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"Perspektivischer Ersatz" fürs Blaue Wunder: Dresden prüft Bau einer neuen Brücke

Der Dresdner Stadtrat hat die 200.000 Euro teure Prüfung für eine neue Brücke im Dresdner Osten beschlossen. Die soll der perspektivische Ersatz für das Blaue Wunder sein. Welche Folgen dies hat.

Von Dirk Hein
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Dresden muss einen Ersatzneubau für das Blaue Wunder prüfen, das hat der Rat beschlossen.
Dresden muss einen Ersatzneubau für das Blaue Wunder prüfen, das hat der Rat beschlossen. © Sven Ellger

Dresden. Seit 130 Jahren rollt der Verkehr über das Blaue Wunder, das in den nächsten Jahren für bis zu 200 Millionen Euro saniert wird. Allein bis 2026 werden 30 Millionen Euro verbaut. Vor allem die CDU fordert dennoch immer wieder perspektivisch einen Brückenneubau. Dafür sollen jetzt, gegen den Willen des zuständigen Bürgermeisters, die Grundlagen erarbeitet werden.

Was hat der Rat beschlossen?

Seit Jahren beschäftigt sich vor allem die Dresdner CDU mit der Suche nach einer Alternative zum Blauen Wunder. Im Februar brachte die Fraktion einen entsprechenden Antrag in den Rat ein. Demnach soll das Rathaus eine Grundlagenermittlung für eine "zusätzliche Verkehrsquerung der Elbe zwischen Waldschlößchenbrücke und Stadtgrenze als perspektivischen Ersatz für das Blaue Wunder" einleiten.

Dabei müssen mögliche Standorte hinsichtlich der bereits jetzt erkennbaren verkehrlichen, umweltrechtlichen und städtebaulichen Auswirkungen bewertet werden. Geprüft werden soll eine Brücke für den Autoverkehr, den ÖPNV, aber auch für Radler und Fußgänger. Die Stadt müsste sich zudem zu den Auswirkungen eines denkbaren Hochwassers äußern.

In der Sitzung am Donnerstag wurde dieser Prüfauftrag um eine Interimsbrücke für den Radverkehr in der Nähe des Blauen Wunders erweitert. So könnten aus Sicht der CDU die geplanten Radwege auf der Elbquerung verhindert werden. Zudem übernahm die CDU einen Antrag der AfD, der die Verwaltung aufforderte nach der Grundlagenermittlung eine Vorzugsvariante für eine neue Brücke herauszuarbeiten und diese vorzustellen.

"Eine gute Verkehrsplanung muss langfristig erfolgen. Wir sind überzeugt davon, dass das Blaue Wunder ein Enddatum hat, auch wenn wir immer weiter sanieren. Irgendwann wird es nicht mehr befahrbar sein. Wir müssen jetzt mit den Planungen für einen Ersatz beginnen", sagt Stadtrat Steffen Kaden (CDU).

Warum gibt es daran Kritik?

Zum einen kritisierten Dissidenten und Grüne, die Übernahme eines AfD-Antrages in den Beschlusstext der CDU. "Es ist ein Dammbruch. Wir haben de facto einen gemeinsamen CDU-AfD Antrag erlebt, es gibt keine Brandmauer mehr", sagt Dissident Johannes Lichdi.

Fachlich lehnten SPD, Grüne und Linke den Plan deutlich ab. Tilo Wirtz (Linke): "Wir sanieren das Blaue Wunder für viel Geld grundhaft. Experten sind sich einig, dass es nur sehr wenige Bauteile gibt, die ermüden werden. Die kann man austauschen, es gibt keine Limitierung für die Brücke, die Planungen wären vollkommen umsonst."

Laut Wirtz ist ein Neubau zudem nicht praktikabel. Entstehen würde eine zweite Waldschlößchenbrücke, für die es im sensiblen Elbtal weder Platz noch eine Genehmigungsfähigkeit gibt. "Wir bekommen dort nicht einmal einen breiteren Elberadweg genehmigt, eine neue Brücke gleich gar nicht."

Kritik gab es auch daran, dass der Antrag am Donnerstag mit einer knappen Zufallsmehrheit angenommen wurde - auf der Linken Seite im Rat fehlte mehr Räte, als im rechten Lager.

Was wird die Stadt jetzt unternehmen?

Auch Baubürgermeister Stephan Kühn (Grüne) nahm zum Antrag Stellung. Demnach gab es bereits umfangreiche Untersuchungen zu einem Brückenneubau. Eine geprüfte Brücke in Niederpoyritz würde das Blaue Wunder zwar um 25 Prozent entlasten, sie würde aber am Elbhang, in Pappritz und Laubegast neuen Verkehr mit sich bringen. Zudem habe sich die Verkehrsbelastung auf der Brücke seit 2009 ohnehin um 30 Prozent reduziert.

Weiterhin würde die Erweiterung der S 177 als wichtige Umgehungsstraße den Dresdner Osten entlasten. Für den Neubau einer Interimsbrücke für Fahrradfahrer würde ein extrem aufwendiges und lange dauerndes Planfeststellungsverfahren gebraucht.

Wirklich mit den Prüfungen anfangen will und kann Kühn laut eigener Aussage zudem gar nicht. Für die Grundlagenuntersuchung würden 200.000 Euro gebraucht, die nicht im Haushalt eingestellt sind "Wir würden sie auch momentan nicht beauftragen können, da wir uns in einer Haushaltssperre befinden." Nach der Aufhebung der Haushaltssperre müsste Kühn die Untersuchung allerdings in Auftrag geben. Wann es zu einer solchen Aufhebung kommt, hängt unter anderem von Zusatzzahlungen des Freitsaates und des Bundes etwa für die Unterbringung von Geflüchteten ab.

Eilantrag gegen Busspur

Ebenfalls im Rat beschlossen wurde ein Eilantrag von CDU, Freie Wähler/Freie Bürger und FDP, per Eilantrag die dauerhafte Umgestaltung einer Fahrspur in eine "Umweltspur" auf dem Flügelweg in Richtung Altcotta in einen zeitlich befristeten Verkehrsversuch zu ändern.

Eigentlich möchte die Stadt, damit Busse schneller vorankommen, am Flügelweg eine Fahrspur in einen Radweg umwandeln, der für Busse befahrbar ist. Autos und Laster, die vom Elbepark kommend über die Flügelwegbrücke nach Altcotta wollen, hätten damit nur noch eine Fahrspur zur Verfügung.

Der gestellte Eilantrag wolle verhindern, dass dies dauerhaft angeordnet wird. "Es droht ein 150 Meter längerer Stau als bisher. Autofahrer werden über die Hamburger Straße in die Innenstadt flüchten, es kommt zum Verkehrschaos", befürchtet Veit Böhm (CDU). Wenn Busse hinter Radfahrern schleichen müssten, käme es zudem zu keiner echten Beschleunigung.

Anders sieht das Susanne Krause (Grüne): "Jetzt steht der Autoverkehr in zwei Spuren, zukünftig in einer. Weil die Leistungsfähigkeit der Kreuzung gleich bleibt, wird der Rückstau zeitlich nicht länger, lediglich die Strecke vergrößert sich." Wenn Busse langsam hinter Radlern fahren müssten, sei dies immer noch besser, als im Stau zu stehen.

Die Stadt hat zudem rechtliche Zweifel am Beschluss. Bürgermeister Kühn: "Eine Entscheidungskompetenz des Rates besteht in dieser Frage nicht."