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Corona-Patienten füllen Dresdens Kliniken

Trotz Lockdown stecken sich weiter viele Rentner in Dresden an, 28 Pflegeheime sind derzeit betroffen. So ist die Corona-Lage in Dresdens Kliniken.

Von Julia Vollmer & Sandro Pohl-Rahrisch
 9 Min.
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Dresdens Krankenhäuser nehmen Tag für Tag Dutzende neue Corona-Patienten auf.
Dresdens Krankenhäuser nehmen Tag für Tag Dutzende neue Corona-Patienten auf. ©  dpa/Sebastian Gollnow (Symbolbild)

Dresden. Wer dachte, die zweite Corona-Welle hätte nach Weihnachten ihren Höhepunkt erreicht und ebbe nun wieder ab, wird dieser Tage enttäuscht. Nicht nur die Zahl der Neuinfektionen ist weiterhin hoch - 222 weitere Fälle hat das Gesundheitsamt am Dienstag gemeldet.

Dresdens Kliniken nehmen täglich auch Dutzende neuer Patienten auf - aus der Stadt, aber auch aus dem Umland. Manche schaffen es nicht. Neun weitere Corona-Todesopfer gab das Gesundheitsamt am Dienstag bekannt.

Wie lange schaffen das die Kliniken noch? Ist gar keine Trendwende in Sicht? Und wann werden wieder nicht lebenswichtige Eingriffe durchgeführt? Das ist die aktuelle Lage in Dresdens Krankenhäusern.

Werden immer noch so viele Menschen ins Krankenhaus eingewiesen wie vor Weihnachten?

Wenn überhaupt, so kann nur von einer minimalen Entspannung die Rede sein. In der ersten Januar-Woche sind 107 Dresdner Covid-19-Patienten stationär aufgenommen worden.

Zur Einordnung: In der Woche vor Weihnachten wurden 159 Corona-Erkrankte ins Krankenhaus eingewiesen, in der Feiertagswoche selbst waren es laut Gesundheitsamt 102, in der Woche um den Jahreswechsel 148. Somit ist Dresden aktuell zwar von neuen Patienten-Höchstständen entfernt. Eine Trendwende ist allerdings auch nicht erkennbar. Am Montag und Dienstag kamen insgesamt 40 neue Patienten dazu.

Woran liegt das?

Kontaktbeschränkungen, Mundschutz und Schnelltests in Alten- und Pflegeheimen scheinen bisher keinen durchschlagenden Effekt zu haben. Trotz aller Corona-Schutzmaßnahmen infizieren sich immer noch sehr viele ältere Dresdner, die bekanntermaßen ein besonders hohes Risiko tragen, schwer zu erkranken. Das zeigt eine SZ-Auswertung der Meldedaten, die vom Gesundheitsamt an das Robert-Koch-Institut übermittelt wurden.

Demnach erreichte die Zahl der Infektionen bei Dresdnern ab 70 Jahren in der Woche vom 14. bis zum 20. Dezember einen Höchststand. Bei insgesamt 517 Senioren in dieser Altersgruppe konnte der Erreger nachgewiesen werden. Zwar ist die Zahl der Neuinfizierten seither gesunken, allerdings nur leicht. In der Woche um den Jahreswechsel steckten sich 425 Ältere und Hochbetagte an.

Immer wieder wird das Coronavirus in Pflegeheime eingeschleppt. Laut Gesundheitsamt waren am Dienstag 28 Einrichtungen in Dresden von mindestens einer Infektion betroffen. Insgesamt 647 Alten- und Pflegeheimbewohner sowie Mitarbeiter befinden sich in Quarantäne beziehungsweise Isolation.

Über die konkreten Heime macht das Gesundheitsamt generell keine näheren Angaben. Für eine Veröffentlichung wäre die Einwilligung der Betreiber nötig, heißt es von der Behörde.

Die Fälle in den Heimen wirken sich auch auf den Fortschritt bei den Corona-Impfungen aus. Zum einen dürfen nur Personen geimpft werden, die gesund sind, sagt ASB-Sprecherin Juliane Federowski. Der ASB stellt einen Teil der sächsischen mobilen Impfteams. Zum anderen dürften die Heime nicht unter Quarantäne stehen, es sei denn, nicht betroffene Wohneinheiten wären strikt abgeschottet.

