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Jahresrückblick: Wie der Wahlkampf OB Dirk Hilbert verändert hat

Nach anfänglichen Pannen konnte sich OB Dirk Hilbert (FDP) im zweiten Wahlgang seine Wiederwahl sichern. Seither agiert Dresdens OB anders.

Von Dirk Hein
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"Ich erteile mein Einvernehmen nicht": OB Dirk Hilbert und der Rat streiten noch immer über die Wahl neuer Bürgermeister.
"Ich erteile mein Einvernehmen nicht": OB Dirk Hilbert und der Rat streiten noch immer über die Wahl neuer Bürgermeister. © Archivbild: Sven Ellger

Dresden. Seit dem 10. Juli 2022 ist klar: Dirk Hilbert kann sieben weitere Jahre Oberbürgermeister bleiben. Am Ende setzte sich der OB mit 45,3 Prozent der abgegebenen Stimmen deutlich gegen Mitbewerberin Eva Jähnigen (Grüne, 38,3 Prozent) durch. Doch der Wahlkampf hat den OB sichtlich mitgenommen. Im Interview mit Sächsische.de sprach er offen über erlittene Kränkungen und Schmähungen und sein zerstörtes Vertrauensverhältnis zur bisherigen Umweltbürgermeisterin Eva Jähnigen - wenig später startete Hilbert einen radikalen Umbau der Verwaltungsspitze, der Dresden noch immer lähmt.

Mit welcher Panne startete der OB in den Wahlkampf?

Weil mit Stadtfest-Organisator Frank Schröder mindestens eine nicht in Dresden stimmberechtigte Person in wichtiger Rolle dabei half, dass Dirk Hilbert erneut als OB-Kandidat aufgestellt wurde, gab es reichlich juristischen Ärger. Schröder war Mitglied in Hilberts Wahl-Verein "Unabhängige Bürger für Dresden", stimmte bei dessen Aufstellung als OB-Kandidat jedoch entgegen der Bestimmung mit ab und unterzeichnete überdies an Eides statt, dass bei der Wahl alles fehlerfrei ablief.

All dies war formal aber nicht erlaubt. Sieben Beschwerden von Konkurrenten lagen Mitte April gegen die Zulassung von Dirk Hilbert als OB-Kandidat vor. Im für ihn ungünstigsten Fall wäre Hilbert als amtierender OB nicht zur Wahl zugelassen worden. Am 28. April stand dann aber fest: Beide Verstöße von Hilberts Wahl-Team sind zwar relevant, wiegen aus Sicht der Landesdirektion aber nicht so schwer, dass sie einen Ausschluss Hilberts von der Wahl rechtfertigen.

So liefen die Wahlen ab

Am 12. Juni waren die Dresdner dann zum ersten Mal aufgefordert, einen neuen Oberbürgermeister zu wählen - oder eine neue Oberbürgermeisterin. Angetreten waren der bisherige OB Dirk Hilbert (FDP), der vom Verein "Unabhängige Bürger für Dresden" nominiert war, sowie Eva Jähnigen (Grüne), Albrecht Pallas (SPD), André Schollbach (Linke) und Maximilian Krah (AfD). Vier weitere Kandidaten traten ohne Erfolgsaussichten an.

Hilbert errang 32,5 Prozent der Stimmen. Zur deutlichsten Herausforderin wurde Eva Jähnigen gewählt, die 18,9 Prozent der Stimmen erreichte. Sie wurde daher im zweite Wahlgang unter anderem von Albrecht Pallas und André Schollbach unterstützt.

Doch diese Unterstützung blieb zurückhaltend. Am 10. Juli wurde Hilbert mit 45,3 Prozent der Stimmen als OB im Amt bestätigt, Eva Jähnigen (Grüne) landet mit 38,3 Prozent auf dem zweiten Platz. Hilbert feierte seinen Sieg ausgelassen auf Schloss Eckberg.

