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Ein Jahr Corona: So prägte das Virus Meißen

Vor einem Jahr gab es die erste Infektion im Landkreis. Ein Rückblick zur Pandemielage.

Von Martin Skurt
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Im März 2020 gab es den ersten Corona-Infizierten im Landkreis. Was ist seitdem passiert?
Im März 2020 gab es den ersten Corona-Infizierten im Landkreis. Was ist seitdem passiert? © SZ

Meißen. Im vergangenen Jahr sind so viele Menschen gestorben wie sonst nie. Allein in den Monaten November und Dezember waren es fast 1.100. Fast ein Drittel davon nachweislich mit Corona. Davor gab es einen nahezu unbeschwerten Sommer im Landkreis Meißen. Mit wenigen Corona-Infektionen und keinen Corona-Toten von Mitte Juni bis Mitte Oktober. Trotzdem lag die Übersterblichkeit im Landkreis 2020 bei 23 Prozent. Ausgangspunkt der Pandemie war die Gemeinde Käbschütztal und die Stadt Radeburg: Dort ereigneten sich laut Landratsamt am 10. März 2020 die ersten beiden Corona-Infektionen.

Elblandkliniken und Gesundheitsamt waren frühzeitig vorbereitet

Dabei hatte der Landkreis die erste Welle gut überstanden. Einer der Gründe war vermutlich, dass sich die Elblandkliniken und das Gesundheitsamt seit Januar 2020 eng abstimmten. Um auf eine mögliche Pandemie vorbereitet zu sein. Die Elblandkliniken investierten zum Beispiel in ein Diagnostik-Gerät, das in drei bis vier Stunden Corona-Abstriche analysieren kann. Darüber hinaus errichtete das Elblandklinikum Meißen zeitig eine eigene Corona-Ambulanz mit Testzelt. Sie wurde in wenigen Tagen mit Hilfe von DRK und THW realisiert. Erst Ende Juli wurde sie endgültig abgebaut, als die Infektionszahlen längere Zeit nicht maßgeblich stiegen.

Das Corona-Testzelt am Elblandklinikum Meißen vom März 2020.
Das Corona-Testzelt am Elblandklinikum Meißen vom März 2020. © Claudia Hübschmann

Zudem hatte sich das Meißner Klinikum an die Pandemielage angepasst und seinen alltäglichen Betrieb auf andere Kliniken im Kreis verschoben. Neben Corona-Patienten versorgte das Krankenhauspersonal nur noch Geburten sowie Schlaganfallpatienten. Am Anfang konnten in der Klinik 60 Tests am Tag durchgeführt werden. Bis Ende des Jahres 2020 waren es etwa 500 täglich. Das liegt unter anderem daran, dass viele externe Helfer im Elblandklinikum aushalfen, wie Medizinstudenten oder Bundeswehrsoldaten. Auch das Gesundheitsamt stockte auf: von 50 Mitarbeitern auf etwa 370 im Januar dieses Jahres.

Der personelle Zuwachs wurde vor allem für die Kontaktverfolgung eingesetzt. Denn die zweite Corona-Welle drohte, die Bemühungen des Landkreises zu zerschlagen. Bis Ende Dezember stiegen die Corona-Fälle dramatisch an. Am 30. Dezember verzeichnete der Landkreis Meißen die höchste Zahl an Neuinfektionen: 373 Menschen. Am 1. Januar stieg die Sieben-Tage-Inzidenz des RKI auf 613,9 – der bislang höchste errechnete Wert des Bundesinstituts für den Landkreis. Nur das Meißner Gesundheitsamt nannte einen noch höheren - und zwar am 30.12.2020: 660,3 Neuinfektionen in den vergangenen sieben Tagen je 100.000 Einwohner.

Es gibt keine Erklärung für die hohen Infektionszahlen im Landkreis Meißen

Bis heute weiß aber keiner wirklich, wie diese hohen Zahlen zustande kamen. Eine mögliche Erklärung: Landrat Ralf Hänsel ging im Sächsische.de-Interview davon aus, dass die hohe Inzidenz aus den vielen Testungen im Landkreis resultierte. Das Infektionsgeschehen in Meißen war diffus, es gab keinen nennenswerten Corona-Hotspot. Etwa mit Schülern überfüllte Busse im Oktober und November standen kurz im Verdacht, die Zahlen nach oben zu treiben, doch dieser bestätigte sich nicht.

