Dresden
Merken

Diese Dresdner haben 2023 Schlagzeilen gemacht

Wer hat sich aus scheinbar ausweglosen Lagen herausgekämpft? Wer hat Großes für Dresden geleistet? Wer hat die Wut anderer auf sich gezogen? Neun Menschen, die 2023 Schlagzeilen gemacht haben.

Von Julia Vollmer & Nadja Laske & Sandro Pohl-Rahrisch & Juliane Just & Dirk Hein & Connor Endt
 8 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Neun Menschen, neun Schlagzeilen: Diese Dresdner haben die Stadt 2023 bewegt.
Neun Menschen, neun Schlagzeilen: Diese Dresdner haben die Stadt 2023 bewegt. © Ellger, Meinig, Juppe, Doering, Invision, PR

Dresden. 365 Tage liegen hinter Dresden - ein Jahr, das Schicksalsschläge mit sich brachte, aber auch Erfolge und viele Geschichten, die zeigen, dass nicht jede Situation so ausweglos ist, wie sie erscheinen mag. Diese neun Menschen haben Dresden 2023 bewegt.

Umzug wider Willen: Ex-Wirte der "Lindenschänke" eröffnen den "Trobischhof"

Obwohl das Aus der "Lindenschänke" in Altmickten für das Ehepaar Engert ein Schock war, starteten sie wenige Monate später im "Trobischhof" in Alttrachau von vorn und haben es bis heute nicht bereut.
Obwohl das Aus der "Lindenschänke" in Altmickten für das Ehepaar Engert ein Schock war, starteten sie wenige Monate später im "Trobischhof" in Alttrachau von vorn und haben es bis heute nicht bereut. © Sven Ellger (Archivfoto)

Das Jahr 2022 endete für das Gastronomen-Paar Andrea und Uwe Engert mit einem Schock. Zwölf Jahre lang waren sie Betreiber der "Lindenschänke" in Altmickten, doch dann wurde der Mietvertrag vom Eigentümer nicht verlängert. Das war nicht nur für die Gastronomen ein Schock, auch Gäste zeigten Bestürzung und Empörung.

Doch es gab keinen Weg zurück. Anfang 2023 übergaben Andrea und Uwe Engert die Räumlichkeiten. An dem emotionalen Nachmittag sagten sie, dass die "Lindenschänke" ihr großes Glück gewesen sei. Wie es weitergehen sollte, wussten sie zu dem Zeitpunkt nicht. Nur wenige Wochen später kam die überraschende Nachricht: Die Gastronomen ziehen in den "Trobischhof" in Alttrachau, der zuvor drei Jahre leer stand.

Seit April können Gäste in dem Traditionshaus, das gerade einmal zwei Kilometer von ihrer alten Wirkungsstätte entfernt liegt, speisen. Die beiden haben es bis heute nicht bereut. "Ich hätte nie gedacht, dass es so läuft, wie es jetzt ist", sagt ein gut gelaunter Uwe Engert am Telefon. Fast jeden Abend sei das Restaurant ausgebucht, die Stammgäste sind "mitgezogen" und kommen gern. "Das war eine richtige Chance. Mir geht es jetzt viel besser als vorher."

Grammy-Award für einen Dresdner: Purple Disco Machine holt höchsten internationalen Musikpreis

Der Dresdner DJ Purple Disco Machine erhält im Februar 2023 in Los Angeles einen Grammy-Award.
Der Dresdner DJ Purple Disco Machine erhält im Februar 2023 in Los Angeles einen Grammy-Award. © Invision

"Ich wollte nie mein Gesicht überall zeigen", sagte der Dresdner DJ Tino Piontek einmal im Gespräch mit Sächsische.de. Inzwischen ist nicht nur seine Musik weltweit bekannt, sondern auch sein Gesicht. Piontek alias Purple Disco Machine hat im Februar den höchsten internationalen Musikpreis "Grammy" gewonnen - für seinen Remix des Liedes "About Damn Time" der Sängerin Lizzo. In Deutschland bekannter ist der 43-Jährige für Charthits wie "Hypnotized", "Dopamine", "In the Dark" oder "Substitution".

Im Mai darf sich der Künstler ins Goldene Buch der Stadt eintragen. "An meine Heimat", Ausrufezeichen, scheibt er. Außerdem Krakel, die aussehen, als habe er den Stift ausprobiert, und schlussendlich sein Name: "Tino". Dresden ist er trotz internationaler Karriere treu geblieben. "Dresden ist mein Ruhepol, ich liebe es, hier zu sein und beides zu haben: Großstadt und hohe Lebensqualität."

Am 17. August 2024 wird Purple Disco Machine bei den Filmnächten am Elbufer auftreten. Tickets für die Show können bei der Konzertagentur Eventim gekauft werden oder an bekannten Vorverkaufsstellen.

