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Campen in der freien Natur: Wo ist das erlaubt?

In der freien Natur zu campen klingt nach einem tollen Abenteuer. Erlaubt ist das aber meistens nicht. Welche Ausnahmen in Sachsen und anderen Bundesländern gelten.

Von Steffen Klameth
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Ganz schön romantisch: In der Nähe des Walderlebniszentrums Leupoldishain befindet sich der Biwakplatz Nikolsdorf – einer von sechs in der Sächsischen Schweiz. An den Wochenenden herrscht hier derzeit Hochbetrieb.
Ganz schön romantisch: In der Nähe des Walderlebniszentrums Leupoldishain befindet sich der Biwakplatz Nikolsdorf – einer von sechs in der Sächsischen Schweiz. An den Wochenenden herrscht hier derzeit Hochbetrieb. © Matthias Rietschel

Ankommen, das Zelt aufschlagen, in den Schlafsack kriechen: Ach, wie romantisch! Aber der Romantik sind hierzulande enge Grenzen gesetzt: „Zelten in der freien Natur ist in Sachsen verboten“, sagt Burkhard Beyer, Sprecher des Umweltministeriums in Dresden.

Und er verweist gleich mal auf die rechtliche Grundlage: Sächsisches Naturschutzgesetz, Paragraf 28, Absatz 1. Bei Zuwiderhandlung drohen hohe Strafen. Dabei macht Sachsen übrigens keine Ausnahme. Die meisten deutschen Bundesländer untersagen grundsätzlich das wilde Campen. Aber keine Regel ohne Ausnahme. Ein Überblick.

In Kürze:

  • Zelten in Schutzgebieten
  • Zelten im Wald
  • Zelten auf Privatgrundstücken
  • Die Alternative: Biwak
  • Boofen in der Sächsischen Schweiz bis Mitte Juni verboten
  • Das sind die Strafen für verbotenes Campen im Freien
  • Zelten im Ausland
  • Hier darf man legal in der freien Natur übernachten

Zelten in Schutzgebieten

Ein strenges Verbot gilt für Natur- und Landschaftsschutzgebiete sowie Nationalparks. „Nationalparks sind Schutzgebiete, in denen sich die Natur weitgehend ungestört und möglichst ursprünglich entfalten kann“, sagt Hanspeter Mayr, Sprecher der Nationalparkverwaltung Sächsische Schweiz. Aus dem gleichen Grund ist in Deutschland auch das Wildcampen an Stränden und in Dünen untersagt.

Zelten im Wald

Die meisten Bundesländer untersagen das Zelten im Wald ausdrücklich. Damit soll das Ökosystem geschützt werden. Wer genauer hinschaut, entdeckt aber Ausnahmen – auch in Sachsen. Im linkselbischen Teil des Elbsandsandsteingebirges, verläuft seit wenigen Jahren der Forststeig. Wanderer können ihn binnen sechs bis acht Tagen abschreiten, ohne ein Hotel oder eine Pension aufsuchen zu müssen. Stattdessen stehen fünf Hütten und sechs Biwakplätze für die Übernachtung zur Verfügung.

„In diesem Jahr werden die Biwakplätze regelrecht überrannt, vor allem am Wochenende“, sagt Frank Moosdorf vom Staatsbetrieb Sachsenforst. Im Unterschied zu einem Campingplatz geht es hier sehr spartanisch zu. Die Plätze haben weder Strom noch Trinkwasser, der größte Luxus ist ein Trockenklo. Der Aufenthalt ist auf eine Nacht beschränkt und kostet für den Hüttenplatz zehn Euro und für den Zeltplatz fünf Euro pro Person; Kinder und Jugendliche zahlen nur einen Euro. Die Tickets müssen vorab gekauft und bei Ankunft entwertet werden.

Der Nachteil: Wer zu spät kommt, hat möglicherweise Pech. Gerade mal fünf Zwei-Mann-Zelte haben hier Platz. Eine Reservierung ist nicht möglich und sei auch nicht geplant, sagt Moosdorf: „Das schaffen wir leider nicht.“ Dass es auch anders geht, zeigen andere Bundesländer. In den meisten Fällen ist dort eine Vorab-Buchung über das Internet sogar Bedingung. Dabei erfährt man in der Regel sofort, ob der Platz noch verfügbar ist. „Corona-Pandemie – Trekkingplätze überfüllt“ warnt beispielsweise die Stiftung Naturschutz in Schleswig-Holstein.

Zelten auf Privatgrundstücken

Auf Privatgrundstücken einschließlich Feldern darf der Besitzer entscheiden, ob er Fremden das Zelten erlaubt oder verwehrt – also immer vorher fragen. Wege und die Nähe von Wohnhäusern sind dabei tabu.

Die Alternative: Biwak

Was tun, wenn man mit seinem Zelt nirgendwo Platz findet – oder gar keins dabeihat? Die Antwort heißt Biwakieren, also das Übernachten unter freiem Himmel, beispielsweise mit Isomatte, Schlafsack oder in der Hängematte. „Das Biwakieren fällt unter das Betreten der freien Landschaft zum Zwecke der Erholung und ist damit erlaubt“, erklärt das sächsische Umweltministerium.

Klingt gut, aber ganz so einfach ist es nun auch wieder nicht. In Naturschutzgebieten und Nationalparks sind sowohl Zelten als auch Biwakieren verboten. Jedenfalls in den allermeisten Fällen.

