Dresden
Merken

Dresdens CDU-Fraktionschefin: "Die Anträge im Rat sind populistischer geworden"

Dresdens CDU kämpft - gegen eine konkurrierende AfD und ein Negativ-Image beim Radverkehr. Mit welchen Themen die Fraktion wieder an Einfluss gewinnen will.

Von Andreas Weller & Dirk Hein
 6 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
"Wir wollen wieder an Stärke gewinnen": Dresdens CDU-Fraktionschefin Heike Ahnert.
"Wir wollen wieder an Stärke gewinnen": Dresdens CDU-Fraktionschefin Heike Ahnert. © Sven Ellger

Dresden. Die CDU in der Landeshauptstadt hat schwere Zeiten hinter sich. Von der einst größten Fraktion im Rat schrumpfte man in die zweite Reihe. Egal, ob bei den Themen Asyl, Radverkehr und Finanzen, die CDU sucht einen Mittelweg und eckt dennoch an. Im Interview mit Sächsische.de erklärt Fraktionschefin Heike Ahnert den Weg der CDU-Fraktion bis zur nächstes Jahr anstehenden Kommunalwahl.

Frau Ahnert, Bürgermeisterwahl, Schöffen, OB-Vize: Der Dresdner Stadtrat ist komplett zerstritten. Wie sehen Sie die Rolle der CDU in der momentanen Situation?

An mancher Stellen nehmen wir eine vermittelnde Rolle ein. Es gibt im Rat aber Protagonisten, die auf Durchzug schalten. Es wird populistisch argumentiert, einige sind nicht bereit, das Gespräch zu suchen.

Wen meinen Sie da konkret?

Ich erlebe es im Moment bei der SPD, die zwar gesprächsbereit, aber in keinster Weise kompromissbereit ist - in kaum einen Punkt. Ich erlebe es bei den Linken, bei allen anderen, mit denen ich spreche, nicht. Bei der Schöffenwahl haben wir als CDU sofort die Verwaltung darauf hingewiesen, dass der Rat eine Zweidrittelmehrheit bei der Wahl braucht und haben Gespräche gesucht. Es hätte weit im Vorfeld Absprachen geben müssen. Zum Teil lagen aber erst unmittelbar vor der Ratssitzung Wahlvorschläge vor.

Wir sind am Beginn des Kommunalwahlkampfes 2024. Wie wollen Sie jetzt noch Mehrheiten finden?

Wir werben weiterhin bei allen Fraktionen für unsere Ideen. Die Risse im rot-rot-grünen Lager bieten jetzt mehr Chancen, da sich alle an der Sache, statt an ideologischen Kampflinien orientieren können. Und es gibt ja viele Punkte, die lange diskutiert werden, alle sind sich einig, aber jeder will zum Beispiel mit dem wichtigen Thema Schwimmhalle Klotzsche punkten. Das kostet viel Ratszeit. Die Anträge der einzelnen Fraktionen werden zum Teil populistischer. Wir haben eine Haushaltssperre. Immer höher, schneller, weiter: Das ist jetzt nicht der Zeitpunkt. Jetzt müssen wir vernünftig haushalten. Wir diskutieren zum Beispiel gerade die Zukunft der Robotron-Kantine. Zum jetzigen Zeitpunkt ist in keinster Weise klar, wofür genau sich Mehrheiten finden lassen.

Was ist denn Ihre Position?

Die Abwägung ist für alle schwierig. Ich bin froh, dass ein Beschluss vertagt wurde. Wir müssen zuerst die den Bürgern versprochenen Projekte wie Schulbauten und Bäder finanzieren. Jetzt noch eins draufzulegen, ist schwer. Einfach nur die Kantine zu kaufen, ohne zu wissen, wie es weitergeht, das funktioniert nicht. Wir müssten dort viel Geld in die Hand nehmen. In der letzten Sitzung hätten wir so einem Ankauf nicht zugestimmt.

Wo kann Dresden sparen?

Wir müssen genau prüfen, was wir uns von dem, was wir uns vorgenommen haben, noch leisten können. Bei den DVB ist für uns aber klar, dass die Qualität des Erreichten nicht eingeschränkt werden darf.

Aber Qualität bedeutet für viele auch das unproblematische Nutzen eines Leih-Rades mit der DVB-Abokarte?