Eine Momentaufnahme Mitte Januar 2021: Die Särge stapeln sich im Krematorium Meißen. Weil es so viele sind, musste seit Dezember auch die Feierhalle für die Angehörigen benutzt werden.
Eine Momentaufnahme Mitte Januar 2021: Die Särge stapeln sich im Krematorium Meißen. Weil es so viele sind, musste seit Dezember auch die Feierhalle für die Angehörigen benutzt werden. © Claudia Hübschmann

Vielleicht kam der starke Anstieg auch dadurch zustande, dass es an einem breiten öffentlichen Interesse für die Corona-Lage in Meißen fehlte? Zumindest bemängelte dies Martin Wolz. Für den Ärztlichen Direktor des Elblandklinikums kam der zweite harte Lockdown deshalb aus medizinischer Sicht zu spät. Das teilte er am Rande eines Besuches des Ministerpräsidenten Michael Kretschmer (CDU) mit. Dieser kam schon das zweite Mal ins Elblandklinikum, um mit den Mitarbeitern zu sprechen, die seit Wochen an der Belastungsgrenze arbeiteten. Der erste Corona-Todesfall seit Juni wurde am 12. Oktober datiert. Es war der 21. im Landkreis seit Ausbruch der Pandemie. Mit ihm erfasste Meißen im Herbst die zweite Corona-Welle.

Anfang Dezember sprach Krematoriumschef Jörg Schaldach noch von keiner Übersterblichkeit. Doch am Ende des Monats änderte sich das. Das Meißner Krematorium erreichte die Kapazitätsgrenze. Die Särge stapelten sich in den Lagerräumen und in der Feierhalle mannshoch. Etwa auf jedem zweiten Sarg stand Corona geschrieben. Dieses Bild prägte ganz Sachsen auch im Januar. Der Abschied von geliebten Menschen war aufgrund der Pandemie schwieriger als sonst. Um das Leid der Angehörigen nicht zu vergessen, gibt es mittlerweile in der Meißner Urbanskirche einen Erinnerungsort für Verstorbene in der Corona-Pandemie.

Impfungen bringen die Pandemie nicht unter Kontrolle

Das Impfzentrum in Riesa wurde am 11. Januar eröffnet. Sozialministerinministerin Petra Köpping (SPD) war zu Besuch.
Das Impfzentrum in Riesa wurde am 11. Januar eröffnet. Sozialministerinministerin Petra Köpping (SPD) war zu Besuch. ©  Klaus-Dieter Brühl

Zudem geben Impfungen einigen Menschen Anlass zur Hoffnung. Bisher erhielten etwa 16.000 Bewohner Landkreises Meißen ihre Erstimpfung, fast 6.000 ihre Zweitimpfung (Stand: 8. März 2021). Impfungen helfen nicht allen im Kampf gegen die Pandemie, wie ein Fall im Gröditzer Altenheim zeigt. Dieses war kreisweit das erste, in dem die Bewohner im Januar geimpft worden sind. Trotzdem ereignete sich dort ein Corona-Ausbruch. Auch mobile Impfteams sind im Landkreis unterwegs, Mitte Januar startete dann zudem das Riesaer Impfzentrum mit großer medialer Aufmerksamkeit. Auf eine zügige Impfung können jedoch nicht alle Menschen über 80 Jahre hoffen. Zum Beispiel Bewohner ambulant betreuter Wohngruppen wurden viele Wochen nicht berücksichtigt. Vereinzelt klappte es nun doch, wie im Meißner Katharinenhof.

Nach einem turbulenten Corona-Jahr schaffte es der Landkreis Meißen bis zum 14. Februar die Inzidenz auf 57,9 zu drücken. Nun steigt die Sieben-Tage-Inzidenz des RKI wieder. Sie beträgt 88,5 (Stand 9. März 2021). Für Meißen ist die Zahl im Vergleich zum Dezember und Januar dennoch weiterhin niedrig. Inwieweit sich die seit Montag bestehenden Lockerungen auf die Infektionszahlen auswirken, bleibt abzuwarten. Fakt ist: Das Virus bleibt der Gesellschaft erhalten. Der weitere politische Kurs ist hingegen noch ungewiss.

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