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Dresdens kleinstes Kaffeehaus "Minou": Bei 14 Gästen geht die Tür nicht mehr auf

Unweit der Waldschlösschenbrücke liegt das kleinste Kaffeehaus in Dresden: das "Minou". Nach turbulenten Monaten übernahm Susanne Pelz das Café 2021 spontan. Inzwischen kann sich die 33-Jährige nichts anderes mehr vorstellen.

Von Juliane Just
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Bald drei Jahre strahlen: Seit Susanne Pelz 2021 das "Minou" übernahm, hat sie ihren Platz gefunden. Er ist genau hier, im ehemaligen Pförtnerhäuschen am Waldschlösschen.
Bald drei Jahre strahlen: Seit Susanne Pelz 2021 das "Minou" übernahm, hat sie ihren Platz gefunden. Er ist genau hier, im ehemaligen Pförtnerhäuschen am Waldschlösschen. © Sven Ellger

Dresden. Wenn man das kleine Pförtnerhäuschen erblickt, kommt man um den Gedanken kaum herum: Es sieht aus wie ein Puppenstübchen. Drei kleine Tische stehen im Außenbereich, innen niedliche Sitzbänke mit winzigen Tischen, unter die definitiv nur Kinderbeine oder Hündchen passen. Und trotzdem ist es genau das, was das "Minou" ausmacht - nicht Enge, sondern Nähe.

Mit gerade einmal zwölf Quadratmetern Fläche ist das "Minou" Dresdens kleinstes Kaffeehaus. Für zehn Gäste ist hier Platz - sogar bis zu 14 quetschten sich hier schon hinein. "Mit 14 Gästen geht allerdings die Tür nicht mehr auf", sagt Inhaberin Susanne Pelz und zeigt auf die blau gerahmte Tür, dem einzigen Einfallstor in das Mini-Lokal.

Social Media sorgt für Ansturm im Café "Minou" in Dresden

Regelmäßig ist das kleine Kaffeehaus, ein Pförtnerhäuschen des früheren Brauerei-Areals an der Waldschlößchenbrücke, bis auf den letzten Platz besetzt. Gerade bei Social Media wird das "Minou" mitunter gehypt. Ein Beitrag dort kann dazu führen, "dass die Leute mir die Bude einrennen". Dann passiert es, dass bis zum Ladenschluss um 14 Uhr wirklich alles restlos leergeräumt ist.

Aber egal, wie viel los ist - Susanne Pelz hat sowieso ihren eigenen "Tanzbereich". Hinter dem Tresen hat sie wenige Quadratmeter ganz für sich. Dort entstehen Gebäcke aller Art und bis zu sechs Kuchen, jeden Tag andere, sowie zwei kleine herzhafte Gerichte. Und hier steht auch die Königin der Kaffeemaschinen, eine Siebträgermaschine, für das "Schälchen Heeßes", um das sich die Gäste reißen. Sogar ein kleiner Ofen hat Platz hinter dem Mini-Tresen. Susanne Pelz fühlt sich dort sichtlich wohl, ist eine beherzte Gastgeberin.

Das frühere Pförtnerhäuschen nahe der Waldschlößchenbrücke beherbergt das "Minou". Hier ist Dresdens kleinstes Kaffeehaus untergebracht.
Das frühere Pförtnerhäuschen nahe der Waldschlößchenbrücke beherbergt das "Minou". Hier ist Dresdens kleinstes Kaffeehaus untergebracht. © Sven Ellger
Täglich kreiert Inhaberin Susanne Pelz für das "Minou" mehrere Gebäcke und Torten wie diesen Rotwein-Nuss-Kuchen.
Täglich kreiert Inhaberin Susanne Pelz für das "Minou" mehrere Gebäcke und Torten wie diesen Rotwein-Nuss-Kuchen. © Sven Ellger
Susanne Pelz hat sich vor über zwei Jahren entschieden, Dresdens kleinstem Kaffeehaus "Minou" neues Leben einzuhauchen, und ist damit sehr erfolgreich.
Susanne Pelz hat sich vor über zwei Jahren entschieden, Dresdens kleinstem Kaffeehaus "Minou" neues Leben einzuhauchen, und ist damit sehr erfolgreich. © Sven Ellger

Die Kunden haben sich in das liebevoll eingerichtete Café verliebt - und mit Sicherheit auch in Susanne Pelz, die so herrlich gut gelaunt und frisch daherkommt. Früher, als sie noch am Schreibtisch saß, ist sie selbst gern hier Gast gewesen. Und eigentlich wollte sie auch nie hinter den Tresen. "Ich hatte nie den Traum vom eigenen Café oder der Selbständigkeit", sagt sie.