Das müssen wir ernsthaft prüfen. Im Deutschlandticket ist dieses Angebot ja nicht mehr enthalten, es wird immer mehr Nutzer geben, die es zubuchen müssten. Und das 49-Euro-Ticket deckt die Kosten bei Weitem nicht. Der Bund bestellt, aber zahlt nicht auskömmlich - das ist nicht nur bei der Verkehrswende der Fall. Dabei wollen und müssen wir in den Ortschaften eher das Angebot ausweiten. Kritisch schauen werden wir deshalb bei geplanten, aber noch nicht umgesetzten Ausbauprojekten, also bei neuen Straßenbahn- und Buslinien. Wir achten dabei auf die Förderstruktur von Bund und Land. Unser Ziel ist es, die Bürger nicht noch weiter zu belasten. Heißt: keine Erhöhung der Parkgebühren. Und die Grundsteuerreform darf nicht zum Stopfen von Haushaltslöchern missbraucht werden. Die Hebesätze für die Grundsteuer müssen so angepasst werden, dass die Einnahmen der Stadt konstant bleiben.

In der vergangenen Ratssitzung hat die CDU einen Antrag der AfD zum Thema Blaues Wunder übernommen. Ist das ein Dammbruch?

Man sollte die Kirche mal im Dorf lassen. Für unseren eigenen Antrag für eine weitere Elbquerung im Dresdner Osten gab es die sinnvolle Erweiterung, dass nach der Prüfung eine Vorzugsvariante für einen neuen Brückenstandort vorgestellt werden soll. In der Kommunalpolitik handhaben wir das so - übernehmen sinnvolle Vorschläge von anderen oder stimmen diesen zu. Wir machen das auch bei Vorschlägen der Dissidenten oder Linken. Es ging um ein konkretes kommunales Thema. Wenn uns ein Punkt wichtig ist, dann stellen wir ihn zur Abstimmung.

Es ist nicht der Beginn einer vertrauensvollen Zusammenarbeit mit der AfD?

Nein.

Beim Thema Radwege werden Sie immer von den anderen Parteien getrieben, Sie stehen als Verhinderer da. Warum fällt Ihre Abwägung im Zweifel für das Auto aus?

Das stimmt nicht. Wir stehen zum Beispiel hinter der Radroute Ost - es geht um Details. Vieles konzentriert sich auf die Projekte, bei denen es Streit gibt. Vielen Dingen stimmen wir gerne zu. Aber an der Bautzner Straße unnötig eine Fahrspur wegzunehmen, ist der falsche Weg. Straßenbahn, Lkw und Pkw teilen sich dann eine Spur. Die Stadt muss endlich die Unfallschwerpunkte beseitigen. Diese Priorität hat der Stadtrat auf unsere Initiative hin beauftragt. Aber genau das passiert nicht, stattdessen wird schnell abmarkiert.

Ihnen fällt es aber manchmal schwer, das zu kommunizieren. Sind Sie nicht laut genug?

Ich könnte sehr laut die grünen Bürgermeister für sehr viel angreifen. Das seit Jahren verschleppte Klimakonzept ist eine Katastrophe. Die Begrünungssatzung wird komplett falsch umgesetzt. Wohnen wird so stadtweit teurer. Das ist einer der Punkte, bei dem wir unbedingt nachbessern müssen. Die Verwaltung trödelt bei Bauplänen. Seit Jahren passiert nichts. Und die jetzt vorliegende Polizeiverordnung wird unsere Zustimmung so auch nicht bekommen.

Was kann bis zur Kommunalwahl noch umgesetzt werden?

Große Projekte noch anzuschieben, ist unrealistisch. Wichtig ist uns aber, die Buga-Bewerbung im Sinne der Dresdner auszugestalten.

Kommen Sie da nicht leicht ins Zweifeln, ob Dresden sich das leisten kann?

Ich bin mit nach Mannheim zur diesjährigen Bundesgartenschau gefahren, weil ich noch nicht vollkommen überzeugt war. Ich habe vor Ort auch kritische Fragen gestellt. Mannheim hat genau das gemacht, was wir uns auch vornehmen. Sie haben die Buga genutzt, um Stadtentwicklung zu beschleunigen. Die Rückmeldung war: Das Datum der Buga hat einen Druck erzeugt, dass Dinge geschafft wurden, die sonst niemals so schnell geworden wären. Das ist eine Chance, auch weil sonst viele Fördermillionen nicht nach Dresden gehen.

Mit Blick auf die Kommunalwahl will die CDU wieder stärkste Fraktion werden, oder sind Sie eher froh nicht weiter zu verlieren?

Wir sind alle sehr von der Bundespolitik abhängig, aber klar wollen wir wieder an Stärke gewinnen, das ist unser Ziel.

Wie kann die CDU Teil von stabilen neuen Mehrheiten im Rat sein?

Erst mal entscheiden die Wähler. Wir werden unsere Themen aufzeigen und klarmachen, wie wir Dresden gestalten wollen. Eine stabile bürgerliche Mehrheit täte Dresden gut. Der endlose und teils erbittert geführte Streit im Stadtrat führt nicht mehr zu stimmigen Ergebnissen. Früher war die Linie klarer und Dresden steht deshalb vergleichsweise gut da. Das wünsche ich mir wieder für unsere Stadt.