Dresdens Vergangenheit wird versteigert: Peter Simmel schließt das DDR-Museum

Peter Simmel trennt sich von 75.000 Exponaten - und schließt das DDR-Museum.
Peter Simmel trennt sich von 75.000 Exponaten - und schließt das DDR-Museum. © Rene Meinig (Archiv)

Es war eine Nachricht, die Dresden im April des Jahres erreicht: Die Schau "Welt der DDR" wird geschlossen, Betreiber Peter Simmel trennt sich von 75.000 Exponaten. Dabei hatte der gebürtige Münchener und Betreiber von mehreren Edeka-Märkten in Bayern, Thüringen und Sachsen, die DDR-Schau 2017 vor dem Aus bewahrt und holte sie von Radebeul nach Dresden.

Im Mai wurde bekannt, dass die Ausstellungsstücke versteigert werden sollen. Die ersten Trabis wurden aus dem Gebäude gehoben und der bekannte Auktionator Stefan Günther wühlte sich mit seinen Mitarbeitern durch die Exponate. Viele Dresdner bedauerten das Aus der Schau; einige warfen Simmel vor, die DDR-Vergangenheit zu verscherbeln. Bei der Auktion im Juli, die mehrere Stunden ging, war der Andrang riesig. Insgesamt kamen 174.000 Euro zusammen.

Die Aufgabe des Museums war für Peter Simmel nicht leicht. "Persönlich finde ich es sehr schade, da es ein Stück deutsche Geschichte beschrieben hat", sagt er rückblickend. Doch wenn das Interesse der Menschen fehlte, mache es keinen Sinn, daran festzuhalten. "Der Plan war, die DDR-Geschichte zu erhalten. Aber wenn ein Ende beschlossen ist, macht ein schnelles Ende immer Sinn", urteilt er heute.

Die Furcht vor dem Ende am Elbufer: Filmnächte-Macher zwischen Hoffen und Bangen

Will ein Ende der Filmnächte im "Ausschreibungsstrudel" verhindern: Philip Hartmanis.
Will ein Ende der Filmnächte im "Ausschreibungsstrudel" verhindern: Philip Hartmanis. © Agentur Sender und Empfänger

Ende 2025 sollten die Verträge für die Filmnächte am Elbufer in Dresden auslaufen. Für die Zeit ab 2026 hätten sich dann europaweit auch andere Veranstalter um den lukrativen Platz in bester Citylage bewerben dürfen. Doch damit war das Konzept der bisherigen Filmnächte in Gefahr, auch die Kaisermania steht seither auf dem Prüfstand. Aus Sicht der Stadt ist diese Ausschreibung zwingend notwendig. Nach langem Schweigen widersprachen die Filmnächte-Macher öffentlich.

Seither wird neu verhandelt. Die Stadt will ein Jahr Bedenkzeit, die CDU per Ratsbeschluss gleich ganz auf eine Ausschreibung verzichten. "Die Sorge um den Fortbestand unserer geliebten Filmnächte am Elbufer haben dieses Jahr geprägt", sagt Geschäftsführer Philip Hartmanis im Rückblick auf das vergangene Jahr. Alle 2023 getätigten Schritte habe man mit dem Ziel unternommen, "Schaden von dem Event abzuwenden und ein Ende der Filmnächte im Ausschreibungsstrudel zu verhindern".

Unfreiwilliger Umzug: Nico Thierbach kämpft um seinen Dresdner Hüttenzauber

Nico Thierbach ist mit dem Hüttenzauber vom Postplatz vor das Haus der Presse umgezogen.
Nico Thierbach ist mit dem Hüttenzauber vom Postplatz vor das Haus der Presse umgezogen. © Christian Juppe

Gegen seinen Willen ist Nico Thierbach in Dresden bekannt geworden. "Ich werde öfter angesprochen als noch vor Jahren", sagt Thierbach. Egal ob im Bekanntenkreis, als Papa in der Kita oder vor Ort auf seinem Hüttenzauber-Weihnachtsmarkt, der dieses Jahr vor dem Haus der Presse stattfindet: "Sobald zum Beispiel durch das Logo auf meinem Auto der Bezug zum Hüttenzauber klar ist, werde ich auch erkannt". Der Zuspruch der Dresdner sei komplett positiv.

Schon 2022 wollte die Stadt seinen Hüttenzauber vom Postplatz verbannen. Damals konnte sich die Politik durchsetzen und eine Ausnahmeregelung durchsetzen. Dieses Jahr unterlag Thierbach mit seinem Konzept gegen das finnische Hüttendorf, welches nun auf dem Platz stattfindet - von den Dresdnern aber zurückhaltend angenommen wird. "Es tut schon weh, der Platz wird aus meiner Sicht momentan nicht gut genutzt", so Thierbach mit Blick auf das neue Postplatz-Konzept.

