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Katastrophen, Kurioses und königliche Schätze - das war 2022 in Sachsen

An das Jahr 2022 werden wir uns in vielerlei Hinsicht erinnern. Was Sachsen in Atem hielt und in diesem Jahr wichtig war - ein Jahresrückblick.

Von Claudia Schade
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Feuer, Filigranes, Fossilienforscher: Das war 2022
Feuer, Filigranes, Fossilienforscher: Das war 2022 © dpa/SKD

2022 war in vielerlei Hinsicht ein beeindruckendes Jahr. Kaum dachten wir, Corona sei vorbei, überrollten uns Krieg, Energiekrise und Inflation. Aber auch andere Ereignisse berührten uns, regten auf oder waren schlicht kurios. Was Sachsen in Atem hielt und in diesem Jahr wichtig war - ein Rückblick.

Tausende Flüchtlinge aus der Ukraine in Sachsen

In Hannas Fall hat die Flucht aus der Ukraine ein glückliches Ende gefunden. Sie fand in Benjamin aus Radebeul die große Liebe.
In Hannas Fall hat die Flucht aus der Ukraine ein glückliches Ende gefunden. Sie fand in Benjamin aus Radebeul die große Liebe. ©  Thomas Kretschel

Der Kriegsbeginn in der Ukraine war schnell auch in Sachsen zu spüren. Tausende Flüchtlinge kamen hierher. Viele hofften, sie würden nur für kurze Zeit bleiben. Empfangen wurden sie mit offenen Armen und einer großen Hilfsbereitschaft. Für einige allerdings ist Sachsen bereits zur zweiten Heimat geworden. Sie starten hier einen Neubeginn, so wie zum Beispiel Yurii Hulkevych, der eine Bäckerei in Zgorzelec eröffnete.

Ein besonders schönes Happy End gab es für Hanna. Viele Ukrainer fanden in Sachsen ein neues Zuhause. Aber Hanna fand hier sogar die große Liebe und heiratete Benjamin aus Radebeul.

Endlich Eltern: Doreen und Sven glücklich mit Tochter Lena im Erzgebirge. Sie haben ihr Wunschkind aus der Ukraine nach Hause geholt.
Endlich Eltern: Doreen und Sven glücklich mit Tochter Lena im Erzgebirge. Sie haben ihr Wunschkind aus der Ukraine nach Hause geholt. © Bettina Wobst für 37 Grad/ZDF

Und dann erfährt man durch den Krieg in der Ukraine auch Dinge, die vorher viele nicht im Blick hatten: Dass die Ukraine ein Hauptlieferant von Getreide für arme Länder ist, zum Beispiel. Oder der größte Produzent von Sonnenblumenöl. Oder ein Land mit sehr vielen Leihmüttern. Diese hatten im Krieg nicht nur große Schwierigkeiten, ihre Kinder in einem geschützten Umfeld auf die Welt zu bringen. Die Übergabe der Babys von den Leihmüttern an die Eltern wurde schwer bis teils unmöglich. Doreen und Sven aus Neukirchen haben das mit allen Höhen und Tiefen durchgemacht.

Krieg bringt Inflation, Energiekrise und Geldsorgen

Elektriker Sebastian Erdmann tankt im März den Firmenwagen an der Shell-Tankstelle in der Hansastraße. Als er zum Zapfhahn greift, steigt der Spritpreis plötzlich um sieben Cent.
Elektriker Sebastian Erdmann tankt im März den Firmenwagen an der Shell-Tankstelle in der Hansastraße. Als er zum Zapfhahn greift, steigt der Spritpreis plötzlich um sieben Cent. ©  Christian Juppe

Kurz nach Kriegsbeginn steigt die Inflation rasant an. Im März sprang sie auf ungewohnte sieben Prozent. Im Oktober hat die Inflation in Sachsen dann sogar die Marke von zehn Prozent überschritten. Die Teuerung macht vielen zu schaffen. Sie ist laut einer Umfrage die größte Sorge der Deutschen. Viele befürchten, ihren Lebensstil dauerhaft einschränken zu müssen. Besonders schnell und drastisch wurde das an den gestiegenen Preisen im Supermarkt und an den Tankstellen deutlich. Da ist der von der Bundesregierung rasch eingeführte Tankrabatt nur eine kleine Erleichterung, zumal viele Autofahrer den Eindruck hatten, dass sich vor allem die Händler den Rabatt einsteckten.

