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Diabetes entwickelt sich zur Epidemie

Die Zuckerkrankheit zählt bereits als Epidemie. Corona hat das Problem verschärft. Eine neue Serie klärt auf.

Von Steffen Klameth
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Diabetes ist eine der häufigsten Krankheiten in Deutschland.
Diabetes ist eine der häufigsten Krankheiten in Deutschland. © dpa

Dresden. Die Einschränkungen während der Corona-Pandemie haben auch die Situation von Menschen mit Diabetes verschlimmert. „Viele Patienten berichten, dass sie im Lockdown zugenommen haben“, sagt Baptist Gallwitz, Sprecher der Deutschen Diabetes-Gesellschaft (DGG). Übergewicht zählt zu den größten Risikofaktoren von Typ-2-Diabetes. Bereits jetzt hätten 25 Prozent der Deutschen Adipositas, weitere 35 Prozent Übergewicht, sagt Dr. Jens Kröger, Vorstandschef der Deutschen Diabetes-Hilfe.

Adipositas sei die häufigste chronische Erkrankung im Kindes- und Jugendalter geworden. Insbesondere während der ersten Corona-Welle im Frühjahr 2020 hatten zahlreiche Praxen nur eingeschränkt geöffnet. Gleichzeitig habe ein Großteil der Betroffenen aus Angst vor einer Infektion den Weg zum Arzt gescheut, sagt der Tübinger Uniprofessor Gallwitz.

Die Folge: Viele Erkrankungen mit Typ-1-Diabetes, der von einer Autoimmunerkrankung ausgelöst wird, seien verspätet erkannt worden. Insbesondere Kinder unter sechs Jahren hätten bei der Erstdiagnose ein doppelt so hohes Risiko einer Stoffwechselentgleisung gezeigt, sagt Gallwitz. Er vermutet ähnliche Auswirkungen auch nach der dritten Corona-Welle.

Seit Jahren eine Epidemie

In Sachsen leben etwa 479.000 Menschen mit Typ-2-Diabetes, der auch Wohlstandsdiabetes genannt wird. Nach Angaben des Wissenschaftlichen Instituts der AOK sind das 11,7 Prozent – der dritthöchste Wert aller Bundesländer. Spitzenreiter in Sachsen ist mit einer Prävalenz von 13,4 die Region Oberlausitz-Niederschlesien mit den Landkreisen Bautzen und Görlitz.

Deutschlandweit gibt es mindestens sieben Millionen Menschen mit Diabetes. Bis zum Jahr 2040 werde diese Zahl auf zwölf Millionen steigen, sagt Gallwitz. Täglich kämen über 1.000 neue Patienten dazu. Deutschland macht dabei keine Ausnahme. Die Weltgesundheitsorganisation spricht seit Jahren von einer Epidemie.

Lücken im Gesundheitssystem

Experten wie Professor Stefan Bornstein gehen zudem von einer hohen Dunkelziffer aus. Der Klinikdirektor am Dresdner Uniklinikum verweist auf eine erhebliche Anzahl von Menschen mit Prädiabetes. Die Vorstufe der Zuckerkrankheit bleibe oft lange unentdeckt, weil das deutsche Gesundheitssystem nicht auf die Vorbeugung oder Verhinderung von Krankheiten ausgerichtet sei.

Ähnlich äußerte sich der Präsident der Sächsischen Landesärztekammer, Erik Bodendieck. Eigenverantwortung gerate immer mehr in den Hintergrund nach dem Motto: „Jeder kann machen, was er will, letztlich kommt die Gesellschaft für die Kosten auf.“

  • Mit der Serie „Diabetes – Vorbeugen, behandeln, heilen“ zeigt Sächsische.de die Tücken der Krankheit und was dagegen hilft.

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