Dresden. Mit dem Spitzenspiel am Samstag gegen Preußen Münster startet für Dynamo Dresden der Saisonendspurt, an dessen Ende der fünfte Zweitliga-Aufstieg der Vereinsgeschichte gefeiert werden soll. Als Tabellenzweiter hat die Mannschaft von Trainer Markus Anfang dafür eine gute Ausgangslage. Doch es sind noch acht Spiele, und in der heißen Phase der Saison kann alles passieren - wie der Blick in die Vergangenheit zeigt:
2004: Trainer Christoph Franke verbietet die Aufstiegsfeier
Dynamo zählt im Frühjahr 2004 nicht unbedingt zu den Aufstiegsfavoriten. Erst ein Jahr zuvor ist das Team von Trainer Christoph Franke aus der viertklassigen Oberliga aufgestiegen und spielt in der drittklassigen Regionalliga Nord 2003/04 erst seine zweite Saison. Acht Spieltage vor Schluss befinden sich die Dresdner jedoch mitten im Aufstiegskampf.
Vier Mannschaften haben am 26. Spieltag noch realistische Chancen auf den Zweitliga-Aufstieg, Dynamo aber die schlechteste Ausgangslage. Die Schwarz-Gelben liegen hinter dem Wuppertaler SV (51 Punkte), Rot-Weiss Essen (50 Punkte), dem SC Paderborn (50 Punkte) und dem nicht aufstiegsberechtigten SV Werder Bremen II (47 Punkte) nur auf Platz fünf. Vier Zähler Rückstand sind es auf den Tabellenführer Wuppertal.
Am Ende steigen aber nicht die Rheinländer auf, sondern Essen und Dynamo. Am vorletzten Spieltag ist die Dresdner Rückkehr in die 2. Bundesliga nach dem 1:0-Sieg gegen den VfR Neumünster eigentlich klar. Die Fans stürmen auf den Rasen, überschütten die Spieler mit Bier. Doch es gibt noch ein Restrisiko. Die Konstellation damals: drei Punkte Vorsprung auf den ersten Nicht-Aufstiegsplatz und die um 13 Treffer bessere Tordifferenz.
Trainer Franke will deshalb noch nicht feiern. Seine Ansage: "Ich will es erst zu 100 Prozent sicher haben." Sogar das vorsorglich bestellte Buffet im Dorint-Hotel wird kurzfristig abgesagt, die Mannschaft trifft sich zu einer internen Feier in der Gaststätte "Zur Tenne" in Pennrich. Eine Woche später sind mehr als 15.000 Dynamo-Fans in Krefeld dabei, wo die Dresdner gegen Uerdingen zwar mit 0:1 verlieren, ihnen der Aufstieg in die 2. Bundesliga aber nicht mehr zu nehmen ist.
2011: Dynamo krönt eine furiose Aufholjagd
Sieben Jahre später ist die Ausgangslage acht Spiele vor dem Ende sogar noch schlechter. Am 30. Spieltag steht Dynamo lediglich auf Platz sechs und hat nur noch Chancen auf den Relegationsplatz. Eintracht Braunschweig und Hansa Rostock stehen so gut wie uneinholbar an der Spitze.
Zudem rutscht Dynamo in eine Krise. Mit Cheftrainer Matthias Maucksch – vom Publikum geschätzt, intern aber nicht mehr unumstritten – läuft es in den Wochen zuvor nicht mehr wie gewünscht. Nach drei Niederlagen in Folge wird er am 32. Spieltag beurlaubt. Der Verein verpflichtet Ralf Loose als Nachfolger. Für die Mannschaft eine echte Überraschung.
"Man erwartet dann so einen wie Pavel Dotchev oder so. Einen Trainer also, der schon mal bei einem Verein im Osten war", erinnert sich Torhüter Benjamin Kirsten, der kurz zuvor von Maucksch zum neuen Stammtorwart befördert wurde, an die Situation im April 2011. Doch Loose ist genau der Richtige für Dynamo. "Gerade, weil er ein Trainer war, den man so nicht erwartet hätte, der einen ganz speziellen Humor hatte und die Mannschaft super gekriegt hat", meint Kirsten.
