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"Empört über Ungleichbehandlung": Dissidenten klagen gegen Wahl-Hürden in Dresden

Neben dem Bündnis von Holger Zastrow wollen in Dresden auch die Dissidenten erstmals zur Wahl antreten. Die Regeln dafür sind streng. Nun wollen die Dissidenten klagen.

Von Dirk Hein
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Klagt im Namen der Dresdner Dissidenten vor Gericht: Stadtrat und Rechtsanwalt Johannes Lichdi.
Klagt im Namen der Dresdner Dissidenten vor Gericht: Stadtrat und Rechtsanwalt Johannes Lichdi. © René Meinig

Dresden. Anders als etablierte Parteien müssen neue Wählervereinigungen strenge Zulassungsvoraussetzungen erfüllen, um zur Kommunalwahl am 9. Juni antreten zu dürfen. Konkret müssen 22 Unterstützungsunterschriften für jeden einzelnen der elf Wahlkreise die Ernsthaftigkeit des Wahlantrittes untermauern. Für die Wahl in den jeweiligen Stadtbezirksbeirat müssen sogar 30 Unterstützerunterschriften eingesammelt werden.

Unterschriften müssen im Bürgerbüro abgegeben werden

Diese Unterschriften dürfen jedoch nicht zum Beispiel an Ständen auf der Straße eingesammelt werden. Jeder Unterstützer muss während der regulären Öffnungszeiten im "Zentralen Bürgerbüro Altstadt" erscheinen und dort sein Signum setzen.

Das kritisieren die Dissidenten scharf. Die Fraktion hatte sich erst nach der vergangenen Kommunalwahl gegründet. Teil der Fraktion sind mit Johannes Lichdi und Michael Schmelich zwei Räte, die im Streit die Fraktion der Grünen verlassen hatten, sowie der Pirat Martin Schulte-Wissermann und der Satire-Politiker Max Aschenbach (Die Partei).

"Was bei Bundestags- und Landtagswahlen, bei Bürgerbegehren und Volksanträgen selbstverständlich geht, nämlich Unterschriften auf der Straße zu sammeln, ist bei Stadtratswahlen verboten. Uns empört diese Ungleichbehandlung", ärgert sich Dissidenten-Stadtrat Johannes Lichdi. Diese Einschränkung greife "unverhältnismäßig und ohne zwingende Gründe in unseren grundgesetzlichen Anspruch auf Gleichbehandlung mit den politischen Mitbewerbern ein", so Lichdi weiter.

Eilantrag beim Verwaltungsgericht

Im Namen der neu gegründeten "Wahlplattform Dissident:innen Dresden", mit der die Dissidenten nun erstmals unter eigenem Namen in den Rat einziehen wollen, hat Lichdi einen Eilantrag beim Verwaltungsgericht Dresden gestellt. So soll das Verbot der Sammlung von Unterstützungsunterschriften an Infoständen gekippt werden. Zudem soll die Sammlungsfrist nicht erst am 11. März, sondern bereits am 26. Februar beginnen.

Da die Frist schon am 4. April enden wird und die Osterferien in diesen Zweitraum fallen, befürchten die Dissidenten einen zu kurzen Zeitraum für das Sammeln der Unterschriften. Der Eilantrag wendet sich auch gegen die Anforderung, nicht nur 22, sondern 30 Unterstützungsunterschriften für die Zulassung zur Wahl zu einem Stadtbezirksbeirat zu sammeln. Zudem soll das "aus der Zeit gefallene Verbot elektronischer Unterschriften" aufgehoben werden.

Kritik an "zutiefst undemokratischen" Vorschriften

Auch Holger Zastrow kritisiert die geltenden Regeln als "zutiefst undemokratisch". Erst Mitte Januar war der ehemalige Vorzeigepolitiker der FDP aus der Partei ausgetreten. Zeitgleich verkündete Zastrow, mit einem eigenen Bündnis zur Kommunal- und Landtagswahl antreten zu wollen, für das er ebenfalls die Unterschriften sammeln muss.

Mitte Februar hat dieser Plan zwar an Konturen gewonnen. Die Zulassungsvoraussetzungen sieht Zastrow aber ebenfalls als echtes Problem an. Es sei wesentlich leichter, bei einer Wahl zum Europaparlament anzutreten, als auf der so wichtigen Ebene der Kommunalpolitik. "Bei den etablierten Parteien gibt es kein Interesse daran, diese extrem hohen Zulassungsvoraussetzungen zu lockern."

Klagen will Zastrow dagegen dennoch nicht. "Obwohl wir sie für falsch halten, akzeptieren wir die Regeln so, wie sie sind". Zastrow selbst ist mit seinem Bündnis an einem noch früheren Punkt als die Dissidenten. Wahrscheinlich erst Mitte März können die einzelnen Kandidaten gewählt und damit für die Wahl aufgestellt werden.

Im Anschluss bleiben Zastrow und seinen neuen Verbündeten etwa zwei Wochen, um die notwendigen Unterschriften zu sammeln - vor Ort an der Theaterstraße, es sei denn, die Dissidenten haben mit ihrem Eilantrag vor Gericht Erfolg.