Am 10. Juli feierte OB Dirk Hilbert zusammen mit seiner Ehefrau Su Yeon seinen Wahlsieg.
Am 10. Juli feierte OB Dirk Hilbert zusammen mit seiner Ehefrau Su Yeon seinen Wahlsieg. © www.loesel-photographie.de

"Ich bin zu sehr Ossi, das ist mein Problem"

Sieben Jahre lang hatten Politiker, Journalisten und Amtsleiter im Rathaus den immer gleichen und vermeintlich in sich ruhenden OB erlebt. Hilbert saß viele Probleme aus, kümmerte sich mit stoischem Gleichmut erst im scheinbar letzten Moment um die anstehenden großen Streitthemen. Dieser Gleichmut brachte ihm intern den Spitznamen "Buddha" ein.

Geblieben ist davon nichts. Bereits Anfang 2022 hatte Hilbert einen deutlichen Umbau der Verwaltungssitze angekündigt. Verschiedene Ressorts sollten neu angeordnet, konservative Kräfte mehr Einfluss bei der Wahl der Bürgermeister bekommen. Wirklich ernst genommen hat den OB damals niemand. Zu groß war die Hoffnung, dass Hilbert gar nicht erst wiedergewählt wird - oder er sich am Ende zu einem halbherzigen Kompromiss hinreißen ließe.

Noch im August war es Mehrheitsmeinung im Rat: "Im Zweifel knickt der OB ein". Doch der hatte, den Wahlsieg im Rücken, keine Lust mehr auf Kompromisse. Im Interview hatte Hilbert das vorher schon angekündigt: "Das ist mein Problem. Ich bin zu sehr Ossi und zu wenig Verkäufer. In diesem Punkt kann ich mich als Oberbürgermeister noch weiterentwickeln."

Eine Zusammenarbeit mit Eva Jähnigen, die als Umweltbürgermeisterin wiedergewählt werden sollte, bezeichnete er als schwer vorstellbar. "Wer mit Brachialgewalt die Änderung will, wer die kooperative Basis aufgekündigt hat, muss damit rechnen, dass dies angekommen ist." Er selber wolle nicht mehr so kooperativ wie bisher sein. "Kollegialität war bislang mein Stil, aber es wird Änderungen geben."

Als neuer OB wolle er die Richtung der nächsten sieben Jahre klar vorgeben. "Wer diesen Weg mitgeht, der bekommt mein Einvernehmen. Wer nicht unterschreibt, bekommt es nicht." Seither hält der OB diesen Weg durch - noch immer gibt es in Dresden keine neuen Bürgermeister, die ohne Zustimmung von Hilbert nur mit einer Zweidrittelmehrheit wählbar wären.

Welche Pläne hat Eva Jähnigen?

Im OB Wahlkampf attackierten sich Eva Jähnigen und Dirk Hilbert extrem hart, warfen sich gegenseitig Unfähigkeit im Amt vor. Formal ist Frau Jähnigen immer noch die Kandidatin der Grünen für das Amt der Umweltbürgermeisterin. Die Wahl scheiterte mittlerweile aber viermal im Rat. Aktuell ist der Streit so verfahren, dass sich alle Beteiligten auf eine Moderation einigten. Details dazu werden geheim gehalten.

"Ich möchte weiter Bürgermeisterin werden. Dresden hat einen Dürresommer erlebt, für Klima und Natur gibt es viel zu tun", so Frau Jähnigen. "Dafür stehe ich sehr gerne zur Verfügung, wenn ich das Vertrauen des OBs im Zuge eines Kompromisses bekomme." Eine der Kompromissvarianten des OBs plante tatsächlich erneut mit Frau Jähnigen, doch auch dieser Vorschlag scheiterte.

Sollte Eva Jähnigen nicht erneut als Bürgermeisterin gewählt werden, will sie wieder als Anwältin in einer eigenen Kanzlei mit der Spezialisierung auf öffentliches Recht und Sozialrecht arbeiten. Erste Seminare mit ihr als Kursleiterin seien zudem schon geplant.