Wirklich geschadet hat der Umzug dem Markt nicht. "Der neue Standort wurde gut angenommen, allerdings fehlt uns ein Drittel an Fläche." Vor allem an den Wochenenden habe das zu häufigeren Einlass-Stopps geführt, als noch im vergangenen Jahr auf den Postplatz. Thierbach will auch im Winter 2024 wieder ans Haus der Presse kommen, an den Verträgen dazu würde bereits verhandelt.

Zurück zu den Wurzeln: Paul-Noah Brunn stellt die "kleine BRN" auf die Beine

Mini-BRN-Organisator Paul-Noah Brunn im Juni auf dem Martin-Luther-Platz beim "Bunten Sommer Neustadt".
Mini-BRN-Organisator Paul-Noah Brunn im Juni auf dem Martin-Luther-Platz beim "Bunten Sommer Neustadt". © René Meinig

Es wird keine große Bunte Republik Neustadt (BRN) geben. Diese Nachricht wird Anfang 2023 verkündet und sorgt für Bestürzung in der Neustadt. Doch anstatt zu trauern, initiieren Anwohnerinnen und Anwohner kurzerhand den "Bunten Sommer Neustadt". Eine Mini-BRN. Die Verantwortung für das Fest rund um den Martin-Luther-Platz übernimmt Paul-Noah Brunn. Er ist beruflich im Online-Marketing unterwegs. Aber er hat durchaus BRN-Erfahrung: "Zum ersten Mal habe ich einem Freund 2017 bei einer BRN-Veranstaltung geholfen, da habe ich meine Liebe zur Bunten Republik Neustadt entdeckt."

Die erste Mini-BRN im Juni wird ein voller Erfolg. An den Straßenrändern werden selbst gebackener Kuchen, Gemälde und Second-Hand-Klamotten verkauft. Eine Couch wird hinaus auf den Gehweg gehievt. Wer will, darf sich drauflümmeln und Playstation zocken. Vor der Bühne am Brunnen wechseln sich Reggae und Hard Rock ab, davor wird getanzt. Das Wasserspiel zieht die Kinder an. Zurück zu den BRN-Wurzeln, könnte man sagen. Ob es eine Neuauflage geben wird, ist noch unklar.

Umweltprotest mit Folgen: Klimakleber Christian Bläul verurteilt

Christian Bläul und eine Mitstreiterin wurden wegen Straßenblockaden in Dresden und Berlin verurteilt.
Christian Bläul und eine Mitstreiterin wurden wegen Straßenblockaden in Dresden und Berlin verurteilt. © Marion Doering

Seit ihrer Gründung vor zwei Jahren sorgen die Klimakleber der "Letzten Generation" bundesweit für Schlagzeilen. In Dresden ist der Demonstrant Christian Bläul so etwas wie das Gesicht der Bewegung.

Für ihr Anliegen nehmen die Demonstranten auch Verurteilungen in Kauf. Vom Berliner Amtsgericht wurde Christian Bläul im November zu einer Bewährungsstrafe von sieben Monaten Haft verurteilt, weil er an vier Blockaden in der Hauptstadt teilgenommen hatte. Seine Mitstreiterin Pia Osman wird vor dem Dresdner Amtsgericht zu einer Geldstrafe von insgesamt 1.200 Euro verurteilt, weil sie sich auf eine Kreuzung geklebt hatte – es war der erste Prozess gegen ein Mitglied der "Letzten Generation" in Dresden.

"Um Aufmerksamkeit für die Klimakatastrophe zu schaffen, bin ich bereit, ins Gefängnis zu gehen", erklärte Bläul bei seinem Prozess im November. Für Anfang Januar 2024 hat die Protestgruppe bereits einen Protestmarsch durch die Landeshauptstadt angekündigt. Weitere Blockaden werden folgen.

Drei Überfälle in einem Monat: Wolle Förster und der Spielotheken-Räuber

Wolfgang "Wolle" Försters Spielotheken wurden im Oktober drei Mal das Ziel von Überfällen.
Wolfgang "Wolle" Försters Spielotheken wurden im Oktober drei Mal das Ziel von Überfällen. © René Meinig

Der Oktober hatte es für Nachtclubbetreiber Wolfgang "Wolle" Förster in sich. Gleich zwei seiner Spielotheken sind innerhalb weniger Tage insgesamt drei Mal überfallen worden. Beim ersten Mal erbeutete der Räuber mit einem Messer in der Hand eine dreistellige Bargeldsumme, beim zweiten Überfall ebenfalls.

Die dritte Tat allerdings wurde von Gästen der Spielothek "Top-Eck" in der Johannstadt vereitelt. Einer warf eine Tasse nach dem Verdächtigen, der daraufhin die Flucht ergriff. Mit Auto und Motorrad verfolgten sie den mutmaßlichen Täter. Schließlich konnte die Polizei den jungen Mann stellen. Wolle zeigte sich im Anschluss erleichtert, dass die Überfallserie ein Ende hat.