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Ist Dresden bald kein "sicherer Hafen" mehr für Geflüchtete?

Dresden hat sich erst 2022 bereiterklärt, mehr geflüchtete Menschen aufzunehmen als vorgegeben. Das will die CDU nun kippen. Am Donnerstag kommt es zur Kampfabstimmung.

Von Andreas Weller
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Geflüchtete werden aus Mangel an Alternativen in Dresden auch in Containern untergebracht.
Geflüchtete werden aus Mangel an Alternativen in Dresden auch in Containern untergebracht. © Sven Ellger

Dresden. Die Stadt Dresden unterstützt die Seenotretter von Mission Lifeline und ist bereit, mehr Geflüchtete aufzunehmen, als es der sogenannte Königsteiner Schlüssel - dieser regelt die Verteilung in Deutschland - vorgibt. Das gilt seit März 2022, nachdem tausende Dresdner die Petition der Initiative Seebrücke unterstützt hatten und der Stadtrat dem Vorschlag mehrheitlich folgte. Doch die Vereinbarung wackelt. Die CDU hat nun beantragt, den Beschluss zu kippen, damit Dresden nicht mehr als "sicherer Hafen" gilt. Warum sie dies tut und was am Donnerstag noch auf der Tagesordnung des Stadtrates steht.

Was bedeutet "sicherer Hafen"?

Konkret bedeutet der Beschluss, dass Dresden nicht nur bereit ist, mehr Geflüchtete aufzunehmen als vorgegeben, sondern die Stadt sich auch hinter Organisationen und Projekte in Dresden stellt, die sich für die Rechte, Versorgung und Integration von Flüchtlingen einsetzen. 320 Kommunen in Deutschland haben dies für sich ebenfalls beschlossen.

Weshalb will die CDU das kippen?

Die CDU beantragt, dieses Bekenntnis aufzuheben. "Dieser Beschluss ist nicht erfüllbar", so Fraktionschefin Heike Ahnert. Der Antrag wurde bereits vor einigen Monaten eingebracht und steht jetzt zur Abstimmung an diesem Donnerstag bzw. Freitag - der Stadtrat tagt diesmal zwei Tage lang.

"Die Unterbringungskapazitäten für Asylbewerber in unserer Stadt sind erschöpft", so Ahnert. Sie argumentiert: Die Unterkünfte der Stadt seien voll, es stünden nicht genügend Wohnungen frei und auch weitere Hotelzimmer seien nicht ausreichend vorhanden. Die Stadt müsse bereits auf Container zurückgreifen, das zeige die "Notlage" in Dresden. "Es ist völlig ausgeschlossen, über das durch die Kommune unabwendbare Maß hinaus Asylbewerber zu beherbergen", sagt Ahnert. Der Beschluss zum "sicheren Hafen" erwecke aber den Eindruck und müsse deshalb aufgehoben werden.

Was spricht für Dresden als "sicherer Hafen"?

"Dieser Antrag ist gefährlich", so Grünen-Fraktionschefin Agnes Scharnetzky. "Der Beschluss war ein breit ausgehandelter Kompromiss, auch wenn dem nur knapp zugestimmt wurde." Die Stadtgesellschaft habe die Petition damals vielfach unterstützt. "Der Stadtrat hat sich damit dazu bekannt, dass Dresden ein sicherer Zufluchtsort ist und wir die Menschen vor Anfeindungen schützen."

Auch wenn die Finanzierung der Kosten für Geflüchtete ein Problem sei, weil der Bund den Kommunen nicht ausreichend Geld zur Verfügung stelle, sei Dresden gefordert, den Menschen zu helfen, so Scharnetzky. "Es wäre ein Fehler, jetzt zu sagen, weil es nicht ausreichend Plätze gibt, nehmen wir die Menschen nicht mehr auf." Bei den Menschen, die vor dem Krieg in der Ukraine flüchten, klappe es auch, Dresdner bringen diese zum Teil sogar privat unter. "Die Probleme werden nicht gelöst, indem grundsätzliche Beschlüsse infrage gestellt werden. Das ist reiner Populismus." Im Sozialausschuss wurde der Antrag knapp abgelehnt. Es sei mit einem knappen Ausgang im Rat zu rechnen.

Im Rat geht es auch um Gebührenerhöhungen - welche?

Der Stadtrat beschäftigt sich auch mit der Erhöhung der Ticketpreise im Verkehrsverbund Oberelbe (VVO) und damit auch bei den Dresdner Verkehrsbetrieben. Die Linke will per Eilantrag beschließen, dass die Vertreter aus Dresden in der VVO-Sitzung am 30. November gegen die geplante Erhöhungen stimmen.

Zudem entscheiden die Räte über weitere Gebührensteigerungen - 2024 sollen sowohl die Friedhofs- als auch die Müllgebühren erneut steigen. Weil bei der Müllentsorgung 23,4 Prozent draufgeschlagen werden sollen, macht die Handwerkskammer dagegen mobil. Präsident Jörg Dittrich warnt: "Insbesondere die Kleinst- und Kleinunternehmer sahen sich zuletzt einem massiven Kostendruck gegenüber, wobei steigende Kosten eine erhebliche Herausforderung darstellen und weitreichende Auswirkungen auf deren Geschäftstätigkeit haben können." Er fordert "Augenmaß", damit die Dresdner Firmen eine Chance im Wettbewerb mit denen aus anderen Städten behalten.

Welche brisanten Themen sind noch dran?

Der Rat entscheidet auch über das geplante Flusswasserwerk für die Dresdner Chip-Industrie, das für 247 Millionen Euro gebaut werden soll. Auch hier gibt es Unstimmigkeiten wegen der Finanzierung.

Diskutiert wird zudem, ob die Agentur von FDP-Fraktionschef Holger Zastrow den Zuschlag für ein Winterevent auf dem Altmarkt erhält und ob Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) den Leitenden Direktor seines neuen Direktoriums behält. Die Linke fordert, die Besetzung erst vorzunehmen, wenn das Rechnungsprüfungsamt die kritisierte Vergabe der Rathauspartys von Hilbert abschließend geprüft hat. Der jetzige Direktor, Kai Schulz, war als Amtsleiter für die Vergaben zuständig. "Es ist geboten, das Rechnungsprüfungsamt einzuschalten und das Handeln des Oberbürgermeisters und seiner Leute unter die Lupe zu nehmen", so Linke-Fraktionschef André Schollbach. "Um Schaden von der Stadt abzuwenden, sollte der hoch dotierte Direktorenposten nicht vergeben werden, bis die Prüfergebnisse vorliegen."