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Die Zittauer Wohnbau will weiter sanieren und abreißen

Die WBG plant dieses Jahr wieder Millionen Euro in die Hand zu nehmen. Allerdings stagnieren auch Vorhaben. Und die Nebenkosten für Mieter steigen enorm.

Von Thomas Christmann
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Im sanierten Treppenaufgang vom "Dreyzehner Haus": die WBG-Hausmeister Thomas Reimann (o.) und Sven Skoracki, Mitarbeiterin Nadine Bauereiß (2.v.o.) und Geschäftsführerin Uta-Sylke Standke (u.) sowie Hausdame Katrin Schubert (2.v.u.).
Im sanierten Treppenaufgang vom "Dreyzehner Haus": die WBG-Hausmeister Thomas Reimann (o.) und Sven Skoracki, Mitarbeiterin Nadine Bauereiß (2.v.o.) und Geschäftsführerin Uta-Sylke Standke (u.) sowie Hausdame Katrin Schubert (2.v.u.). © Matthias Weber/photoweber.de

Der historische Treppenaufgang im "Zum Dreyzehner Haus" an der Dornspachstraße 9 in Zittau kommt jetzt wieder zur Geltung. Die Hausmeister haben die Wände, Geländer und Stufen in dem denkmalgeschützten Gebäude seit Ende Oktober vorigen Jahres gestrichen, die alten Fliesen gesäubert, auch den Keller hergerichtet. Kosten: circa 30.000 Euro. "Die Bewohner sind glücklich, war doch alles abgenutzt", sagt Katrin Schubert, die "Kümmerin" im Haus. Das Objekt ist neben der Bautzner Straße 6/Kirchstraße 1 "Zur alten Post" und Brunnenstraße 1/3 "Zum Marsbrunnen" eines von drei Anlagen der Wohnbaugesellschaft Zittau (WBG), in dem der städtische Großvermieter Betreutes Wohnen anbietet.

Und das Konzept läuft erfolgreich. Die 109 Wohnungen sind nahezu vermietet. Nur eine der 21 im "Zum Dreyzehner Haus" ist beispielsweise derzeit frei, aber schon ab März wieder vergeben. Sobald jemand auszieht, werden die Räume schick gemacht. "Hier gibt es keinen Leerstand", sagt WBG-Geschäftsführerin Uta-Sylke Standke.

Gemeinsam etwas verändern, sozial unterwegs sein - davon ist auch das vorige Jahr bei der städtischen Gesellschaft geprägt gewesen. Ein wesentlicher Grund: der Krieg in der Ukraine. Im März war Zittau die erste Stadt in Sachsen, die Flüchtlinge aus dem Land aufnahm. Innerhalb weniger Tage stellte die WBG die Häuser am Heinrich-Heine-Platz 1/3/5 sowie die Böhmische Straße 41 als Flüchtlingsunterkünfte bereit - insgesamt 34 Wohnungen. "In Windeseile hergerichtet", berichtet die Geschäftsführerin und spricht von 35.000 bis 45.000 Euro nur an Materialkosten. Aber da hätte niemand diskutiert, sondern jeder mitgetan. Sozial geprägt war auch das weitere Verschönern des Sitzes der Oberlausitzer Tafel in der Görlitzer Straße 24. Dort ließ die WBG die Fassade neu gestalten, das Dach ausbessern, Balkone sanieren und neue Elektroanlagen einbauen. Nun fehlt noch ein neuer Zaun. Die städtische Gesellschaft trägt dabei einen erheblichen Teil der eigentlich notwendigen Mieteinnahmen als Spende für die Tafel.

Fertig geworden sind 2022 zudem die "Familiennester" in der Friedrich-Haupt-Straße 10 für 560.000 Euro. Dort entstanden Drei- und Vier-Raum-Wohnungen mit Balkonen, allesamt vermietet. Den Ausbau des Dachgeschosses hat sich die WBG noch "aufgehoben" - wegen der gestiegenen Baukosten. Auf Eis liegen deshalb und aufgrund der Vorgaben für energetische Sanierungen auch andere Vorhaben.

