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Bautzens Landrat spricht über umstrittenes Weihnachtsvideo

Auf eine Botschaft von Udo Witschas gab's im Dezember viel Kritik. Jetzt erklärte er, wie die Ansprache entstanden ist - und dass er sie hätte anders formulieren können.

Von Reiner Hanke
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Bautzens Landrat Udo Witschas hat jetzt bei einem Bürgerforum in Kamenz darüber gesprochen, wie seine umstrittene Weihnachtsbotschaft, auf die es bundesweit Reaktionen gab, entstanden ist.
Bautzens Landrat Udo Witschas hat jetzt bei einem Bürgerforum in Kamenz darüber gesprochen, wie seine umstrittene Weihnachtsbotschaft, auf die es bundesweit Reaktionen gab, entstanden ist. © SZ/Uwe Soeder

Kamenz/Bautzen. Die viel kritisierte Weihnachtsrede des Bautzener Landrates Udo Witschas (CDU) erregt noch immer die Gemüter. So drehten sich auch bei seinem ersten Bürgerforum im Jahr 2023, das in Kamenz stattfand, etliche Fragen darum und generell um den Umgang mit Flüchtlingen. Ob er seine Aussagen noch einmal so wiederholen würde, fragte einer der Gäste.

Der Landrat gab keine direkte Antwort, sprach aber über die Hintergründe, die letztlich zu der auf Facebook verbreiteten Botschaft geführt haben sollen. In dem Video versichert Witschas, er werde Flüchtlinge weder in Turnhallen noch in leerstehenden Wohnungen unterbringen. Das würde den sozialen Frieden gefährden und den Sport bluten lassen.

Ausgangspunkt sei die Kreistagssitzung im Dezember gewesen. Dort ging es um die Einrichtung einer weiteren Flüchtlingsunterkunft im Hoyerswerdaer Stadtteil Kühnicht, um die vom Freistaat avisierten Flüchtlinge aufnehmen zu können. Das lehnte der Kreistag ab.

Witschas spricht von dramatischer Stimmung

In Hoyerswerda habe sich die Stimmung dann zugespitzt, sagt Udo Witschas beim Bürgerforum in Kamenz. Er spricht von „Verantwortlichen aus Vereinen“, die auf ihn zugekommen seien. Sie hätten wörtlich von „dunklen Kräften“ berichtet. Die wären im Verein unterwegs gewesen, um Falschinformationen zu verbreiten. Der Landkreis „würde zum 1. Januar die Sporthallen beschlagnahmen“. Es sei eine dramatische Stimmung erzeugt worden, so Witschas.

So seien in Wohngebieten „finstere Gestalten“ von Eingang zu Eingang gezogen. Die hätten an Wohnungen geklingelt, um Leute anzusprechen. Sie sollen gesagt haben, der Landrat habe festgelegt, dass im Januar junge syrische und afghanische Männer in leer stehende Wohnungen in der Nachbarschaft einziehen sollen.

So habe sich die Stimmung vier Tage vor Weihnachten hochgeschaukelt. Man habe dem entgegentreten müssen, so Witschas. Er habe die Botschaft senden wollen, dass der Landkreis ein Problem habe, es aber nicht so lösen werde, wie suggeriert wurde. Dass der Kreis nicht beabsichtige, Sporthallen zu schließen. Und dass Menschen, die neu hierher kommen und noch nicht so genau wissen, wie es in unserer Gesellschaft langgeht, nicht in diesen Wohnungen untergebracht würden.

Witschas räumte ein, man hätte noch einen Tag darüber schlafen und die Botschaft anders formulieren können.

Willkommenszentren für Fachleute geplant

Nun sei aber großer Schaden für das Ansehen des Landkreises entstanden, kritisierte ein Bürger. Man wolle Gewerbegebiete und Großforschungsprojekte entwickeln, Forscher aus dem Ausland herholen, das passe nicht zusammen. Warum seien die Hintergründe nicht dargestellt worden?

Er sehe diesen Schaden nicht, antwortete Witschas. Bautzen sei jetzt erst beliebtester Reiseort in einer Umfrage geworden. Der Kreis stehe im internationalen Austausch mit Wissenschaftlern. Nicht nur für das geplante Astroforschungszentrum. Auch ein Bauforschungszentrum bleibe im Gespräch. Er habe noch keinen Wissenschaftler erlebt, der nicht in den Kreis Bautzen kommen wolle, sagte Witschas. Das Interesse sei groß. So kündigte der Kreis auch an, gemeinsam mit Görlitz mehrere Willkommenszentren einzurichten, um Fachleuten den Weg in die Region zu erleichtern.

Notquartiere entstehen in Kamenz und Hoyerswerda

Für die Unterbringung von Flüchtlingen sollten in der Regel Gemeinschaftsunterkünfte genutzt werden, bekräftigte Witschas. Allein im Januar und Februar seien 244 Asylbewerber zu erwarten. Im März rechnet man im Landratsamt mit weiteren 180 Flüchtlingen.

Für die Menschen würden jetzt zwei Notquartiere vorbereitet, die im März zur Verfügung stehen sollen. Eines in Kamenz. Dort wird im bereits bestehenden Asylbewerberheim ein ungenutzter Bereich des Blocks an der Macherstraße hergerichtet. Der sei bei der Sanierung vor Jahren nicht mit umgebaut worden.

In der Kürze der Zeit könne der Flügel nur als Notunterkunft hergerichtet werden. Dort sollen ab März 100 Plätze zur Verfügung stehen. Und etwa 100 weitere in einem Gebäude in Hoyerswerda auf der Dillinger Straße, das bereits 2015/16 als Notunterkunft genutzt worden sei. Bis Anfang März würden außerdem noch 450 Ukrainer erwartet.

Linke fordert bessere Integration

Zu Gemeinschaftsunterkünften gibt es unterschiedliche Sichtweisen. Die machte beim Bürgerforum der Kamenzer Stadtrat Alex Theile (Linke) deutlich. Er und seine Partei plädieren nach wie vor grundsätzlich für eine dezentrale Unterbringung. Er sehe das Konfliktpotenzial, wenn Menschen aus unterschiedlichen Ländern in solchen Gemeinschaftsräumen zusammenleben, sagte Theile.

Außerdem plädiere er für bessere Integration. Theile wollte wissen, wie der Kreis damit umgehen will und ob inzwischen eine geplante Runde mit Flüchtlingshelfern stattgefunden hat.

Nach den Worten von Vizelandrat Jörg Szewczyk sucht der Kreis auch nach Möglichkeiten der dezentralen Unterbringung. Dazu habe er die Kommunen angesprochen. Im Ergebnis dessen stünden insgesamt 57 Wohnungen im Kreis zur Verfügung.

Bei den ukrainischen Kriegsflüchtlingen habe der überwiegende Teil bisher dezentral untergebracht werden können. Aber auch hier sei man jetzt an Grenzen gekommen. Die Verwaltung sei momentan dabei, ein Gesamtkonzept zur dezentralen Unterbringung von Flüchtlingen zu erarbeiten.

Zum Thema Integration mache er sich derzeit ein Bild, schließlich sei er erst seit November im Amt, so Szewczyk. Anfang März werde es ein Gespräch mit den Beteiligten in der Flüchtlingshilfe geben. Auch über Dinge, die der Kreis besser machen könnte.