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Der Mann, der das Kaffeetrinken neu erfindet

Sächsische.de stellt Erfindungen von hier vor, die unser Leben verbessern. Teil 7: KaHaWa - bringt den perfekten Kaffee für jeden aus dem Automaten.

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Über Kinderschnitzel aus Brokkolimasse kam Jan Lukas Braje zum Foodprinting. Seine Passion ist der individualisierte Genuss und der kommt zuerst aus der Kaffeetasse.
Über Kinderschnitzel aus Brokkolimasse kam Jan Lukas Braje zum Foodprinting. Seine Passion ist der individualisierte Genuss und der kommt zuerst aus der Kaffeetasse. © Ronald Bonß

Von Ines Mallek-Klein

Eine Kaffeetasse steht immer da. Mal ist sie rot, mal leuchtend grün und manchmal weiß. „Ich lebe in einer WG. Bei uns gibt es kein personengebundenes Geschirr“, sagt Jan Lukas Braje. Dabei kann sich der 26-Jährige durchaus für personalisierte Dinge begeistern. Schließlich haben er und sein Co-Founder Adrian Ziegler die Idee zu einer App gehabt, die den Getränkeautomaten den eigenen Lieblingskaffee in gleichbleibender, verlässlicher Qualität entlockt. Normalerweise jedoch hat Lukas Braje im Job nicht viel mit Kaffee zu tun. An vier Tagen in der Woche arbeitet er als Berater in der Softwarebranche.

Keine wässrige Plörre mehr in der Mensa, keine schlappe Milchschaumsoße beim Lieblingsbäcker. So lautete der Plan des Start-ups. Er sei weniger aus der persönlichen Leidenschaft für Kaffee heraus entstanden, sondern eher aus Pragmatismus, erklärt Braje. Seinen Pragmatismus hat er aus Niedersachsen nach Dresden mitgebracht, wo er seit einigen Jahren lebt. An der Technischen Universität hat er schließlich Elektrotechnik studiert.

Die Ausbildung führte ihn vor einigen Jahren an die New Yorker Columbia University. Dort kam Braje mit dem Foodprinting in Berührung: Es ist eine noch junge Technologie, die Lebensmittelveredlung mit IT und Ingenieurskunst vereint. Da wird Brokkolimasse im 3-D-Druck zu Dino-Schnitzeln auf Kindertellern zum Lieblingsessen. Auch im Medizinbereich findet das „Drucken von Lebensmitteln“ seine Anwendung. Wenn beispielsweise püriertes Essen für Patienten mit Schluckbeschwerden nicht mehr als beige Masse auf den Teller kommt, sondern in Form eines Hühnchens serviert werden kann. Studien belegen, die Patienten essen dann mit größerem Appetit und nehmen mehr Kalorien auf.

Die App von Jan Lukas Braje sorgt dafür, dass jeder seinen persönlichen Lieblingskaffee bekommt, egal wo man gerade ist. Mit der Software von KaHaWa kann der persönliche Lieblingskaffee konfiguriert werden und an jedem Kaffeeautomaten im KaHaWa-Universum
Die App von Jan Lukas Braje sorgt dafür, dass jeder seinen persönlichen Lieblingskaffee bekommt, egal wo man gerade ist. Mit der Software von KaHaWa kann der persönliche Lieblingskaffee konfiguriert werden und an jedem Kaffeeautomaten im KaHaWa-Universum © Ronald Bonß

Die Idee im Gepäck, Lebensmittel noch besser, noch individueller zu machen, kam Jan Lukas Braje zurück nach Deutschland. In seinem Co-Founder Adrian Ziegler fand er den perfekten Partner. Er hatte einige Monate in Tansania gelebt und auf dem afrikanischen Kontinent ein ganz besonderes Verhältnis zum Kaffee entwickelt. Gemeinsam entscheiden die beiden Gründer, der Kaffee soll ihr personalisiertes Lebensmittel sein. Immerhin, der Markt scheint entsprechend groß. Nach Angaben von Statista, einem Online-Portal für Statistik, trinkt jeder Deutsche 162 Liter pro Jahr, was zwei Tassen pro Tag entspricht. Die Zubereitungsvarianten variieren, je nach Region und Alter der Kaffeetrinker. In den ostdeutschen Bundesländern fließt der Kaffee meist aus der Filterkaffeemaschine in die Kanne. In Süddeutschland sind dagegen Vollautomaten Standard, die die ganze Bohne vor dem Brühen frisch mahlen.

