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Wie Corona die Görlitzer Gastronomie verändert

Drei Wirte machen ihr Außengelände schöner. Eine Altstadtkneipe hat dicht gemacht. Und ein Fünfter ist nicht mehr zu erreichen.

Von Ingo Kramer
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Kochwerk-Inhaber Sebastian Sarfert steht auf seinem neu gestalteten Hof am Görlitzer Demianiplatz.
Kochwerk-Inhaber Sebastian Sarfert steht auf seinem neu gestalteten Hof am Görlitzer Demianiplatz. © Martin Schneider

Alles neu macht der Spätsommer. Zum Beispiel bei Sebastian Sarfert im Kochwerk am Görlitzer Demianiplatz. „Wir haben das Außengelände umgestaltet“, sagt der Inhaber des veganen Bistros. Wo vorher nur maximal 16 Gäste sitzen konnten, ist durch eine optimierte Platzausnutzung nun genug Raum für 24. Auch eine neue Palisade gibt es. „Und wir hatten immer das Problem, dass wir keine gute Abstellmöglichkeit für Fahrräder anbieten konnten“, berichtet Sebastian Sarfert. Auch das konnte nun erfolgreich gelöst werden. Jetzt gibt es zehn Fahrradständer.

Rohbau der Terrasse ist jetzt fertig

Das Kochwerk ist nicht das einzige Lokal, das sein Außengelände optimiert. Auf der Neißstraße hat das Barbecue eine neue Terrasse als Biergarten errichtet – und zwar an der Ecke zum Hainwald – da, wo früher der „Pauker“ seine Terrasse hatte. Inzwischen ist der Rohbau der neuen Terrasse mitsamt Belattung und Stromanschluss fertig. „Nur die Stühle und Schirme fehlen noch“, sagt Inhaber Andreas Nixdorf. Bei den Stühlen gebe es aktuell Lieferschwierigkeiten. Doch Nixdorf ist optimistisch, dass das Mobiliar demnächst eintrifft. „Dann werden wir so schnell wie möglich mit fünf bis sechs Tischen starten, ganz gemütlich“, sagt er. Nächstes Jahr sollen es noch mehr Tische werden.

Auch das Ristorante Da Vinci am Demianiplatz investiert in eine neue Außenterrasse – und zwar an der Stelle, wo bisher schon eine Terrasse ist. Die Neue erhält ein Dach und an den Seiten Sonnensegel, erklärt Inhaber Philipp Palme. Im Winter sollen die Sonnensegel durch Plexiglasscheiben ersetzt werden, sodass die Terrasse dann einem Wintergarten ähneln wird. „Dann wollen wir auch vier bis fünf Heizpilze aufstellen, sodass Gäste selbst bei Außentemperaturen von null Grad noch auf der Terrasse speisen können“, sagt er.

Hintergrund beim Da Vinci ist die Corona-Situation: Philipp Palme rechnet damit, dass irgendwann im Herbst der Tag kommen wird, an dem die 3G- oder gar die 2G-Regel greift, also dass er Gäste, die nicht geimpft, genesen oder getestet sind, in den Innenräumen nicht mehr bedienen darf. Dann will er trotzdem ein Angebot für alle Gäste aufrechterhalten. Wer geimpft, genesen oder getestet ist, darf ins Restaurant – und wer nicht, wird auf der neuen Terrasse bedient, auch im Winter. Nächste oder übernächste Woche will er mit dem Bau seines Wintergartens beginnen, im Laufe des Oktobers will er fertig sein.

Der „Pauker“ ist noch immer zu

So optimistisch wie Sebastian Sarfert, Andreas Nixdorf und Philipp Palme sind nicht alle Gastronomen. Der „Pauker“ auf der Neißstraße beispielsweise ist immer noch zu. Inhaberin Petra Siegel hatte das Lokal schon vor Monaten geschlossen. An der Tür weist immer noch ein Schild darauf hin, dass ein neuer Betreiber gesucht wird.

Nicht besser sieht es beim Restaurant „Jakobs Söhne“ auf der Jakobstraße aus. Als eines von bisher nur ganz wenigen in Görlitz ist es der Corona-Krise zum Opfer gefallen. Inhaber Enrico Merker hat es nach dem Ende des Lockdowns im Juni nicht mehr wiedereröffnet. Er hat auch bis heute kein Schild an die Tür gehängt, sodass für Passanten unklar ist, ob, wann und mit welchem Inhaber es wieder eröffnet.

Ein Bild aus besseren Zeiten: Sarah und Enrico Merker stehen im „Neiß“ auf der Weberstraße.
Ein Bild aus besseren Zeiten: Sarah und Enrico Merker stehen im „Neiß“ auf der Weberstraße. © Nikolai Schmidt

Für die SZ war Enrico Merker am Mittwoch und Donnerstag nicht erreichbar. Beim Interview im Juni hatte er gesagt, dass er kein Personal habe – weder für das „Jakobs Söhne“ noch für das „Neiß“ in der Weberstraße. Im Lockdown hatte er nach und nach das Personal entlassen. Die Lehrlinge waren die ersten. Sie hatten ihre Ausbildung erst im September angefangen. Drei Monate später war für sie Schluss: „Da war absehbar, dass der Lockdown wohl noch eine Weile dauern würde.“ Spitzenkoch Tom Hockauf war schon vorigen Sommer von sich aus weggegangen, die anderen Köche und Kellner mussten teils zum Jahreswechsel, teils im Februar gehen.

„Jetzt sind wir nur noch zu dritt“, sagte der 38-Jährige im Juni. Neben ihm und seiner 35-jährigen Frau war nur ein Hilfskoch geblieben. Genau das aber war nun das große Problem: „Wir können aktuell nicht aufmachen, weil wir keine Leute haben.“ Vor allem bräuchte es gute Köche: „Meine Frau und ich sind keine Köche.“

Die meisten von denen, die sie entlassen mussten, haben inzwischen neue Stellen gefunden, vermutete Enrico Merker damals: „Einer oder zwei wären bereit, wieder anzufangen.“ Doch das reicht nicht: Drei oder vier Leute braucht es, um starten zu können. Vor allem deshalb war die Zukunft damals völlig offen. Doch schon wenige Tage später gab es zumindest für das „Neiß“ Klarheit: Die Merkers gaben es an Grünen-Stadträtin Jana Krauß ab, die es zum Lesecafé umbaut. Für das „Jakobs Söhne“ aber hoffte er auf eine Neueröffnung im Juli. Doch bis heute ist das nicht passiert. Inzwischen mehren sich die Gerüchte, dass die Merkers auch dieses Lokal abgeben. Die SZ hätte das gern direkt erfragt, doch niemand geht derzeit ans Telefon.