Doch das Gastgeben, das liegt ihr eben irgendwie im Blut. Bis 2013 wurde sie im Kempinski zur Köchin ausgebildet, tourte danach als Mietköchin durchs ganze Land und bewertet das heute noch als "coole Zeit". Sie wechselte den Job, schnupperte ins Büroleben und merkte schnell, dass das nicht ihre Erfüllung ist. "Ich muss ein Ergebnis in den Händen halten." Und dann las sie, dass das "Minou" eine Inhaberin sucht.

Nachfolger fürs "Minou" gesucht: "Susi, mach das jetzt!"

Sollte sie es wirklich wagen? Eine Pro-Kontra-Liste sollte helfen. Pro: Sie wohnt in Dresden, hat weder Haustiere noch Kinder. Sie ist ausgebildete Köchin. Ihr Freund, ebenfalls gelernter Koch, half bei der Entscheidung: "Susi, mach das jetzt!" Sie bewarb sich und schaffte es mit ihrem Enthusiasmus in die engere Auswahl. Doch dann zog sie den Kürzeren.

Denn es gab eine Zeit in der Geschichte des Pförtnerhäuschens, da haben wohl so manche Stammgäste den Überblick ein wenig verloren, wer dort die Zügel in der Hand hielt. Die Gründerin Teresa Oberle entschied sich 2021, das Café nach vier Jahren abzugeben. Es folgte eine junge Frau, die nach drei Monaten aus persönlichen Gründen aufgab. Die Chance für Susanne Pelz, die im zweiten Anlauf Inhaberin wurde.

Seither ist sie ihre eigene Chefin und alleinige Mitarbeiterin, Bäckerin, Köchin, Gastgeberin, Zuhörerin, Freundin - und zwar alles gleichzeitig. Nur in den Sommermonaten hilft ihre Schwester aus, wenn das Café länger öffnet, die Terrasse bestuhlt wird und besonders viele Gäste kommen. Das Zeitmanagement habe sie lernen müssen, sagt die 33-Jährige. Und entspannt zu bleiben, wenn die Tür aufgrund des Ansturms eben nicht mehr geschlossen werden kann.

Backen und kochen im Akkord fürs "Minou"

Morgens ab 6 Uhr und nachmittags bäckt und kocht sie für die Auslage. Dann wird der Kuchen dekoriert, Salat geschnippelt, Suppe abgeschmeckt. Das erklärt auch die relativ kurzen Öffnungszeiten von 10 bis 14 Uhr von dienstags bis freitags. "Man unterschätzt das schnell. Das ist meine Kernarbeitszeit, aber da gehört noch so viel mehr dazu." Mit Rezepten könne sie sich jedoch austoben, die Gäste sind recht experimentierfreudig. Dann gibt es beispielsweise einen Sauerkraut-Kuchen, von dem kein Krümel überbleibt.

Eigentlich wollte sie mehr und länger öffnen, als sie das "Minou" übernahm. Sie habe aber schnell lernen müssen, dass das nicht funktioniert. Denn so sehr sie die Gäste auch mag, ab und zu braucht auch sie Ruhe. "Es ist schön, dass die Gäste hier bei mir auftanken können, aber ich muss das eben auch." Berufliches und Privates verschmilzt grundsätzlich, 24/7 ist sie zumindest gedanklich im Café, empfindet es aber als "Symbiose".

Trotzdem bleibt sie dabei, dass sich all das nicht nach Arbeiten anfühle, so sehr ist sie eins mit dem "Minou". Und das merken die Gäste. Ein 82-jähriger Stammgast komme jeden Tag, sagt sie, seit der Eröffnung vor vielen Jahren. Und auch andere sind gern geblieben.