An diesem, ganz individuell gebrühten Kaffeegenuss will das Dresdner Start-up nicht rütteln. „Unser Fokus liegt vielmehr auf den großen Selbstbedienungsautomaten, die in Hotels, an Flughäfen oder in Mensen zu finden sind“, sagt Jan Lukas Braje. Sie überraschen die Nutzer mit teils ungewöhnlichen Geschmackserlebnissen. Braje und Ziegler sind angetreten, den Kaffee zu einem individuellen und trotzdem genormten Produkt zu machen. Möglich macht das eine eigens entwickelte App.

Dort werden die Rezepturen des Lieblingskaffees hinterlegt. Am Automaten selbst erkennt ein separates Lesegerät die App und die mit ihr ausgewählte Rezeptur. Entsprechend wird die Menge der Bohnen bestimmt, die nötig ist, um das gewünschte Geschmackserlebnis zu erzielen. Auch die Menge des Milchschaums oder bestimmter Aromen, wie Karamell, könnten individuell gewählt werden. Am Ende landet der fast perfekte Kaffee in der Tasse. Warum nur fast perfekt? „Nun, Kaffeebohnen sind ein Naturprodukt, das klimatischen Schwankungen unterliegt“, erklärt der Jungunternehmer.

Er ist dennoch davon überzeugt, dass sich die App bei den Automatenbauern durchsetzen wird. „Wir führen bereits erste Gespräche, unter anderem mit einem Automatenbauer aus Mailand“, erzählt Braje. Denn die Geschäftsidee birgt noch eine zweite Innovation. Die App lässt sich mit einer Bezahlmöglichkeit koppeln, so dass die Konsumenten nicht mehr mühsam nach Münzen kramen müssen. Der Bestell- und Bezahlvorgang läuft so äußerst effizient ab. Diese Funktion löste bei den Automatenherstellern Begeisterung aus. Als Jan Lukas Braje 2019 die Messe Inter-Gastra in Stuttgart mit einem Prototyp besuchte, gab es sofort fünf Bestellungen für die Kaffeeautomaten 2.0.

Doch dann kam Corona. Alle angebahnten Geschäfte wurden wieder storniert und die Verhandlungen mit Kunden verlagerten sich, bedingt durch den Lockdown, ins Internet. Derzeit gibt es nur einen einzigen Automaten und der steht in einem Coworking-Space in der Dresdner Innenstadt. „Das Virus hat uns echt ausgebremst“, sagt Jan Lukas Braje. Er ist froh, über ein sicheres Einkommen als Softwareberater zu verfügen. Bisher haben er und sein Co-Gründer nur investiert. „Ein größerer fünfstelliger Betrag ist über die Jahre schon zusammengekommen“ sagt der Gründer. Besonders kostenintensiv sei die Anmeldung des Patents gewesen, erinnert er sich. Für die Namensfindung des Unternehmens musste das junge Team übrigens keine anwaltliche Hilfe bemühen. KaHaWa ist Swahili und bedeutet übersetzt Kaffee.

Jan Lukas Braje ist optimistisch, dass die Geschäfte, die 2020 nicht zustande kamen, in diesem Jahr nachgeholt werden. Für diesen Fall sucht er auch jetzt schon einmal personelle Verstärkung, vor allem im kaufmännischen Bereich. Was die Zukunft von KaHaWa angeht, denkt er in kleineren Schritten, denn von Fördermittelgebern und staatlichen Subventionen möchte er sich nicht abhängig machen. „Wir haben viele Programme studiert und uns dann entschieden, die für die Beantragung nötige Zeit lieber in die Entwicklung unserer App zu investieren“, sagt Braje. Er weiß, es gibt andere Automatenbauer, die an einer ähnlichen Idee arbeiten. Aber er ist überzeugt: „Wir sind besser“.

Das Erfinder-Projekt „Genial Sächsisch“ findet gemeinsam mit den drei Gründerschmieden Dresden Exists, Saxeed (Chemnitz) und Smile (Leipzig) statt.

Acatech, die Deutsche Akademie der Technikwissenschaften, hat die Serie von 2019 mit dem wichtigsten Preis für Technikjournalismus ausgezeichnet.

Hier noch einmal alle Erfindungen im Überblick:

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