Eigenheimstandort ohne Entwicklung

So wollte die städtische Gesellschaft das leerstehende Haus Jahnstraße 3/5 in Zittau angehen. Das hätte sie rund 1,5 Millionen Euro gekostet, Mietpreise von 12 bis 14 Euro wären die Folge gewesen. Ähnlich hoch fallen die Sanierungskosten des unbewohnten Gebäudes Gerhart-Hauptmann-Straße 64 aus. In dem Dreieck hat die städtische Gesellschaft zudem bereits 2021 begonnen, einen Eigenheimstandort zu entwickeln. Doch auch der stagniert: Nur drei der acht Parzellen sind verkauft. Gebaut hat bis heute niemand. "Derjenige braucht viel Geld", sagt Uta-Sylke Standke mit Blick auf Baupreise, Kreditzinsen und die allgemein unsichere Lage. Dass dort Gas anliege, mache die Sache noch komplizierter.

Das beziehen auch die meisten Mieter der WBG. Sie zahlen fürs Gas seit diesem Jahr nun die gesetzlich gedeckelten 12 Cent pro Kilowattstunde und damit im Schnitt das 2,7-fache mehr, bei Fernwärme gar das Dreifache. "Wir stellen uns für die Abrechnung 2022 auf viele Ratenzahl-Vereinbarungen ein", so die Geschäftsführerin. Auf alternative, effizientere Energiequellen umzuschwenken geht nicht immer wie gewollt. So hat die städtische Gesellschaft voriges Jahr in den Häusern der Verlängerten Eisenbahnstraße 77 bis 87 alle Heizungsanlagen im Wert von etwa 300.000 Euro erneuern lassen. "Wir wollten auch Fotovoltaik installieren, aber dafür sind die Dächer nicht geeignet", berichtet die Geschäftsführerin. Nach dem Gesetz ist der Vermieter verpflichtet, den Solarstrom der Allgemeinheit zur Verfügung zu stellen. So haben die Bewohner nichts davon. "Der Knoten muss zerschlagen werden", meint Uta-Sylke Standke. Vorher werde ihr Unternehmen nicht auf Fotovoltaik setzen.

Dafür weiter auf Abrisse. Das trifft dieses Jahr drei Gebäude an der Kantstraße, nachdem 2022 die ersten zwei gefallen waren. Die Mietverträge sind gekündigt, die Häuser stehen leer. "Wir haben alle Bewohner bei uns anderweitig unterbringen können", sagt die Geschäftsführerin. Sie begründet den geförderten Abriss unter anderem mit dem Zustand der Gebäude und dem Leerstand von Tausenden Wohnungen in Zittau. Im Fall der Kantstraße verschwinden 84 vom Markt. Das Vorhaben ist jedoch umstritten.

Der Abriss von WBG-Häusern an der Kantstraße in Zittau geht weiter. Die Maßnahme muss bis 31. Dezember 2023 abgeschlossen und aus den Grundstücken Grünflächen werden, die zehn Jahre bestehen bleiben.
Der Abriss von WBG-Häusern an der Kantstraße in Zittau geht weiter. Die Maßnahme muss bis 31. Dezember 2023 abgeschlossen und aus den Grundstücken Grünflächen werden, die zehn Jahre bestehen bleiben. ©  Matthias Weber (Archiv)

Bei der städtischen Gesellschaft mit fast 1.800 Wohnungen im eigenen Bestand liegt die Leerstandsquote bei 22 Prozent. Darunter befinden sich bereits die Häuser an der Kantstraße. Die machen 2,7 Prozent davon aus. Hinzu kommen Objekte, die nicht mehr vermietbar sind. "Die verkauft, abgerissen oder saniert werden sollen", so Uta Sylke-Standke und spricht dabei von weiteren 3,3 Prozent. Die Leerstands-Entwicklung ist dabei positiv: Abgesehen von Abrissen hat die WBG voriges Jahr mehr Mietverträge als Kündigungen erhalten. Die Differenz liegt bei 36.

Und für 2023 sind Investitionen von 1,27 Millionen Euro geplant. "Es geht um den Ankauf und die Sanierung von Objekten", sagt die Geschäftsführerin, ohne ins Detail zu gehen. Hinzu kommen 1,5 Millionen Euro für Instandhaltungen. Allen voran steht der Austausch von Heizanlagen. Zudem sollen 50 bis 60 Wohnungen auf Vordermann gebracht werden, was pro Einheit um die 30.000 Euro bedeutet.

Angesichts steigender Baupreise setzt die städtische Gesellschaft dabei immer mehr auf einen eigenen Handwerks-Trupp. War 2017 nur ein Hausmeister angestellt, hat sich die Zahl inzwischen auf sechs erhöht. Dieses Jahr soll ein weiterer eingestellt werden. "Das hilft Kosten sparen", so die Geschäftsführerin.