Besonders die rasend schnell steigenden Heiz- und Stromkosten machen vielen Sachsen Sorgen. Auch der Staat versucht zu sparen, wo er kann, unterstützt sächsische Krankenhäuser mit Millionenhilfen und macht an öffentlichen Gebäuden das Licht aus. Für bundesweites Aufsehen sorgt die Wohnungsgenossenschaft in Dippoldiswalde, die ihren Mietern aus Sorge um eine Preisexplosion stundenweise das warme Wasser abdreht. Nach heftiger Gegenwehr und einem lautstarken Aufschrei stellte der Vermieter das Wasser wieder an.

In Dresden stürzt ein großer Baukran auf ein Haus

Nach dem Unglück lag der umgekippte Kran auf der Ferdinandstraße. Er musste nach und nach demontiert werden.
Nach dem Unglück lag der umgekippte Kran auf der Ferdinandstraße. Er musste nach und nach demontiert werden. © [M] Marion Doering/Sächsische.de

"Menschen haben laut geschrien, es fühlte sich an wie ein Erdbeben", beschreibt der 24-jährige Yiming Zhao den Unglücksmoment. Er wohnt im achten Stock eines Hauses an der St. Petersburger Straße, das in Dresden plötzlich alle Aufmerksamkeit auf sich zieht. An der Ferdinandstraße ist ein etwa 50 Meter hoher Kran umgestürzt und auf das Wohnhaus gefallen. Verletzt wurde niemand, die Ursache war zunächst unklar. Wir haben geschaut, wie es den Bewohnern heute geht.

Verheerende Waldbrände in der Sächsischen und Böhmischen Schweiz

Bis zur völligen Erschöpfung arbeiteten die Helfer beim Brand in der Sächsischen und Böhmischen Schweiz. Allein auf deutscher Seite waren bis zu 1.700 Kräfte im Einsatz. Sie wurden die Helden dieses Sommers.
Bis zur völligen Erschöpfung arbeiteten die Helfer beim Brand in der Sächsischen und Böhmischen Schweiz. Allein auf deutscher Seite waren bis zu 1.700 Kräfte im Einsatz. Sie wurden die Helden dieses Sommers. © Foto: Marko Förster

Als der erste Waldbrand in der Sächsischen Schweiz ausbrach, war die Sorge heftig, aber kurz. In der Nacht vom 18. Juli wurden die Feuerwehren an den Elbhang nach Rathen gerufen. Unterhalb der berühmten Basteibrücke brannte es auf 2.500 Quadratmetern. Schnell hatten die Feuerwehrmänner den Brand im Griff, am nächsten Tag zeigten sich die verkohlten Stellen.

Doch der Boden war nach den vorhergehenden Dürrejahren zu trocken, die Bäume ausgemergelt und wenig widerstandsfähig. Am 24. Juli 2022 stiegen Rauchschwaden aus der Böhmischen Schweiz in den Himmel. An diesem Sonntagmorgen entzündete sich ein Feuer am Prebischtor in Tschechien, das zu einer der verheerendsten Brandkatastrophen führen sollte, die die Region jemals erlebt hat. Der Brand war bis Dresden zu riechen.

Von Beginn an schauten deutsche Katastrophenhelfer mit Sorge ins Nachbarland. Zu nah liegen die Waldflächen beeinander. Und schon am Nachmittag des Folgetags hatten die Flammen am Großen Winterberg auf den Nationalpark Sächsische Schweiz übergegriffen.

Was folgte, waren immer schneller wachsende Flammenherde, Katastrophenalarm, bis zu 1.700 Helfer im Einsatz allein auf deutscher Seite und schließlich völlig erschöpfte Feuerwehrleute. Sie arbeiten bis zum Umfallen und sind die Helden dieses Sommers. Die Bilder des lichterloh brennenden Waldes in der imposanten Felsenwelt der Sächsischen Schweiz gehen um die ganze Welt. Am 19. August war das Feuer gelöscht. Zurück blieb ein riesiges verwüstetes Waldgebiet. Doch auch das gibt bereits wieder Grund zur Hoffnung. Nur wenige Wochen später entdeckten Ranger frisches neues Grün.

Die brennende Sächsische Schweiz war kaum einzudämmen. Hier schaut ein Helfer auf Rauch und Feuerstellen nahe des Friensteins.
Die brennende Sächsische Schweiz war kaum einzudämmen. Hier schaut ein Helfer auf Rauch und Feuerstellen nahe des Friensteins. © Foto: Mike Jäger

Demonstranten kleben sich an die Sixtinische Madonna

Im August haben sich in der Gemäldegalerie Alte Meister zwei Klima-Demonstranten mit Sekundenkleber vor Dresdens berühmtestes Gemälde geklebt.
Im August haben sich in der Gemäldegalerie Alte Meister zwei Klima-Demonstranten mit Sekundenkleber vor Dresdens berühmtestes Gemälde geklebt. © Leon Heyde

Weil andere, spätere Attacken auf Gemälde in Museen weitaus spektakulärer waren, ist diese erste in Dresden schon fast vergessen. Noch haben die Mitglieder der Letzten Generation keinen Kartoffelbrei oder Tomatensoße verwendet, wie später bei Monets "Getreideschober" in Potsdam und Van Goghs "Sonnenblumen" in London.