Boofen in der Sächsischen Schweiz bis Mitte Juni verboten

Die Sächsische Schweiz macht auch hier eine Ausnahme. An 58 genau festgelegten Orten außerhalb der Kernzone darf man in Höhlen oder unter Felsen übernachten. Das sogenannte Boofen hat bei Kletterern Tradition und wird nicht zuletzt deshalb von den Behörden geduldet.

Allerdings ist das Boofen seit Mai 2022 nicht mehr das ganze Jahr über erlaubt. Vom 1. Februar bis zum 15. Juni ist das Boofen künftig verboten. Die Regelung gilt vorerst befristet für drei Jahre und trat am 20. Mai erstmals in Kraft. Grund ist die Brutzeit der Wanderfalken, die durch das Verbot besser geschützt werden sollen.

Das Biwak-Verbot gilt in Sachsen auch für Wälder. So will es das Waldgesetz, das die entsprechende Regelung im Naturschutzgesetz außer Kraft setzt. Dasselbe Gesetz erlaubt aber auch eine Ausnahme: Wenn der Besitzer einverstanden ist, darf man durchaus auf dem Waldboden nächtigen. Voraussetzung ist, dass man dem Wald keinen Schaden zufügt. Das heißt: kein Schmutz, kein Feuer, kein Lärm.

Kletterer beim Boofen im Nationalpark Sächsische Schweiz.
Kletterer beim Boofen im Nationalpark Sächsische Schweiz. © Mike Jäger

Das sind die Strafen für verbotenes Campen im Freien

Wer sich nicht an die Gesetze hält, begeht eine Ordnungswidrigkeit. Die Höhe der Bußgelder können die Bundesländer selbst bestimmen, und so gibt es auch hier zum Teil deutliche Unterschiede. Besonders teuer kann es in Sachsen werden: Paragraf 49 des Sächsischen Naturschutzgesetzes legt fest, dass die Bußgelder bis zu 15.000 Euro betragen können – und sogar bis zu 50.000 Euro, wenn man in Schutzgebieten wild kampiert, erläutert das Umweltministerium. Geschieht der Verstoß ohne Vorsatz, beträgt der Höchstsatz die Hälfte der angegebenen Summen. Bei Hausfriedensbruch, Sachbeschädigung oder Brandstiftung sind rechtliche Konsequenzen möglich.

Für die Kontrollen sind die Forst- bzw. Naturschutzbehörden zuständig. Dem Sächsischen Umweltministerium liegen nach eigener Auskunft keine Aussagen zu Zahlen und regionalen Schwerpunkten vor. In der Sächsischen Schweiz kontrollieren die Nationalparkwacht und ehrenamtliche Helfer täglich. Mitarbeiter von Landratsamt und Polizei unterstützen den Kampf gegen illegale Feuer. Laut Sprecher Mayr leitet die Nationalparkverwaltung jährlich zwischen 400 und 500 Ordnungswidrigkeitsverfahren ein.

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Zelten im Ausland

Freunde des Wildcampens schwärmen von Schweden. Dort gilt das Allemansrätten – das Jedermannsrecht. Es ist sogar im Grundgesetz verankert. Es erlaubt allen Menschen, sich überall in der freien Natur zu bewegen. Man darf eine Nacht auf privaten Grundstücken zelten – allerdings nicht in Sichtweite von Häusern – und sogar Feuer machen, wenn man das Holz vom Boden sammelt. Einschränkungen kann es in einigen Kommunen sowie in Naturschutzgebieten und Nationalparks geben. Sammeln von Beeren, Pilzen und Nüssen ist dort verboten.

Was nicht jeder weiß: Ähnliche Regelungen zum Übernachten im Freien gibt es auch in Schottland und in der Schweiz. Auch hier sind aber Einschränkungen möglich, etwa in der Nähe von bewohnten Gebäuden, oder wenn Verbotsschilder etwas anderes kundtun.

Sachsen: Sechs Biwakplätze am Forststeig/Sächsische Schweiz; fünf Euro p. P.; Ticketkauf vorab nötig; keine Reservierung möglich. www.forststeig.de

Bayern: Etwa 15 Trekkingplätze im Frankenwald, Steigerwald und im Spessart; nur mit Vorab-Buchung; 4,80 bzw. zehn Euro pro Zelt. www.trekking-bayern.de

Baden-Württemberg: Neun Trekkingcamps im Schwarzwald; nur mit Vorab-Buchung; zehn Euro pro Zelt. www.nationalpark-schwarzwald.de

Rheinland-Pfalz: 15 Trekkingplätze im Pfälzerwald und drei Trekkingcamps am Soonwaldsteig; nur mit Vorab-Buchung; zehn Euro pro Zelt. www.trekking-pfalz.de und www.soonwaldsteig.de

Nordrhein-Westfalen: 13 Trekkingplätze im Naturpark Hohes Venn – Eifel; nur mit Vorab-Buchung; zehn Euro pro Zelt. www.trekking-eifel.de

Schleswig-Holstein: Knapp 20 Trekkingplätze, die zum Teil von privaten Besitzern angeboten werden. Die Nutzung ist kostenlos. Ob eine Anmeldung nötig ist, hängt vom Platz ab. www.wildes-sh.de

Brandenburg: Große Auswahl an Plätzen Wasserwanderer; zum Teil kostenlos, viele ohne Voranmeldung. www.reiseland-brandenburg.de

Mecklenburg-Vorpommern: Ein Dutzend Biwakplätze, die meisten für Wasserwanderer, in der Mehrzahl kostenlos. www.jedermannsland.de

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