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Dresdner CDU: Tunnel am Neustädter Markt weiter prüfen

Dresden braucht neue Verkehrslösungen. Darüber wurde auf dem Parteitag der Dresdner CDU diskutiert. Zudem beschäftigte sich die Partei mit ihrer Öffentlichkeitswirkung.

Von Kay Haufe
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CDU Kreisvorsitzender Markus Reichel ließ hinter verschlossenen Türen über die internen Probleme diskutieren.
CDU Kreisvorsitzender Markus Reichel ließ hinter verschlossenen Türen über die internen Probleme diskutieren. © René Meinig

Dresden. Die Verkehrswende hat den CDU-Kreisverband Dresden längst erreicht. Ihr Vorsitzender Markus Reichel kommt zum Parteitag am Samstag mit dem Fahrrad, andere Mitglieder mit Bus und Bahn. Aber natürlich fahren auch die dicken SUVs vor dem Tagungsort Feldschlößchen-Stammhaus vor. Diese mobile Vielfalt gibt genau das Bild wieder, das die Partei als ihren Grundsatz sieht: Eine Partei für alle zu sein und Verkehrspolitik für alle gestalten zu wollen.

Doch bevor sich die Teilnehmer des Stadtparteitages dem Thema Verkehr zuwenden, zeichnete ihr Vorsitzender ein Bild der aktuellen Situation: "Wir halten einen Parteitag in unruhigen Zeiten ab, die Kommunalpolitik steht vor großen Herausforderungen: Es wird mehr Flüchtlinge geben, das Wohngeld wird erhöht, der Haushalt muss verabschiedet, und die längst überfällig Besetzung der Bürgermeisterposten endlich vorgenommen werden."

Dazu komme, dass die Dresdner CDU gerade durch Partei- und Fraktionsaustritte in den Schlagzeilen sei. Das würde das Bild der Partei stark belasten. "Was ist da bei euch los", werde Reichel öfter gefragt. "Darüber sollten wir heute sprechen." Die Öffentlichkeit ließ Reichel zu dieser Diskussion nicht zu. Sie fand hinter verschlossenen Türen statt.

Dort kam es zu sehr emotionalen Ausbrüchen, wie ein Teilnehmer im Anschluss berichtete. Es seien Grundsatzfragen angesprochen worden, wer die ganze Arbeit machen und wie es inhaltlich klarer weitergehen soll.

Die Erwartungshaltung an die künftige Arbeit sei, dass die Dresdner CDU viel stärker an ihrer inhaltlichen Erkennbarkeit arbeiten und klare Ansagen machen müsse, sagte der Vorsitzende Reichel.

Dirk Hilbert verteidigt Bürgermeisterpoker

Frei zugänglich für alle war jedoch ein Grußwort des Oberbürgermeisters, der den Parteitag für eine kurze Zeit besuchte, um anschließend die zweite Halbzeit beim Dynamo-Spiel gegen Zwickau live zu sehen. Dirk Hilbert (FDP) verteidigte seine Strategie, eine Sechser-Bürgermeisterriege zu bilden, von denen aber nicht nur zwei aus dem bürgerlichen Lager kommen sollten. "Ich wünsche es mir, dass wir als Stadtspitze bald komplett agieren. Es ist aber nicht so, dass die Stadt derzeit handlungsunfähig ist, sondern wir haben eine kompetente Amtsleiterriege."

Hilbert verwies auf weitere 51 Millionen Euro aus Gewerbeeinnahmen, die zusätzlich gekommen sind. Damit habe man auch eine "Spielwiese, um eigene Akzente" zu setzen. Welche das genau sein sollen, erklärte er nicht. Auf die Frage, ob man jetzt nicht bestimmte Dinge priorisieren sollte, zum Beispiel alle Schulen mit einer eigenen Sekretärin auszustatten, antwortete der OB, dass sein oberstes Ziel die Schuldenfreiheit der Stadt sei. Außerdem habe jede Schule eine Sekretärin, manche müssten sich diese eben teilen.

Der öffentliche Nahverkehr sei eine "Achillesferse", der Zuschussbedarf habe sich von 40 Millionen im Jahr 2018 auf derzeit 100 Millionen erhöht. "Hier müssen wir untersuchen, woran das liegt, denn der Prozess hat schon vor Corona begonnen", schätzte Hilbert ein.

Oberbürgermeister Dirk Hilbert bezeichnet den Zschussbedarf für den öffentlichen Nahverkehr als Achillesferse.
Oberbürgermeister Dirk Hilbert bezeichnet den Zschussbedarf für den öffentlichen Nahverkehr als Achillesferse. © René Meinig

Und sprach mit der Bezahlbarkeit des Nahverkehrs auch eines der Verkehrsthemen an, mit denen sich der Parteitag beschäftigt hat. Wie muss die Verkehrspolitik der Zukunft aussehen, müssen einzelne Verkehrsteilnehmer zurückstecken, um anderen mehr Raum zu geben und auch der Innenstadt mehr Grün zu ermöglichen?