Im August klebten sich zwei Aktivisten der Letzten Generation im Museum "Alte Meister" an der berühmte Sixtinischen Madonna im Dresdner Zwinger fest. Das 1512 geschaffene Meisterwerk von Raffael ist eines der bekanntesten Gemälde der italienischen Renaissance. Die Aktion sorgte für weltweites Aufsehen. In Jahrhunderten zuvor wurden zwar immer mal wieder Attacken auf Gemälde oder andere Kunstwerke verübt. Diese politisch motivierte Tat bestürzte aber auch viele Menschen, die keine Kunstexperten sind. Sie verspürten Entsetzen und einen Angriff auf ihr kulturelles Erbe.

Im Video hielten die Demonstranten fest, wie sie sich Sekundenkleber an die Hände schmieren und dann am Rahmen des mehr als 500 Jahre alten Kunstwerks festklebten. Der Schaden belief sich auf etwa 12.000 Euro.


Das Ganze hat für die Aktivisten später im Jahr noch ein Nachspiel. Bei ihnen führte die Polizei im Dezember in sechs Bundesländern, darunter auch in Sachsen, Razzien durch. Die Staatsanwaltschaft ermittelt unter anderem wegen des Verdachts der Bildung einer kriminellen Vereinigung.

Doch zuvor kleben sich die Demonstranten auch immer wieder an Straßen fest. Auch in Dresden und Leipzig sind sie aktiv und verärgern immer wieder Autofahrer. Der Aktivist Christian Bläul zum Beispiel hat sich schon mehr als 25 Mal festgeklebt.

Alarmstufe Brot - Bäcker geraten in Not

Ralf Wagner liebt seinen Beruf. Trotzdem hat er sich entschlossen, seine Bäckerei aufzugeben.
Ralf Wagner liebt seinen Beruf. Trotzdem hat er sich entschlossen, seine Bäckerei aufzugeben. ©  Thomas Kretschel

Im Herbst nehmen die schlechten Nachrichten überhand. Viele kleine Betriebe müssen wegen der zu hohen Energiekosten schließen. Das betrifft vor allem auch die Bäckereien, die mit ihren Öfen einen hohen Energiebedarf haben. Die Innung schlägt Alarm, von Alarmstufe Brot ist die Rede. Sachsens Bäcker geraten in Existenznot. Und bekannte Traditionsbäckereien, wie die Bäckerei Grundmann in Dresden, die Bäckerei Wagner in Zeithain oder die Bäckerei Franke in Coswig geben auf.

Andere trotzen den Widrigkeiten, wie die Familie der Bäckerei Thomschke in Neustadt. Der Familienbetrieb funktioniert schon seit 120 Jahren und in der vierten Generation. Und das soll er auch weiterhin.

Wissenschaftler aus Leipzig bekommt Nobelpreis

Hat eine ganz besondere Beziehung zu unseren Vorfahren. Der schwedische Wissenschaftler Svante Pääbo, der in Leipzig forscht, hat für seine Erkenntnisse den Nobelpreis in Medizin erhalten
Hat eine ganz besondere Beziehung zu unseren Vorfahren. Der schwedische Wissenschaftler Svante Pääbo, der in Leipzig forscht, hat für seine Erkenntnisse den Nobelpreis in Medizin erhalten ©  dpa

Man muss schon ein bisschen verrückt sein, um sein ganzes Leben mit voller Inbrunst einem Thema zu widmen. Bei Svante Pääbo sind es die Neandertaler. Er war der erste Wissenschaftler, dem es gelungen ist, die DNA des Urzeitgenossen zu entschlüsseln. Dafür und für weitere bahnbrechenden Erkenntnisse, die unser Wissen über die Urzeitmenschen auf den Kopf stellen, hat er in diesem Jahr den Nobelpreis für Medizin verliehen bekommen.

Als seine Mitarbeiter am Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie von der anstehenden Auszeichnung erfuhren, schmissen sie ihn erst mal ganz ehrfurchtsvoll ins Wasser. Die unbändige Freude Pääbos über die Ehrung konnte das allerdings nicht abkühlen.