Unter Loose startet die Mannschaft die erhoffte Erfolgsserie und gewinnt bis zum Saisonende fünf Partien und spielt einmal unentschieden. In der Relegation setzen sich die Schwarz-Gelben letztendlich gegen den VfL Osnabrück in zwei denkwürdigen Partien durch und steigen so doch noch in die 2. Bundesliga auf.
2016: Dynamo marschiert durch die Liga
Deutlich souveräner ist die Saison 2015/16. Seit dem dritten Spieltag steht das Team von Trainer Uwe Neuhaus, der erst vor der Spielzeit verpflichtet worden ist, auf Platz eins. Mit seiner unaufgeregten und professionellen Art formt der gebürtige Westfale aus seiner Mannschaft ein echtes Team und hat letztendlich einen sehr großen Anteil an einer überragenden Saison.
"Wir haben die Liga dominiert, sind durchgegangen wie ein heißes Messer durch die Butter", erinnert sich Kapitän Michael Hefele 2021 im Gespräch mit Sächsische.de an die Saison der Rekorde. Insgesamt muss Dynamo nur zwei Saisonniederlagen hinnehmen. Mit Justin Eilers und Pascal Testroet, die zusammen auf 41 Tore kommen, stellt die Sportgemeinschaft zudem das beste Stürmerduo der Liga.
Acht Spieltage vor Schluss ist Dynamo schon so gut wie aufgestiegen. 14 Punkte Vorsprung hat Dresden vor dem Dritten Osnabrück, 16 Zähler sind es auf den ersten Nicht-Aufstiegsplatz. Perfekt gemacht wird die Rückkehr in die 2. Bundesliga am 34. Spieltag mit einem 2:2 beim 1. FC Magdeburg.
Danach werden die Aufstiegshelden von den Fans zur großen Party in Dresden im Stadion empfangen, allerdings schlagen einige Anhänger über die Stränge. Vermummte stürmen den Rasen, es werden unentwegt Bengalos gezündet, der MDR bricht seine Live-Übertragung ab. Der Verein schreibt später in einer Pressemitteilung von einer "Horde vermummter, gewaltbereiter, selbstherrlicher und asozialer Hohlköpfe". Die Dresdner Spieler feiern derweil in der In-Disco My House am Alten Schlachthof bis in die frühen Morgenstunden.
2021: Randale überschatten Dynamos Zweitliga-Rückkehr
2021 muss die große Party ausfallen. Am vorletzten Spieltag steigt Dynamo nach dem 4:0-Sieg gegen Türkgücü München zwar in die zweite Liga auf. Aufgrund der Corona-Beschränkungen findet die Partie aber ohne Zuschauer statt, es gilt ein Versammlungsverbot, die Polizei riegelt das Stadion weitläufig ab. Es versammeln sich trotzdem rund 3.000 Fans in Stadionnähe.
Während die Spieler ohne die Fans ausgelassen auf dem Rasen feiern, tobt vor dem Rudolf-Harbig-Stadion ein Straßenkampf. Es werden dabei 185 Polizeibeamte, mehrere Journalisten und eine unbekannte Zahl Fans zum Teil schwer verletzt. Es ist wahrscheinlich der traurigste Aufstieg, den Dynamo je erlebt hat.
Sportlich läuft die Saison lange Zeit perfekt. Seit dem 15. Spieltag stehen die Dresdner auf Platz eins. Doch das Team gerät im Saisonendspurt in eine Krise. Nach vier tor- und sieglosen Spielen in Folge wird Trainer Markus Kauczinski vier Spieltage vor dem Ende entlassen. Nachfolger Alexander Schmidt verliert kein Spiel und wird mit Dynamo am Ende sogar noch Meister der 3. Liga.