Dazu hatte sich der Kreisverband Experten eingeladen, die mit Zahlen und Fakten den Dresdner Stand erläuterten. Der Anteil des Radverkehrs sei von 12 Prozent im Jahr 2013 auf derzeit 18 Prozent gestiegen, sagte der Leiter der Dresdner Verkehrsplanung Frank Fiedler. Im Gegensatz dazu sei das Sicherheitsgefühl der Radfahrer eher gesunken, weil die Anzahl der Radwege kaum zugenommen hat, es dafür aber 2021 doppelt so viele Unfälle mit Schwerverletzten gegeben hat als in Leipzig, genau 353. Zudem sind vier Menschen gestorben, wie Alex Bereza aus dem Dresdner ADFC-Vorstand informierte. Doch wie bekommt man es hin, den vorhandenen Straßenraum besser zu nutzen und gleichzeitig keinen Verkehrsteilnehmer benachteiligen?

Deutschlandticket kann ein "Game Changer" sein

Dabei spielen auch die Dresdner Verkehrsbetriebe eine wichtige Rolle. Sie bieten 20 Prozent mehr ÖPNV-Angebot als in anderen deutschen Städten und haben rund 115.000 sehr zufriedene Kunden, sagt DVB-Vorstand Andreas Hemmersbach.

Trotzdem gelingt es den Verkehrsbetrieben nicht, deutlich mehr Kunden zu gewinnen. "Das liegt auch daran, dass der Autoverkehr in Dresden sehr attraktiv und auch das Parken noch sehr günstig ist", so Hemmersbach. "Wir müssen über Verhaltensänderungen nachdenken." Als Beispiel führt er die junge Generation an, die Städte wie London oder Kopenhagen als sehr attraktiv empfindet, weil dort ein guter Nahverkehr existiert und kein Auto nötig ist.

Dafür könne das Deutschlandticket ein sogenannter Game Changer sein, das vor Ort zu einem veränderten Verkehrsverhalten führen kann.

Ob das für die 120.000 Pendler eine Alternative zum Auto sein kann, die täglich nach Dresden kommen und wieder hinausfahren, ist fraglich. Dafür müsse es bessere SB-Bahn- und Busverbindungen in das Umland geben, außerdem P&R-Plätze in den ländlichen Bereichen, so Hemmersbach. Auch Investitionen in Fahrzeuge seien nötig. Dresdens Busse fahren derzeit 14 bis 16 Jahre, ehe sie ersetzt werden, die ältesten Straßenbahnen stammen aus dem Jahr 1996.

Doch es sei auch für Arbeitgeber wichtig, Parkplätze für Mitarbeiter anzubieten, um angesichts der kommenden Überalterung der Gesellschaft weiterhin Arbeitskräfte aus dem Umland gewinnen zu können, sagt Verkehrsplaner Fiedler. Da beginne der Kampf um Flächen.

Gelöst werde manches Problem möglicherweise durch die Klimazielvorgaben. Dresden will die Klimaneutralität deutlich vor 2050 erreichen, allerdings ist der CO2-Ausstoß seit Jahren gleichbleibend, so Fiedler. "Wir haben Zeitdruck, aber die Dinge dauern lange."

Das merken auch die Dresdner Handwerker, sagte der Geschäftsführer der Handwerkskammer Dresden, Andreas Brezinski. "Handwerker, die im Stau stehen, können aber keine Wärmepumpen einbauen." Der Bedarf an Mobilität mit individuellen Fahrzeuge wie Lastenrädern steige, aber dafür müssten breitere Wege gebaut werden und vor allem Parkplätze für Wirtschaftsfahrzeuge bedacht werden. "Und wir brauchen Handwerker in den Quartieren, dann sind es nur kurze Wege."

Nun soll der CDU-Arbeitskreis Umwelt und Verkehr aus den Ergebnissen des Kreisparteitages konkrete verkehrspolitische Vorschläge ableiten. Und es gab einen Initiativantrag: Der Tunnel am Neustädter Markt sollte weiter ergebnisoffen diskutiert werden und nicht, wie von der Stadt vorgesehen, die Pläne dazu nicht weiter bearbeitet werden.

Außerdem will die CDU weitere Elbquerungen für Dresden. Konkret könnte das eine Seilbahn oder eine Umweltbrücke zum Ostragehege sein. Das „Blaue Wunder“ soll durch den Neubau einer Verkehrsbrücke im Dresdner Osten später nur noch für DVB-Busse sowie für Fußgänger und Radfahrer genutzt werden.