könne die Jahreskapazität "bis zu" sieben Gigawatt betragen.

Konzern stellt Bedingungen für Ausbau in Bitterfeld

Das neue Werk in Colorado soll zunächst eine Jahreskapazität von zwei Gigawatt haben, also 2.000 Megawatt. Der geplante Ausbau später in Bitterfeld-Thalheim liege im "Multi-Gigawatt-Bereich", teilte Meyer Burger mit. Allerdings seien Voraussetzung für solche Investitionen "günstige Marktbedingungen und sichere, faire Wettbewerbsbedingungen für europäische Solarhersteller in der EU".

Die Europäische Union steht im Wettbewerb von allem mit China und den USA, vor allem wenn es um Mikroelektronik und Solartechnik geht. USA und EU haben jüngst Milliardenförderprogramme für die Mikroelektronik geschrieben, um einen Teil der Welt-Chipproduktion aus Asien in ihre Staaten umzulenken. Zudem fördern die USA mit dem Inflation Reduction Act die Industrie. Meyer Burger teilte mit, neue Richtlinien des US-Finanzministeriums für einheimische Produktion machten zusätzlich zehn Prozent Bonus auf eine Steuergutschrift für Solarprojekte in den USA möglich. Außerdem ließen sich durch die Präsenz in den USA manche Kunden besser erreichen. Erfurt nannte als Abnahmepartner DESRI, Ingka und Baywa.

Konzernchef Erfurt hatte im April im einem Interview mit sächsische.de beklagt, die Zukunftsbranche Solartechnik werde industriepolitisch anderen Regionen überlassen. Darin sagte er: "Wir glauben, dass die gesamte europäische Solarindustrie, also nicht nur der deutsche Teil, eine Anschubfinanzierung von 10 bis 15 Milliarden Euro braucht."

Später wies er mit einem Brief an Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) und in einem Interview darauf hin, anderswo höhere Subventionen zu bekommen als hier: "Europa hingegen tut bislang gar nichts, um diese Industrie wirklich zu befördern." Sachsens Energieminister Wolfram Günther (Grüne) hatte im Januar eine Partnerschaft unter anderem mit Andalusien in Südspanien verkündet, um europäische Unterstützung für den Aufbau der Solarindustrie zu bekommen. Die Solarenergiestrategie der Europäischen Union (EU) sieht laut Günther vor, die jährliche Produktion von Fotovoltaik-Technik bis 2025 auf mehr als 320 Gigawatt und bis 2030 auf 600 Gigawatt auszubauen.