Wie viel Platz gibt es noch in den Kliniken?

Am Dienstagmittag meldete die Corona-Leitstelle, dass 76 Prozent der Dresdner Corona-Betten auf Normalstationen sowie 86 Prozent der Corona-Betten auf Intensivstationen belegt waren.

Insgesamt befanden sich 372 Covid-19-Patienten in den Dresdner Krankenhäusern, darunter auch Erkrankte, die außerhalb von Dresden wohnen, mangels Kapazitäten in ihren Heimat-Krankenhäusern aber nicht versorgt werden können. Kurz vor Weihnachten waren die Kapazitäten noch etwas stärker ausgeschöpft.

Am Dresdner Universitätsklinikum stehen für Corona-Patienten allein auf den Normalstationen rund 110 Betten zur Verfügung. Hinzu kommen 55 Intensiv-Betten. Die meisten dieser Betten sind aktuell belegt - auf den Normalstationen zu knapp 70 Prozent, auf den Intensivstationen mehr, da die Liegezeiten dort sehr lang sein können, teilt das Uniklinikum auf Anfrage mit. Bei Bedarf ließen sich weitere Kapazitäten schaffen.

Angespannt ist die Situation in den Krankenhäusern Friedrichstadt und Neustadt. Von den 118 Normalstation-Betten für Corona-Patienten seien 106 belegt, so Sprecherin Viviane Piffczyk. Auf den Intensivstationen, auf denen 34 Betten für Corona-Patienten zur Verfügung stehen, seien 31 belegt.

Im Diakonissenkrankenhaus Dresden gibt es laut Sprecher Victor Frank 40 Betten für Covid-19-Patienten, die nicht intensivmedizinisch versorgt werden müssen. Darüber hinaus habe das Krankenhaus vier Intensiv-Beatmungsplätze.

Insgesamt sei der Corona-Bereich in den vergangenen Tagen zu etwa drei Vierteln belegt gewesen. "Die Auslastung unterliegt täglichen Schwankungen", so Franke. Seit etwa zwei Wochen habe sich die Situation aber stabilisiert. "Während wir bis Weihnachten unsere Kapazitäten kontinuierlich erweitern mussten, reichen diese seitdem aus."

Für die normalstationäre Versorgung von Corona-Patienten stehen im Krankenhaus St.-Joseph-Stift derzeit 44 Betten zur Verfügung, am Dienstagvormittag waren davon 39 belegt, teilt Sprecherin Julia Mirtschink auf SZ-Anfrage mit.

Aus personellen und räumlichen Gründen würden keine Covid-19-Intensivbetten betrieben. Verschlechtert sich der Zustand von Corona-Erkrankten während der Behandlung, werden sie vom St.-Joseph-Stift auf die Intensivstationen des Uniklinikums oder eines anderen Krankenhauses in Dresden verlegt.

Wie lange halten Ärzte und Pfleger das noch durch?

Dresdens Ärzte und Pfleger arbeiten am Limit. Verschärft wird die Lage durch kranke Kollegen. Auch unter den Mitarbeitern im Städtischen Klinikum gebe es positiv Getestete, so Sprecherin Viviane Piffczyk.

"Den temporären Ausfall von Mitarbeitern durch Quarantäne gilt es weiterhin zu kompensieren." Dies sei mit einem hohen organisatorischen Aufwand verbunden.

Wohl alle Krankenhäuser würden sich aktuell über mehr Personal freuen. Das Städtische Klinikum hat deshalb einen Aufruf gestartet. "Wir benötigen personelle Unterstützung", wendet sich der städtische Eigenbetrieb an die Öffentlichkeit.

Ärzte und Pflegekräfte, die die Professionalität und Zeit haben, dem Klinikum während der Corona-Pandemie zu helfen, werden gebeten, sich zu melden. "Vor allem suchen wir Menschen, die in der Pflege und im ärztlichen Dienst helfen möchten und entsprechend ausgebildet sind."

Über ausreichend Personal auf den Corona-Stationen verfüge das Uniklinikum eigenen Angaben zufolge. Engpässe könnten über einen klinikweiten Pflegekräfte-Pool ausgeglichen werden. Mitarbeiter würden regelmäßig auf eine Corona-Infektion untersucht.