Weihnachtsmärkte öffnen nach Corona-Zwangspause wieder

So schön gestrahlt und geleuchtet hat der Striezelmarkt schon lange nicht mehr. Nach zwei Jahren Zwangspause durch Corona lechzen die Sachsen geradezu nach einem vorweihnachtlichen, traditionellen Alltag. Der kommt am 23. November in Form von der Eröffnung des weltberühmten Striezelmarkts daher. Kurz danach folgen die anderen Märkte in Dresden und Sachsen. Einen kleinen Dämpfer allerdings gab es wegen stark gestiegener Preise und eines Stollenfests ohne Riesenstollen. Dennoch waren Stadt und Händler zum Schluss sehr zufrieden. Und wer noch nicht genug von Glühwein, gebrannten Mandeln und Kräppelchen bekommen hat, der kann noch bis zum 6. Januar zu einem der anderen noch geöffneten Märkte gehen. Auch wenn dort wegen der Temperaturen der Glühwein zuweilen durch Bier ersetzt wird.

Pony galoppiert durch Klotzsche

So ein Pony hat ja keine Ahnung von Social Media. Und dass man dort innerhalb kürzester Zeit zum Star werden kann, wenn man etwas Ungewöhnliches tut, das wusste dieses Minipferd auch nicht. Was es tat, war ja auch nicht ungewöhnlich. Nur, wo es das tat, was es sonst auch tut, das hat für Lacher gesorgt.

Eingefangen hat das Pony Linus Schaller- allerdings nur im Bild. Und so wie er und sein Kumpel sich über das galoppierende Tier an der Karl-Marx-Allee in Klotzsche freuten, so taten es danach auch viele andere Zuschauer des Videos auf Instagram und Tiktok bei Sächsische.de.

Die Polizei hat den galoppierenden Video-Helden recht bald auch in Echt wieder eingefangen und unverletzt seinem Besitzer übergeben. Wie es dem Pony danach ging, ist leider nicht überliefert. Wir hoffen mal das Beste.


Razzien und eine Geiselnahme

Zum Jahresende wurde es noch mal kriminell. Bundesweite Razzien brachten die Machenschaften einer höchst irritierenden Vereinigung von Reichsbürgern ans Licht. Allein in Sachsen wurden mehr als 20 Gebäude durchsucht. Zwei der 25 Festgenommenen lebten in Olbernhau im Erzgebirge. Und auch wenn wir nun wissen, dass das Geschlecht derer von Reuß seine Söhne allesamt Heinrich nennt und höchst unkreativ einfach durchnummeriert, so bleibt doch der schale Beigeschmack, vor einer wild entschlossenen Horde von Staatsfeinden bewahrt geblieben zu sein. Denn ja: Auch Spinner können gefährlich werden.

Kaum hatte sich nach den Razzien bei den Reichsbürgern die Aufregung gelegt, hielt ein anderes Ereignis die Sachsen in Atem. An einem Adventswochenende versuchte ein 40-jähriger Dresdner mit einem Kind in seiner Gewalt die Redaktionsräume von Radio Dresden zu stürmen. Als das nicht gelang, fuhr er zur Altmarktgalerie und verschanzte sich dort mit einer weiteren Geisel in den Büroräumen einer Drogerie. Kurz darauf wurde bekannt, dass er zuvor seine Mutter in Prohlis getötet hatte. Nach wenigen Stunden konnte die Polizei das Drama beenden: Die Geiseln wurden körperlich unversehrt gerettet, der Täter erlag später seinen Schussverletzungen. Was ihn zu dieser ungeheuerlichen Tat bewogen hat, wird wohl zum großen Teil im Dunkeln bleiben.


Die glückliche Rückkehr des Sachsen-Schatzes

So leer wie hier nach dem Raub müssen die Vitrinen im Grünen Gewölbe bald nicht mehr aussehen. Ein Großteil des vor drei Jahren gestohlenen Schatzes ist zurück,
So leer wie hier nach dem Raub müssen die Vitrinen im Grünen Gewölbe bald nicht mehr aussehen. Ein Großteil des vor drei Jahren gestohlenen Schatzes ist zurück, ©  dpa/Oliver Killig

Die Museumschefin spricht von einem Weihnachtswunder. Und wenn auch einige Sachsen womöglich in der Beurteilung nicht ganz so weit gehen würden, so sind doch die meisten mehr als erleichtert, dass der gestohlene Schatz aus dem Historischen Grünen Gewölbe zu großen Teilen wieder aufgetaucht ist. Vor drei Jahren wurden die Preziosen in einem spektakulären Einbruch aus dem Dresdner Schloss gestohlen und legten aufs Peinlichste offen, wie wenig der Sachsen-Schatz von August dem Starken und seinen Nachkommen im Wert von mehr als 100 Millionen Euro geschützt war. Möglich gemacht hat das glückliche Ende ein Deal zwischen Staatsanwaltschaft und einem der Angeklagten.

Die zurückgekehrten Stücke werden nun von Fachleuten begutachtet.