Dresden
Merken

Trotz neuer Liebe: Ein schwieriges Jahr für Dresdens Oberbürgermeister

Eigentlich ist 2023 mit dem Ende des Dresdner Bürgermeisterstreits für Dirk Hilbert (FDP) ganz gut gestartet. Doch sowohl politisch als auch privat verlief das Jahr für den OB schwierig.

Von Andreas Weller
 5 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
2023 gab es viele Momente, in denen OB Hilbert nachdenklich war und nahe der Verzweiflung wirkte.
2023 gab es viele Momente, in denen OB Hilbert nachdenklich war und nahe der Verzweiflung wirkte. © Matthias Rietschel

Dresden. Ob 2023 für ihn ein gutes Jahr war, kann Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) nur selbst beurteilen. Öffentlich tappte er von einem Dilemma zum nächsten. Negativer Höhepunkt war, dass Noch-Ehefrau Su Yeon Hilbert ihren Ex wegen Körperverletzung anzeigte und gegen das Stadtoberhaupt ermittelt wurde.

Dazu kommen fortwährende Streitigkeiten mit dem Dresdner Stadtrat. Zum Jahresende gab es dann einen versöhnlichen Erfolg zu vermelden - der Rat beschloss, dass Dresden sich für die Bundesgartenschau (Buga) 2033 bewirbt - Hilberts Herzensprojekt.

Bürgermeisterstreit gelöst, aber Gräben vertieft

Zu Beginn des Jahres dachte Hilbert wahrscheinlich, er habe ein großes Streitthema abgeräumt. Nachdem das Jahr 2022 bereits vom Dresdner Bürgermeisterstreit geprägt war und die Spitzenposten im Rathaus auch nach vier Wahlen nicht besetzt werden konnten, gab es einen Schlichterspruch, wie das Dresdner Rathaus umgebaut werden soll.

Dem folgte eine Mehrheit im Rat im Januar. Hilbert bekam die von ihm angestrebte Reduzierung der Bürgermeisterposten. Allerdings konnten zunächst nur drei von vier vakanten Posten besetzt werden und der Streit im Rat ging weiter.

Von der Vereinbarung, die Hilbert unbedingt von den Fraktionen unterschrieben haben wollte, um für ihn wichtige Dinge durchzusetzen, ist mittlerweile keine Rede mehr. Im Rat ist das breite Bündnis aus Grünen, CDU, Linke, SPD und FDP zerrissen. Es galt als demokratisches Bollwerk gegen die rechtsextreme AfD.

Die Gräben zwischen OB und Rat haben sich sogar vertieft, Mehrheiten zu finden ist seitdem immer schwieriger. Zudem hat sich Hilbert durch die Ausbootung der SPD einen weiteren Gegner geschaffen, der ihn vehement bekämpft.

Stattdessen begann ein Stellvertreterkrieg um Hilberts Direktor. Der OB machte seinen Vertrauten und bisherigen Pressesprecher der Stadt, Kai Schulz, zum leitenden Direktor des neuen Direktoriums. Das schuf sich Hilbert, weil er mit dem Bereich Finanzen noch mehr Macht in seine Zuständigkeit gezogen hat. Nach mehreren Schleifen und öffentlicher Kritik am neuen Spitzenposten, bekam Hilbert eine Mehrheit zwar zustande, aber auch hier wurde öffentlich, dass der Rat ihm nicht bedingungslos folgt.

Getrennt, neu verliebt und ein Treppensturz

Seit Mai ist zusätzlich Hilbert Privatleben in die Öffentlichkeit gerückt worden - von seiner Noch-Ehefrau. Su Yeon Hilbert machte in sozialer Medien öffentlich, dass Dirk Hilbert sich von ihr getrennt hat und es offenbar eine neue Frau an dessen Seite gibt. Hilbert bestätigte dies kurze Zeit später, ebenfalls via Internet. "Ich freue mich auf das Neue", ließ er wissen und bat zugleich, seine Privatsphäre und die seiner Familie zu respektieren. Im Juni brachte er das Thema erneut in die Öffentlichkeit, zum CSD-Auftakt verpackte er es in einer Rede, die viele Teilnehmende als "peinlich" empfanden.

Im September kam es dann zu einem verhängnisvollen Zusammentreffen der getrennten Eheleute Hilbert. Dirk Hilbert war in dem ehemals gemeinsamen Haus in Klotzsche, in dem seine Frau und der gemeinsame Sohn weiterhin leben. Es kam zum Streit, Su Yeon stürzte, wurde verletzt, musste von einem Notarzt behandelt werden und erstattete Anzeige wegen Körperverletzung, weil Dirk Hilbert sie gestoßen haben soll.

Es folgte ein wochenlanges Hickhack um den Treppensturz im Hause Hilbert. Die Staatsanwaltschaft Dresden stellte fest, dass Dirk Hilbert offenbar nicht unschuldig an dem Sturz war, die Ermittlungen aber schwierig seien. Um den Aufwand und den öffentlichen Schaden für den OB möglichst gering zu halten, wurde Hilbert angeboten, das Verfahren gegen eine Geldauflage von rund 5.000 Euro einzustellen.

Hilbert entschied sich nach längerer Bedenkzeit, das Angebot anzunehmen. "Meine Zustimmung zur Einstellung des Verfahrens stellt in keiner Weise eine Anerkennung von Schuld dar", stellte der OB im Oktober klar. "Ich habe mir nichts vorzuwerfen." Er wolle seine Angehörigen und sein Privatleben schützen und verhindern, dass das Amt des Oberbürgermeisters Schaden nehme.

Partys im Rathaus: Filz-Vorwürfe und gereizte Reaktionen

Zeitlich noch vor dem privaten Tiefpunkt geriet Hilberts 18er-Party im Rathaus ins Kreuzfeuer der Kritik. Zunächst ging es um die Kosten von rund 190.000 Euro - und das in Zeiten einer Haushaltssperre in Dresden. Hilbert saß auch diese Kritik aus, bezeichnete die Summe als "gut angelegt".

Doch im November kochte dann eine Diskussion um die Vergabe für diese Partys in den Vorjahren hoch. Das Problem. Ein Freund von Hilbert war Veranstalter. Es geht um Frank Schröder, der eine Veranstaltungsagentur führt und Manager von Hilbert im OB-Wahlkampf war. Insgesamt geht es um drei Partys und ein Auftragsvolumen von gut 415.780 Euro.

Es gibt Filz-Vorwürfe gegen OB Hilbert, unter anderem von Linke-Fraktionschef André Schollbach, weil die Aufträge ohne Ausschreibung vergeben wurden. Das Dresdner Rathaus reagierte gereizt, mit Gegenvorwürfen und Medienkritik. Auch Hilbert zeigte sich im Interview mit Sächsische.de gereizt, sprach von "durchschaubaren und plumpen öffentlichen Angriffen oft unterhalb der Gürtellinie". Der OB stellte sich als Opfer einer Kampagne gegen ihn dar.

Grüne und Linke haben beantragt, dass das Rechnungsprüfungsamt sich die Party-Abrechnungen genauer anschauen solle, um jeden Zweifel auszuschließen, dass jemand dabei begünstigt wurde. Darüber soll der Stadtrat Anfang 2024 abstimmen.